Was am grünen Tisch der Koalitionsverhandlungen so einfach klingt – die Einführung eines bundesweiten Mindestlohns – ist für manche Branchen und ihre Kunden schier unrealisierbar. Zu diesen Branchen gehört unter anderm die Taxibranche, die in einigen Regionen Deutschlands von Umsätzen unter 8,50 Euro die Stunde leben muss. Wir fragten daher den Präsidenten des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands (BZP), Michael Müller, wie er den flächendeckenden Mindestlohn beurteilt.
Wie komplex die bestehenden, zwischen den Tarifpartnern ausgehandelten Lohnstrukturen mit den regionalen und branchentypischen Preisstrukturen verwoben sind, wird am Beispiel des Taxigewerbes besonders deutlich: Anders als viele andere Branchen werden die Preise für Taxifahrten nämlich nicht von den Taxiunternehmen frei festgelegt, sondern zusammen mit den Kommunen regional ausgehandelt.
In diesen Verhandlungen sind die Gemeinden und Städte nicht nur Verbraucheranwälte ihrer Bürger, sondern selbst Kunde der Taxiunternehmen. Viele Kommunen setzen Taxis nämlich für diverse eigene Dienstleistungen gegenüber ihren Bürgern ein, z.B. für die Schülerbeförderung in dünn besiedelten Gebieten oder für Krankentransporte.
Ein flächendeckender Mindestlohn würde daher zwangsläufig zu Nachverhandlungen bestehender Dienstleistungsverträge mit der Öffentlichen Hand führen und darüber hinaus die Kommunen dazu zwingen, ihre Budgets den höheren Kosten anzupassen. Man müsse damit rechnen, dass eine solche Anpassung bis zu zwei Jahre benötige, warnt Michael Müller.
Darüber hinaus sei eine Preisanhebung von rund 20 bis 25 % unvermeidlich, glaubt Müller. Mit den bisherigen Beförderungspreisen im Taxigewerbe sei ein Mindestlohn von 8,50 Euro nicht machbar. Es gäbe Regionen, in denen selbst der Umsatz pro Stunde noch unter der Grenze von 8,50 Euro liege.
Dennoch sei man nicht generell gegen einen vernünftigen Mindestlohn, versichert Müller. Mit den derzeitigen Löhnen von 6 Euro bis 6,50 Euro im Taxigewerbe werde es immer schwieriger, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. (ml)