Die Arbeitswelt in einer digitalisierten und vernetzten Industrie 4.0 wird weniger anstrengend, aber aufreibender sein: Die körperlichen Belastungen dürften sinken, dafür rechnen die Experten verstärkt mit psychischen Problemen und kognitiven Belastungen, etwa dadurch, dass Mitarbeiter mehrere Tätigkeiten zeitgleich ausführen. Die Hälfte der 845 Fachleute, die an der Befragung im Rahmen des Projekts Prävention 4.0 teilnahmen, erwartet aber auch, dass die Arbeit 4.0 neue Potenziale und Ressourcen zur Förderung der Leistungsfähigkeit mit sich bringen wird. Das Forschungsvorhaben geht u.a. der Frage nach, welchen Stellenwert Sicherheit und Gesundheit in der digitalen Transformation einnehmen.
Befragt wurden im August und September 2016 Mitglieder des Verbands für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit e.V. (VDSI) ebenso wie Berater der Handwerkskammern und aus dem Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH) sowie dem Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. (ifaa). Zu den weiteren Umsetzungspartnern des BMBF-geförderten Projekts, das noch bis April 2020 läuft, zählen Forschungseinrichtungen wie das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn ebenso wie Berufsgenossenschaften, Gewerkschaften und Unternehmen. Die Tendenz der Antworten zeigt, dass sich die Arbeitswelt 4.0 zwar gerade erst entwickelt (gerade mal 34,3 % stufen die Bedeutung des Themas als groß oder sehr groß ein), doch ihre Konturen sind bereits deutlich: Bei den internen Betriebsberatern im verarbeitenden Gewerbe glauben 81,45 %, dass das Thema in fünf Jahren eine große oder sehr große Rolle spielen wird. Die Unterschiede in der Einschätzung spiegeln die erwartbare Lage wider: Für externe Berater, wie sie in großen Unternehmen vorkommen, ist der Wandel der Arbeitswelt bereits deutlicher als für kleine und mittlere Unternehmen, in der Produktion ist das Interesse größer als etwa im Handel.
Interessant ist, dass die Industrie 4.0 auch spezifische Heilmittel für die neuen Belastungen und Gefährdungen mitbringen soll, etwa durch eine bessere, digitale Erfassung der Risiken. Das erwartet rund ein Drittel der Befragten. Bereits heute nutzen 41,2 % der internen und 31,5 % der externen Berater Instrumente zur digitalen Datenerfassung für die Gefährdungsbeurteilung. Als Entlastungsbeispiele nennt die Zusammenfassung der Befragungsergebnisse Assistenzsysteme wie z.B. Exoskelette oder Wearables, die körperliche Belastungen reduzieren.