Dänemark gilt vielen Deutschen auf den ersten Blick als Vorbild für eine sozial gerechte Gesellschaft. Ein zweiter Blick offenbart allerdings, dass bei unseren nördlichen Nachbarn manches selbstverständlich ist, was deutsche Gewerkschaften als puren Neoliberalismus geißeln würden, z.B. das Fehlen eines gesetzlichen Kündigungsschutzes. Warum das dänische Arbeitsmarktmodell dennoch sozial ist, fragten wir den dänischen Botschaftsrat für Arbeitswesen in Berlin, Poul Eigil Scheuer.
Poul Eigil Scheuer von der Königlich Dänischen Botschaft in Berlin ist Ansprechpartner für alle Fragen zum dänischen Arbeitsmarkt. In dieser Funktion wird er häufig mit völlig falschen Vorstellungen deutscher Gesprächspartner konfrontiert, denn anders als viele hierzulande vermuten, gibt es in Dänemark keinen gesetzlichen Kündigungsschutz. Das Sicherheitsnetz für die Beschäftigten besteht stattdessen aus branchenspezifischen tariflichen Regelungen in Kombination mit einer hohen finanziellen Absicherung im Entlassungsfall. Diesen Mix aus Flexibilität und Sicherheit bezeichnen unsere Nachbarn als „Flexicurity“. Scheuer ist überzeugt, dass das dänische Modell dem deutschen überlegen ist:
„Ein strenger Kündigungsschutz in Deutschland ist für diejenigen, die darunter fallen gut und ein großer Nachteil für diejenigen, die draußen stehen. Er schafft einen geteilten Arbeitsmarkt – den es in Dänemark nicht gibt – und ist vermutlich die Ursache für die niedrige Mobilität und Flexibilität auf dem deutschen Arbeitsmarkt.“
Der dänische Arbeitsmarktexperte warnt vielmehr, nur wenn die Balance stimme, bleibe das System dynamisch und fähig, neue Jobs entstehen zu lassen.
Über den Podcast hinausgehende Informationen zum dänischen Modell liefert eine ausführliche Analyse von Thorsten Braun (Universität Aarhus, Dänemark). (ml)