Der Ausbau der Bioenergie im Zuge der Energiewende soll sich nach Einschätzung des Bioökonomierats der Bundesregierung stärker an Wirtschaftlichkeitskriterien orientieren und der Ernährungssicherung Priorität einräumen. Noch höhere Importe von Agrarrohstoffen für die Bioenergiegewinnung dürften nicht dazu führen, dass der Welthunger weiter zunimmt, warnen die am Gremium beteiligten Forscher. Andernfalls seien politische Unruhen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu befürchten
„Die Ernährungssicherung muss Vorrang vor dem Ausbau der Bioenergie haben“, fordert Reinhard F. Hüttl, Vorsitzender des Bioökonomierats. Eine Strategie zur Nutzung der Bioenergie müsse zudem Umwelt- und Klimaschutzaspekte sowie Effizienzsteigerungen und Forschung in verbesserte Technologien stärker betonen. Kritisch sieht das Empfehlungspapier des Rats die bestehenden Förderinstrumente für die Bioenergie.
Der Bioökonomierat
Der Bioökonomierat ist das unabhängige Beratungsgremium der Bundesregierung in allen Fragen der Bioökonomie. Ihm gehören Experten aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Ressortforschung des Bundes und der privatwirtschaftlichen Forschung an.
Der Bioökonomierat bemängelt in seinen Empfehlungen, dass durch die Förderung der Bioenergie enorme volkswirtschaftliche Kosten entstehen, die über die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und die dadurch steigenden Energiepreise private Haushalte und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsunternehmen belasten.
Gleichzeitig führt die derzeitige Förderung dazu, dass die Nutzung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für Energiezwecke wirtschaftlich interessanter ist als der Einsatz für Nahrungs- oder Futterzwecke. Das widerspreche dem Primat der Ernährungssicherung, mahnt Fritz Vahrenholt, Vorsitzender der Geschäftsführung RWE Innogy und Leiter der Arbeitsgruppe Bioenergie des Bioökonomierats.Er plädiert deshalb für eine Überprüfung der Subventionierungsschwerpunkte:
„Da Bioenergie als grundlastfähiger und speicherbarer Energieträger als Systemstütze für die Energiewende dienen muss, sollte die bestehende Förderung stärker auf diesen Aspekt ausgerichtet werden.“
Infrage stellt Vahrenholt auch das Ziel einer unkoordiniert zunehmenden Bioenergienutzung in allen drei Verwendungsbereichen Verkehr, Wärme und Strom gleichzeitig. Biomasse als Grundlage für die Erzeugung von Bioenergie sei eine begrenzte Ressource. „Wenn wir sie in allen Bereichen einsetzen, geht dies nur über eine Ausweitung der Importe.“
Hüttl warnt, Konflikte zwischen dem Anbau von Energiepflanzen und Nahrungsmitteln seien nur dann zu vermeiden, wenn die Energieerträge pro Flächeneinheit gesteigert sowie Rest- und Abfallstoffe energetisch besser verwertet werden. Hinzu kommen müsse eine stärkere Nutzung von Restflächen, die nicht für den Nahrungsmittel- und Futtermittelanbau geeignet sind. Auch die schlechte Klimabilanz der Bioenergie müsse durch erhebliche Forschungs- und Innovationsanstrengungen noch verbessert werden.
Joachim von Braun, Direktor am Bonner Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) und stellvertretender Vorsitzender des Bioökonomierats, warnt:
„Unsere Bioenergie-Importe dürfen nicht zu negativen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen in den Herkunftsländern führen. Zurzeit verstärkt die Bioenergienutzung die Nahrungsmittelknappheit und erhöht Nahrungsmittel- und Landpreise, was zu politischen Unruhen in den Entwicklungs- und Schwellenländern führen kann.“
Von Braun fordert deshalb eine intensivere Forschung zur Produktivitätssteigerung sowie internationale Standards.
Die Empfehlungen Nachhaltige Nutzung der Bioenergie des Bioökonomierats stehen per PDF-Download kostenfrei im Internet bereit. (Quelle: Bioökonomierat/ml)