Wer länger arbeitslos ist, bleibt noch länger arbeitslos – und bezieht dauerhaft SGB-II-Unterstützung durch das Jobcenter. An diesem irritierenden Befund, der ähnlich für viele weitere Regionen gelten dürfte, setzte die Region Hannover an und wollte genau wissen, was dagegen zu tun ist und welche Instrumente sich in den letzten Jahren als die besten Mittel gegen Langzeitarbeitslosigkeit bewährt haben.
Die mittelständisch starke Metropolregion Hannover hatte darum das Hamburger Büro con_sens mit einem wissenschaftlichen Gutachten beauftragt, das dieser Frage nachgehen sollte. Dazu werteten die Fachleute Destatis-Material von 2009 bis 2013 aus. Die Ergebnisse der Studie wurden vergangene Woche auf dem Fachtag „Langzeitarbeitslos – Sackgasse SGB II“ vorgestellt. Sie bestätigen zum einen bereits bekannte Befunde: dass Frauen besonders gefährdet sind (52 % Anteil am Langzeitleistungsbezug), ebenso ältere Arbeitsuchende (ca. 30 %) sowie Leute ohne ordentlichen Schulabschluss (19 %). Allerdings sieht die hier Studie genauer hin: Zum einen ist der Anteil der Langzeitbezieher ohne Hauptschulabschluss seit 2009 kräftig zurückgegangen (um 24,09 %), zum anderen machen diejenigen mit Hauptschulabschluss immer noch das größte Segment aus (41,3 %). Und offenbar schützt auch das Abitur keineswegs vor dauerhafter Arbeitslosigkeit:
„Wenngleich mit eher kleineren Anteilen, so ist doch hervorzuheben, dass insgesamt 14 % aller LZB (asu) [d.h. arbeitssuchenden Langzeitleistungsbezieher/innen] über Abitur (9,4 %) oder Fachhochschulreife verfügen (4,6 %) […]. Insgesamt sind dies 5.798 Personen. Zu diesem Personenkreis sind insbesondere die Steigerungsraten seit 2009 (i.H. v. 16,96 % bei Fachhochschulreife bzw. 22,79 % bei Abitur/Hochschulreife) auffällig.“ (S. 37)
Für die öffentliche Hand ist besonders ärgerlich, dass ein beträchtlicher Teil der Langzeitleistungsbezieherinnen und -bezieher keineswegs komplett erwerbslos ist: Mittlerweile haben über 29 % davon einen Minijob, der zum Leben nicht ausreicht (2009: 26,3 %). Die Studie kommt entsprechend zu dem Schluss, dass geringfügige Beschäftigung kein tragfähiger Weg ins Erwerbsleben ist, sondern das Risiko erhöht langfristig auf Jobcenter-Unterstützung angewiesen zu bleiben.
Unter den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur Problembewältigung ist besonders die Förderung der beruflichen Weiterbildung gemäß § 16 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 81ff. SGB III interessant. Sie bildet in der Gesamtbetrachtung mit einem Anteil von 27,6 % nach dem Instrument der Arbeitsgelegenheiten gem. § 16d SGB II (32,4 %) und Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 45 SGB III (29 %) den dritten wesentlichen Bereich von Instrumenten für Langzeitleistungsbezieher/innen. Zuletzt – also nur im Jahr 2013 – hat sich dieser Bereich deutlich ausgeweitet: auf 29,8 %. Ingesamt zeigt sich der Studie zufolge in der Region Hannover ein Wechsel auf Instrumente mit direktem oder zumindest mittelbarem Bezug zur Arbeitsmarktintegration. Die Autoren stellen fest,
„dass die Instrumente zur Förderung der beruflichen Weiterbildung auch mit Blick auf die Arbeitsmarktintegration von arbeitsmarktferneren Personen eher erfolgreich wirken.“ (S. 80)
Insbesondere bei den bereits besser Qualifizierten dürfte hier noch Potenzial sein: In der Region Hannover sind knapp 5800 Menschen aus diesem Kreis langzeitarbeitslos, davon ganze 900, die noch unter 35 Jahre alt sind. Zur Situation sagte Bärbel Höltzen-Schoh, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hannover:
„Entscheidend für die Vermittlung, insbesondere in dauerhafte Arbeit, ist eine Ausbildung bzw. Qualifizierung. Ist diese nicht vorhanden bzw. zu lange her, sind Arbeitgeber trotz Fachkräftemangel kaum von einer Einstellung zu überzeugen.“
Aus betrieblicher Sicht wäre im Mittelstand parallel dazu eine Nachqualifizierung des Bestandspersonals zu erwägen – allerdings nicht ohne entsprechende Sicherheiten.
Die Expertise „Langzeitleistungsbezieherinnen und Langzeitleistungsbezieher in der Region Hannover“ gibt es bei der Region Hannover kostenfrei als PDF zum Herunterladen. (Quelle: Hannover.de/red)