Sommerzeit, Zeugniszeit – wie gut war die bisherige Arbeit von Schwarzrot aus Sicht der Wirtschaft? Wir fragten Gerhard Handke, seines Zeichens Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Sein Fazit fällt verheerend aus: Man habe sich in Berlin gescheut, die wirklich wichtigen Aufgaben anzupacken. Mehr noch: Einige Weichenstellungen gefährden seiner Ansicht nach sogar die wirtschaftliche Zukunft des Landes.
Als wir Gerhard Handke nach seinen Kritikpunkten an der Arbeit der Großen Koalition fragen, wird das Ausmaß seiner Enttäuschung deutlich: Die Rente mit 63 sei ein psychologisches Desaster, das eine mühsam durchgesetzte Einsicht in der Bevölkerung völlig unnötig wieder infrage stelle. Der Mindestlohn sorge für eine überflüssige Verwässerung der Tarifhoheit. Die Zögerlichkeit beim Ausbau der Trassen für die Erneuerbaren Energien gefährde die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und darüber hinaus die Arbeitsplätze. Selbst die für ein Exportland unverzichtbare Verkehrsinfrastruktur werde leichtfertig aufs Spiel gesetzt, weil man das Geld lieber in beim Wähler populärere Maßnahmen stecke.
Handkes harte Kritik an der Berliner Politik wird umso verständlicher, wenn man sich die aktuell dringenden Baustellen der Wirtschaft vor Augen hält: Da droht einerseits ein schwer abzuschätzender Exporteinbruch durch die Ukraine-Krise und mögliche Sanktionen gegen Russland, während andererseits die Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) den deutschen Unternehmen riesige Chancen bietet – allerdings nur, wenn diese Verhandlungen auf europäischer Seite geschickt geführt werden. (ml)