1954 gegründet, brachte die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF) seither rund 200.000 mittelständische Forschungsprojekte auf den Weg. Nicht zuletzt dank dieser Arbeit kann der deutsche Mittelstand heute im globalen Wettbewerb mit seiner Innovationskraft punkten. Im Gespräch mit Yvonne Karmann-Proppert, Präsidentin der AiF, werfen wir einen Blick zurück.
200.000 Forschungsprojekte in 60 Jahren bedeuten im Schnitt rund zehn angestoßene Projekte Tag für Tag. Diese kleine Rechnung zeigt die große Leistung der Arbeitsgemeinschaft, deren Initiatoren sich bereits durch die Gründung der AiF als wahre Visionäre erwiesen, denn 1954, neun Jahre nach Kriegsende, mangelte es vielen Haushalten noch immer an Standardgerätschaften. Für neue Produkte bestand daher wenig Bedarf. An gezielte Forschung und Entwicklung dachte kaum ein mittelständischer Betrieb. Die meisten von ihnen hatten in den Jahren 1945 bis 1950 auf die Rückkehr ihrer ehemaligen Mitarbeiter aus den Kriegsgefangenenlagern gewartet und mit Mühe an ihre Produktionen vor dem Krieg angeknüpft. Die Jahre 1950 bis 1955 waren deshalb für die meisten Deutschen weniger Jahre des technologischen Aufbruchs als vielmehr Jahre des Aufatmens.
So begann die Geschichte des AiF auch recht bescheiden mit gerade einmal 20 Forschungsgemeinschaften. In den sechs darauffolgenden Jahrzehnten erweiterte sich dieser kleine Kreis auf derzeit 100. Auch die Forschungsthemen unterlagen gewaltigen Veränderungen. Zur Erinnerung: Allein die Steuerungstechnik und Unterhaltungselektronik durchlebten in dieser Zeit drei komplette Technologiezyklen, angefangen von der Röhrentechnik und Mechanik über den weitgehend analog eingesetzten diskreten Halbleiter bis hin zur umfassenden Digitalisierung mit Prozessortechnik und globaler Vernetzung.
Jeder dieser Schritte hätte für viele kleinere und mittlere Unternehmen ohne die AiF das Aus bedeutet. So aber flossen dank AiF bis heute fast 10 Mrd. Euro öffentlicher Mittel für Entwicklungen und Innovationen in mittelständische Unternehmen.
Als ähnlich wichtig wie die reinen Fördermittel erwiesen sich jedoch die Kontakte der angeschlossenen Unternehmen untereinander – derzeit rund 50.000. Sie sorgten nicht nur für einen Erfahrungsaustausch, sondern schärften auch den Blick der Unternehmen für Trends und gemeinsame Probleme. Diese sind wiederum die Grundlage der sogenannten vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), die aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert wird. Im Rahmen dieser Gemeinschaftsforschung erarbeiten die Mitglieder Basislösungen, die einzelnen oder auch mehreren Branchen mit ähnlich gelagerten Bedürfnissen nützen und von den teilnehmenden Unternehmen im Anschluss betriebsspezifisch weiterentwickelt werden können.
Im Vergleich mit den bisherigen Leistungen für den Mittelstand hören sich die Wünsche für die nächsten Jahre bescheiden an: Angesichts der steigenden Zahl aussichtsreicher Projekte wünsche man sich, 20 Mio. Euro mehr Fördergelder an mittelständische Unternehmen verteilen zu können, so Yvonne Karmann-Proppert im Gespräch mit uns. (ml)