Als die deutsche Wirtschaft nach der Finanzkrise schrumpfte, folgten in Deutschland keine Massenentlassungen. Eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung hat nun dieses Jobwunder analysiert. Zentral war dabei eine spezifische Kultur der Arbeitsbeziehungen – und Institutionen wie das deutsche Modell der Mitbestimmung.
Neben der vom Staat geförderten Kurzarbeit setzten die Unternehmen der Stiftung zufolge auf den Abbau von Überstunden, den Einsatz von Arbeitszeitkonten und eine verkürzte Arbeitszeit. Wie die Kurzarbeit habe jedes der drei Instrumente den Abbau von etwa 250.000 Stellen verhindert.
Die Forscher betonen jedoch, dass sich das Modell nicht einfach exportieren lasse. Die Instrumente beruhten entweder auf Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen – und die seien Teil einer spezifischen Kultur der industriellen Beziehungen. Außerdem sei die deutsche Industrie hoch profitabel gewesen, es dominierte die Vollzeitarbeit. Daher habe sich das System interner Flexibilität überhaupt entwickeln können.
Auch in Bezug auf andere Branchen in Deutschland sind die Experten skeptisch. In der Dienstleistungsbranche sei den Forschern zufolge die Sozialpartnerschaft weniger stark ausgeprägt und die Gewerkschaften deutlich schwächer. Für mehr interne Flexibilität würden die Firmen vor allem auf Minijobs setzen. Vereinbarungen zu Arbeitszeitkonten gebe es deutlich seltener.
Die englischsprachige Studie von Alexander Herzog-Stein, Gustav A. Horn und Ulrike Stein (Macroeconomic Implications of the German Short-time Work Policy during the Great Recession) ist in der Sonderbeilage s1 von „Global Policy“ erschienen („Economic Policy, Governance and Institutions in Times of Crisis“). Bei der Wiley Online Library gibt es die Seiten kostenfrei als PDF zum Herunterladen. (Hans-Böckler-Stiftung/sp)