Mit dem Ausstieg aus der Kernkraft stellt sich die Frage, welche Art von Kraftwerken die Versorgungssicherheit am besten gewährleisten kann, wenn erneuerbare Energien saison-, tageszeit- oder wetterbedingt nicht ausreichen, den Bedarf in Deutschland zu sichern. Zahlreiche große Energieversorger und Teile der Politik sehen die Lösung im Aus- und Neubau von Kohlekraftwerken. Aber besonders Braunkohlekraftwerke sind CO2-Schleudern. Nun ergab eine von der klima-allianz deutschland beauftragte aktuelle Studie des Arrhenius Instituts für Energie- und Klimapolitik, dass diese Aufgabe komplett durch neu zu bauende Gaskraftwerke übernommen werden könnte.
Die Studienautoren wenden sich deshalb gegen Pläne, die Grundversorgung mit Strom durch neue Kohlekraftwerke abzudecken. Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und Sprecherin der klima-allianz deutschland sieht „diese rückwärtsgewandte energiepolitische Debatte“ durch die Studie widerlegt. Sie ist sich sicher: „Der Bedarf an zusätzlichen Backup-Kraftwerken kann für die Übergangszeit ins regenerative Zeitalter vollständig durch flexible und hochmoderne Gaskraftwerke gedeckt werden.“ Für neue Kohlekraftwerke gebe es in einem Stromsystem mit einem stetig zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien keinen Platz mehr.
Dr. Sven Bode, Geschäftsführer und Head of Research des Arrhenius Instituts für Energie- und Klimapolitik rechnet vor: „Bis 2030 besteht trotz des Atomausstiegs und der Stilllegung alter Kohlekraftwerke ein überschaubarer Bedarf an zusätzlicher Gaskraftwerks-Leistung. In den nächsten 10 Jahren werden 3 Gigawatt (GW) zusätzlicher Kapazität benötigt, um die Abdeckung der maximalen Last jederzeit sicherzustellen. In den folgenden 5 Jahren müssen dann 5 bis 10 GW zugebaut werden, je nachdem, wie hoch der Anteil des Imports von Strom aus erneuerbaren Energien ist, der als gesichert angesehen wird. Mittelfristig, d. h. bis 2030, besteht ein Bedarf von knapp 7 GW zusätzlicher Leistung.“ Allerdings steige dieser Bedarf ohne Import auf mehr als 11 GW. Dennoch ist sich auch er sicher, dass Gaskraftwerke „die beste und kostengünstigste Option“ sind, um den Backup für die Stromerzeugung solange sicherzustellen, bis erneuerbare Energien 100 % der Versorgung leisten können.
Der Energieexperte betont aber ausdrücklich, dass den Investoren klar sein muss, dass Gaskraftwerke die Ergänzung der erneuerbaren Energien bilden und nicht umgekehrt. Sie sollten immer dann betrieben werden, wenn Strom aus Windkraft und Photovoltaik nicht zur Verfügung steht.
Derzeit ist eine Vielzahl von Gaskraftwerken entweder bereits im Bau oder in der Planung. Nach Auffassung von Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung und Sprecher der klima-allianz deutschland, sei der benötigte Zubau an Gaskraftwerken vor diesem Hintergrund realisierbar, auch wenn nicht alle gegenwärtig in Planung befindlichen Gaskraftwerke gebaut werden sollten. Dies gelte erst recht, weil die Autoren der Studie bei der Bedarfsanalyse sehr konservative Annahmen zugrunde gelegt haben.
Die Studie steht per Download kostenfrei zur Verfügung. (Quelle: klima-allianz deutschland/ml)