Wissenschaftler aus aller Welt bezweifeln zunehmend die Fähigkeit und den Willen nationaler Regierungen, sich auf eine globale Nachhaltigkeitspolitik zu verständigen. Rund 300 Umwelt- und Nachhaltigkeitsexperten aus 50 Nationen sprachen sich deshalb beim dreitägigen Sustainability Summit an der Leuphana Universität Lüneburg für die Schaffung einer durchsetzungsfähigen Weltumweltorganisation und eines Rates für globale Nachhaltigkeit aus. Sie fordern eine internationale Verständigung über Grenzen des Wachstums und die Definition von Wohlstand.
Die Wissenschaftler treten dafür ein, die Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft und Finanzindustrie so zu verändern, dass nachhaltiges Wirtschaften verpflichtend wird. Die Wissenschaft soll ihrerseits künftig eine aktivere Rolle bei der Entwicklung von Lösungen für die globalen Probleme übernehmen. Außerdem sollen die Bildungsanstrengungen für eine nachhaltige Entwicklung forciert werden.
20 Jahre nach der ersten UN-Konferenz über Klima und Entwicklung im brasilianischen Rio de Janeiro halten viele Wissenschaftler die bisherigen Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit für gescheitert. Mehr noch: Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen nach Meinung der teilnehmenden Experten, dass die Umweltzerstörung weiter dramatisch zunimmt. So sei der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen zwischen 1990 und 2010 weltweit um 45 % gestiegen.
Auch die soziale Ungleichheit auf der Welt hat sich nach Überzeugung der Teilnehmer weiter verschärft. Demnach verfügen die reichsten 10 % der Weltbevölkerung über 85 % des weltweiten Vermögens.
Obgleich wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über Klimawandel, Artensterben, ökonomische und soziale Krisen zum Teil schon seit Jahren vorlägen, schreite die Zerstörung der Umwelt ungebremst voran, kritisierten die Experten auf dem Gipfeltreffen. Konferenzleiter Prof. Dr. Harald Heinrichs von der Leuphana glaubt die Ursache zu kennen:
„Das Problem liegt in der mangelnden Bereitschaft, die richtigen Schlüsse zu ziehen und in eine konsequente Nachhaltigkeitspolitik umzusetzen.“
Der Wissenschaft komme dabei eine Schlüsselrolle zu, so Heinrichs weiter. Sie müsse Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit den Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft realistische und umsetzbare Problemlösungen erarbeiten.
Im Juni dieses Jahres findet in Rio de Janeiro erneut eine Weltkonferenz zur nachhaltigen Entwicklung statt. Die Teilnehmer des Lüneburger Nachhaltigkeitsgipfels haben jedoch wenig Hoffnung, dass es dort zu einem Durchbruch kommen wird. Sie gehen davon aus, dass allenfalls kleine Fortschritte erzielt werden können. „Angesichts der komplexen Probleme und des großen Handlungsdrucks wird das aber nicht ausreichen, um den Übergang zu einer weltweit getragenen nachhaltigen Entwicklung endlich zu schaffen“, ist sich Professor Heinrichs sicher. „Was wir brauchen, ist eine Trendwende. Die kann nur gelingen, wenn Staaten wie Deutschland weiter eine Vorreiterrolle übernehmen.“
(Quelle: Leuphana Universität/ml)