Die vormals harte Front der Mindestlohngegner scheint derzeit aufzuweichen und die Einführung in greifbare Nähe zu rücken. Leidtragende dürften vor allem mittelständische Unternehmen sein. Prof. Dr. Jochen Kluve vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) – einst Gegner des Mindestlohns – kann sich mittlerweile zwar eine Einführung vorstellen, steht dem Mindestlohn aber immer noch ausgesprochen skeptisch gegenüber. Wir fragten ihn nach dem Warum.
Der RWI-Wirtschaftsexperte und Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Arbeitsmarktökonomik an der Humboldt-Universität Berlin zählte einst zu den entschiedenen Gegnern des Mindestlohns, sieht aber nach eigener Aussage mittlerweile eine gewisse sozialpolitische Sinnhaftigkeit der Einführung. Vom Mindestlohn könne immerhin ein positiver Einfluss auf den sozialen Frieden in Deutschland ausgehen.
Eine wirtschaftliche Notwendigkeit – da ist sich Kluve sicher – gebe es eigentlich nicht. Immerhin sei aber ein flächendeckender Mindestlohn unter sozialpolitischen Aspekten sinnvoller, als ein Sammelsurium an Branchenmindestlöhnen. Nach wie vor sieht der Berliner Wirtschaftswissenschaftler aber große Risiken mit der Einführung verbunden. Dementsprechend rät er – wenn es denn schon sein muss – die Ausarbeitung eines solchen Mindestlohns einer Expertenkommission zu übertragen, die im Vorfeld eine umfangreiche Analyse der möglichen Folgen vornehmen müsse. Keinesfalls sollte die Politik entsprechende Lohngrenzen nach eigenem Ermessen festlegen, warnt Kluve. (ml)