Die Digitalwirtschaft brummt, in Europa wie überall sonst. Sieht man aber genauer hin, findet sie gar nicht so sehr in Europa statt: Mehr als die Hälfte der europäischen Online-Aktivität läuft über US-Webseiten. Und innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft gelingt es kaum, die eigenen Landesgrenzen zu überwinden: Nur 7 % aller kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) schaffen es, auch außerhalb ihres nationalen Marktes ihre Dienste anzubieten.
Angesichts dieser Lage hat der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) ein Zehn-Punkte-Papier zum Aufbau eines digitalen Binnenmarkts in der EU vorgelegt. Er bezieht sich dabei auf die jüngste Untersuchung von Georgios Alaveras und Bertin Martens für das Joint Research Centre der Europäischen Kommission mit dem Titel „International Trade in Online Services“; daraus geht u.a. hervor, dass etwa die Hälfte des grenzüberschreitenden Handels im E-Commerce von ganz wenigen (1 %) großen Unternehmen wie Amazon getätigt wird. 54 % aller digital erbrachten Dienstleistungen sind ausschließlich US-Firmen zuzuordnen. Demgegenüber sei gerade der IT-Mittelstand in der Lage, eine Digitalisierung „von unten“ anzustoßen.
Das BITMi-Papier umfasst daher sowohl wirtschaftliche als auch politische und technologische Punkte und bezieht sich im Einzelnen auf die Digital Single Market Strategy for Europe der EU-Kommission. Manches ist neu – etwa ein europäisches IT-Mittelstandszentrum –, anderes findet sich bereits in den EU-Plänen, doch sieht der Verband fast überall Nachbesserungsbedarf. Das gilt für das Urheberrecht ebenso wie für den Zugang zu Wachstumskapital und für die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte, konkret aber vor allem im Vertragsrecht, an dem bislang (und wohl auch in absehbarer Zukunft) viel Bürokratie und Kostenaufwand hängen. Parallel dazu sieht der BITMi Handlungsbedarf bei der Gesellschaftsform der Societas Privata Europaea (SPE), ebenso wie bei der länderspezifischen Mehrwertsteuer. Und für die digitalen Infrastrukturen müsse eine arbeitsfähige Regelung getroffen werden:
„Auch hält der BITMi es für wichtig, dass die Netzneutralität in Europa ohne Diskriminierung eingehalten wird und allenfalls einzelne kritische Diensteklassen, aber keinesfalls nur Angebote einzelner Anbieter, bevorzugte Datenbehandlung erhalten.“
In Sachen Standards – vielleicht der entscheidende Punkt für das Internet der Dinge – bekennt sich der BITMi zu offenen Standards:
„Nur offene Standards erfüllen alle Anforderungen, die aus Sicht des BITMi für eine KMU-freundliche Standardisierungspolitik nötig sind. Sie sollten daher von der Kommission besonders berücksichtigt und ihre Verbreitung und ihr Einsatz gefördert werden.“
Das Zehn-Punkte-Positionspapier „Digitaler EU-Binnenmarkt: Enabler IT-Mittelstand“ gibt es beim BITMi kostenfrei als PDF zum Download. (Quelle: BITMi/red)