Der Begriff „Schwarmintelligenz“ ist mittlerweile vielen bekannt, „Herdenmanagement“ dagegen (noch) nicht. Das dürfte sich gründlich ändern: Künftig sollen Cloud Computing und Agrartechnik zusammenwachsen.
Vernetzung, Apps und Cloud Computing sollen sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Arbeitsproduktivität landwirtschaftlicher Betriebe steigern. Bauern, die auf dem Traktor mit ihrem Tablet hantieren, werden in naher Zukunft vermutlich keine Seltenheit mehr sein: „Die Landwirtschaft wird digitaler“, meldet der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Die Entwicklung hat auch bereits einen Namen: „Future Farming“. Anders als es der Begriff suggeriert, sind manche der neuen Technologien schon heute im Einsatz.
Der Traktor wird zur Schaltzentrale
Was Industrie 4.0 für die Produktion, ist Future Farming für die Agrartechnik. Wie das in der Praxis aussieht, erklärt Dr. Eberhard Nacke, Leiter Produktstrategie des Landmaschinenherstellers Claas: Die Digitalisierung landwirtschaftlicher Betriebsabläufe ermögliche es, die Daten und Informationen zu vernetzen und daraus neue Wirkungszusammenhänge zu identifizieren. So sei es beispielsweise möglich, Landmaschinen mit einer Präzision von 2 bis 3 cm auf dem Feld zu steuern. „Zudem können die Maschinen ihre Arbeitsgeschwindigkeit automatisch den wechselnden Bedingungen anpassen.“
Über das „Herdenmanagement in der Cloud“ berichtet Dr. Daniel Herd, Leiter Farm Management Support bei Lely Deutschland: „Applikationen ermöglichen dem Landwirt, ein komplettes Roboter- und Herdenmanagementsystem über Smartphone und Tablet zu steuern.“ Die Anwendungen laufen als Gesamtsystem miteinander und bieten neben Eingabemöglichkeiten zum Tierbestand auch weitere Optionen zur Maschinensteuerung und zur Roboterüberwachung.
Kommunikation nach einheitlichen Standards
Verbesserungsbedarf sieht Hubertus Paetow noch in der Kommunikations- und Datenstandardisierung. Der Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hebt zwar hervor, dass die Technologien Doppelbearbeitungen vermeiden, Fahrwege planbarer machen und den bedarfsgerechten Einsatz von Betriebsmitteln verbessern können. Er dringt jedoch auf Schnittstellen, die einen Austausch von Daten aus unterschiedlichsten Quellen und Anwendungen ermöglichen. Hier gebe es noch deutlichen Handlungsbedarf.
Insgesamt aber habe Cloud Computing in der Landwirtschaft viele Vorteile, findet Herd, nicht zuletzt mit Blick auf Tiergesundheit und Tierwohl. Die Chance bestehe darin, die Datenmengen automatisiert aufzubereiten und den Landwirten als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Dies könne bis zu einer Automatisierung ganzer Arbeitsabläufe führen.
Bauernweisheit: Landwirte sind technologie-affin
Aber sind diese Hilfestellungen überhaupt erwünscht? Der VDI wollte das genauer wissen und befragte den Fachbereich Agrartechnik. „Grundsätzlich stehen die Befragten dem Zusammenwachsen der virtuellen und realen Welt positiv gegenüber“, fasst der Fachbereichsvorsitzende Prof. Dr. Peter Pickel die Ergebnisse der Mitgliederbefragung zusammen. Die meisten versprechen sich ein effizienteres und kostengünstigeres Wirtschaften. Eine Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz der Landwirtschaft durch den Einsatz von Cloud Computing sieht allerdings nur etwa jeder Zehnte.
In diesem Zusammenhang wagten die Landwirte auch einen Blick in die Glaskugel: Drei Viertel der Bauern sehen künftig Feldroboter im Einsatz. Fast ebenso viele gehen davon aus, dass durch die Technik eine individuelle Versorgung von Einzelpflanzen mit Nährstoffen möglich sein wird. (ds)