Smartphones könnten künftig als Frühwarnsysteme bei Erdbeben fungieren. Zwar arbeiten die GPS-Sensoren in den Mobilgeräten deutlich weniger genau als wissenschaftliches Forschungsgerät, doch gilt hier: Die Masse macht’s. Denn die einzelnen Messfühler streckt das Forschungsprojekt unter der Führung der U.S. Geological Survey per Crowdsourcing aus.
Erste Tests haben bereits gezeigt, dass das System vor allem dort punkten könnte, wo andere EEW-Systeme (Earthquake early warning) zu kostspielig oder zu schwer zu unterhalten sind. Jüngstes Beispiel: Kathmandu. Smartphones dagegen gibt es heute praktisch überall in Fülle. Ganz ähnlich geht die Sunshine-App in San Francisco vor, von der aktuell die Technology Review berichtet: Wer die App auf sein iPhone lädt, wird dank des eingebauten Luftdrucksensors zum Datenpunkt.
Das Crowdsourcing-Prinzip hinter diesen Projekten hat seine Wurzeln jedoch weniger in der Technik als in der Shareconomy (so die Wortprägung der CeBIT 2013): Meist ist es sinnvoller, einfach viele zu fragen. An welcher Stelle es ein Echo gibt, findet man heraus, indem man oft genug ruft – lauter nutzt gar nichts. Das schlägt sich mittlerweile in der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis nieder, dass die Vielzahl der eigenen Kunden oft genauer als die Entwicklungsabteilung weiß, wie ein neues Produkt aussehen soll, und ergibt ganz neue Geschäftsmodelle: Crowdsourcing-Portale, die Know-how nach Bedarf bieten. Beispiel: IT-Support. So finden Endkunden mit Computerproblemen auf der Start-up-Plattform Expertiger die passenden Spezialisten. Das zentrale Argument der Erbebenwarnung gilt auch hier: Der Aufwand einer dauerhaften Lösung vor Ort wäre zu teuer. Deshalb nutzen auch Unternehmen den Dienst, die keine feste IT-Abteilung unterhalten, aber von einer funktionierenden Infrastruktur abhängig sind.
Der (englischsprachigen) Forschungsbeitrag „Crowdsourced earthquake early warning“ von Sarah E. Minson et al. ist in der aktuellen Nummer von Science Advances (10. April 2015) erschienen (Vol. 1 no. 3 e1500036); dort gibt es den Volltext kostenfrei online und als PDF zum Download. (Quelle: U.S. Geological Survey/Technology Review/Expertiger/red)