Rund die Hälfte aller deutschen Unternehmen ist mittlerweile vom Internet existenziell oder stark abhängig. Nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen (18 %) verzichtet ganz auf das Internet. Der Rest (32 %) nutzt das globale Netz zwar, ist aber noch nicht abhängig von ihm. Das besagt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) und des Hightech-Verbands BITKOM.
Die Analyse von 2500 Geschäftsmodellen konsultierter Firmen erbrachte noch zahlreiche weitere interessante Erkenntnisse. So investieren laut Studie Internet-abhängige Unternehmen überdurchschnittlich viel in Forschung und Entwicklung. Zudem profitieren sie von einem höheren Umsatzanteil mit Marktneuheiten und einem ebenfalls höheren Akademikeranteil an ihrer Belegschaft. Für Prof. Michael Hüther, Direktor des IW Köln ist das Netz von geradezu epochaler Bedeutung:
„Für die deutsche Wirtschaft ist das Web die Dampfmaschine des 21. Jahrhunderts: Es treibt die Konjunktur an und öffnet die Tür zu völlig neuen Geschäftsfeldern.“
Damit das Web seine Potenziale für Wachstum und Beschäftigung voll entfalten könne, braucht es nach Meinung von BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf geeignete Rahmenbedingungen. Neben dem weiteren Breitbandausbau oder der Linderung des Fachkräftemangels bedürfe es vor allem rechtlicher Voraussetzungen, z.B. beim Datenschutz oder im Urheberrecht. „Neben der Digitalisierung der Wirtschaft muss jetzt der Fokus auf die Modernisierung der Infrastruktur gelegt werden“, mahnt deshalb Kempf im Vorfeld des morgigen Nationalen IT-Gipfels in München. Für den Aufbau intelligenter Netze in den Bereichen Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und Behörden müssten laut BITKOM in den kommenden Jahren Investitionen von mehr als 130 Mrd. Euro aktiviert werden.
Bei ihrer Untersuchung haben die IW-Forscher die Internet-Abhängigkeit der Geschäftsmodelle von Unternehmen anhand von neun Kriterien untersucht. Die Firmen haben dabei angegeben, wie stark das Internet u.a. die Beschaffung, ihre Einnahmen oder die Kundenansprache beeinflusst und wie stark das eigentliche Hauptprodukt davon abhängt. Mit diesem Ansatz kann erstmals die Bedeutung des Internets als Querschnittstechnologie über alle Branchen und Anwendungen hinweg erfasst werden.
Laut Studie sind …
… die Geschäftsmodelle von 18 % der deutschen Unternehmen stark oder sogar vollständig vom Internet abhängig („Digitale Vorreiter“). Für weitere 32 % wird eine mittlere Abhängigkeit („Digitale Mitte“) festgestellt. Die andere Hälfte teilt sich auf in 32 % („Digitale Nachzügler“), die schwach oder sehr schwach vom Internet abhängig sind und 18 %, die das Internet gar nicht nutzen („Offliner“). Im Vergleich der Digitalen Vorreiter mit den Digitalen Nachzüglern zeigen sich in Bezug auf ihre Innovationsfähigkeit deutliche Unterschiede. So entwickeln unter den Vorreitern 60 % eigenständig Produkte, bei den Nachzüglern dagegen nur die Hälfte. Die Internet-Vorreiter erzielen 32 % ihres Umsatzes mit Marktneuheiten, bei den Nachzüglern sind es 18 %. Und der Akademikeranteil liegt bei den Vorreitern bei 39 %, bei den Nachzüglern bei 24 %. Insgesamt repräsentieren die Internet-abhängigen Unternehmen (Digitale Vorreiter und Digitale Mitte) jeweils 46 % des in Deutschland erwirtschafteten Umsatzes und der Beschäftigten. Für alle befragten Unternehmen hat das Internet inzwischen große Bedeutung für ihren wirtschaftlichen Erfolg. Jeweils 44 % der Befragten geben an, dass das Internet einen großen Einfluss auf die Kundenpflege sowie auf die Kooperation mit anderen Unternehmen hat. 37 % sagen, dass Internet beeinflusst stark die Kundenansprache und 29 % nennen die Beschaffung. Immerhin 17 % der deutschen Unternehmen geben an, dass das Internet einen entscheidenden Einfluss auf ihr wichtigstes Produkt bzw. ihre wichtigste Dienstleistung hat. (Zitat aus der Presseinformation des BITKOM)
Kempf zählt auf die Wirkung des IT-Gipfels: „Wir erwarten, dass vom Nationalen IT-Gipfel ein Signal für den beschleunigten Aufbau intelligenter Infrastrukturen ausgeht“. Aber auch kritische Aspekte werden auf der Themenliste stehen. „Im Rahmen des IT-Gipfels werden konkrete Projekte und Gesetzesinitiativen zur Verbesserung von Datenschutz und IT-Sicherheit angestoßen und umgesetzt“, so Kempf. Es sollen Publikationen zur sicheren Nutzung sozialer Netzwerke, ein Leitfaden zum rechtskonformen Einsatz von Cloud Computing und weitere Schritte bis zum Start der geplanten „Stiftung Datenschutz“ zur Sprache kommen.
Die IW-/BITKOM-Studie Wirtschaft digitalisiert steht per Download kostenfrei im Internet bereit. (Quelle: BITKOM/ml)