Psychische Leiden können jeden treffen, sind aber in vielen Betrieben noch immer ein Tabuthema. Das und die Tatsache, dass viele dieser Erkrankungen schleichend beginnen und erst nach und nach zu massiven Problemen führen, kostet die Unternehmen viel Geld. Dabei könnten viele psychische Erkrankungen bei rechtzeitiger Hilfe vermieden werden. Der Krankenversicherer KKH-Allianz fordert daher eine Vorbeugung am Arbeitsplatz. Wir sprachen über das Thema mit Professor Martin Härter (links im Bild) vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Ingo Kailuweit (rechts im Bild), Mitglied des Vorstands der KKH-Allianz.
27 Mio. Menschen in Deutschland leiden unter Erkrankungen ihrer Psyche. Die Gesamtkosten für die Volkswirtschaft belaufen sich nach Schätzungen auf mehr als 100 Mrd. Euro jährlich. Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch: „Es handelt sich bei weitem nicht nur um eine Modeerscheinung, das belegen Daten über unsere Versicherten ebenso wie die Analysen zahlreicher Fachleute“, warnt Ingo Kailuweit, Vorstandschef der KKH-Allianz.
Daten der KKH-Allianz deuten in einer ersten Analyse darauf hin, dass Burnout-Fälle unter den Versicherten der KKH-Allianz allein zwischen 2009 und 2011 um 40 % zugenommen haben. Häufig ist dabei jedoch nicht klar, was sich hinter dem Burnout verbirgt. Ist dies bereits eine Depression oder ein vorübergehender Erschöpfungszustand?
Allerdings gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Berufsgruppen, wie Professor Martin Härter, Leiter des Institutes und der Poliklinik für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erläutert: „Menschen, die im Beruf viel mit anderen Menschen zu tun haben, sind offensichtlich anfälliger als solche, die sich mehr mit Technik und Maschinen beschäftigen.“ So erkranken Ingenieure, Mathematiker und Elektrotechniker mit durchschnittlich 3,5 % relativ selten an psychischen Leiden.
Auch die Position im Betrieb spielt eine Rolle: Akademiker und Arbeitnehmer in hohen Positionen leiden häufiger unter Burnout als Beschäftigte in unteren Hierarchieebenen. Anderseits sind wiederum Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss überproportional häufig von Depressionen betroffen.
Auch Frauen gehören zu den für Depressionen besonders anfälligen Gruppen. Datenauswertungen der KKH-Alllianz haben ergeben, dass fast 70 % der Betroffenen Frauen sind. Kein Wunder also, dass 9 % der Krankenfälle in typischen Frauenberufen wie zum Beispiel Gesundheits- und Sozialberufen auftreten.
Beim Krankengeld sind die Kosten deutlich gestiegen: Innerhalb von drei Jahren hat sich das Krankengeld bei der KKH-Allianz in diesem Bereich verdoppelt (2009 bis 2011). Psychische Erkrankungen führen dementsprechend oft zu langer Arbeitsunfähigkeit und sind mittlerweile die Hauptursache für eine Frühverrentung. Auch bei Kindern und Jugendlichen sind sie auf dem Vormarsch.
Um psychischen Erkrankungen und insbesondere Fällen von Burnout vorzubeugen, muss nach Ansicht der KKH-Allianz der Prävention am Arbeitsplatz eine deutlich größere Rolle als bisher zufallen. Hierbei ist die betriebliche Gesundheitsförderung von zentraler Bedeutung. Kailuweit empfiehlt daher: „Sinnvolle Projekte etwa zum Stressmanagement und zur Qualifizierung von Führungskräften beim Thema Gesundheit sind besonders dafür geeignet, es bei gefährdeten Mitarbeitern erst gar nicht zum Burn-out kommen zu lassen.“ (Quelle: KKH-Allianz/ml)