Lange Zeit war es schlicht so: Google, Amazon und andere große Hyperscale-Rechenzentren ließen sich ihre Hardware maßschneidern. Aufgrund der schieren Größe dieser Abnehmer war das möglich. Alle anderen mussten nehmen, was es gibt. Das Open Compute Project und die Open19 Foundation wollen das ändern.
Bei vielen Rechenzentrumsbetreibern stellte und stellt sich heraus, dass Standard-Umsetzungen und Formfaktoren unterschiedlicher Hersteller nicht so reibungslos zusammenpassen wie gewünscht, dass sie nicht so flexibel sind und nicht so skalierbar. Mit diesem „Distributed Vendor Lock-in“ wollen sich etliche Anwender nicht mehr zufriedengeben. So entstanden zuerst das Open Compute Project (OPC), dann die Open19 Foundation.
OPC wurde von Facebook angestoßen, wo man auf eigene Faust begonnen hatte, mit eigenen Serverdesigns zu experimentieren; von Anfang an mit dabei sind außerdem Intel, Rackspace Hosting und Goldman Sachs, mittlerweile sind so gut wie alle wichtigen Player der Branche dabei: Cisco, Dell, Google, HP, IBM, Microsoft, Nvidia, Schneider Electric, VMware etc., ebenso die Deutsche Telekom, Rittal und Canonical. Ein Grund für die flotte Entwicklung der Open-Server-Hardware-Initiative ist, dass sie rasch harte Erfolge vorweisen konnte: Die OCP-Datencenter von Facebook zeigten schon früh eine erstaunliche Energieeffizienz und – das sorgte für noch mehr Aufmerksamkeit – eine niedrige TCO (Total Cost of Ownership). Mittlerweile gibt es bereits eine ganze Reihe von Lösungen, die zum Beispiel auch einfache Gleichstrom-Umsetzungen möglich machen. Auf der Webpräsenz des Projekts findet man im Bereich Marketplace mittlerweile eine breite Auswahl an Produkten, die als „OCP-Accepted“ oder „OCP-Inspired“ ausgezeichnet sind. Der Unterschied liegt im Wesentlichen darin, ob das Design Open Source ist oder nicht: Bei OCP Accepted sind die Informationen frei verfügbar, bei OCP-Inspired ist das nicht notwendig der Fall – dieses Privileg genießen Gold-, Silver- oder Platinum-Mitglieder. Beide Labels signalisieren aber, dass die Lösungen voll und ganz den OCP-Spezifikationen gerecht werden.
Das Ausgangsproblem hat sich für die meisten RZ-Betreiber dadurch allerdings nicht gelöst. Es hat sich vielmehr innerhalb der OCP noch einmal repliziert, auch dort schieden sich die Geister in Hyperscale- und HPC-Kunden einerseits, in „normale“ RZ-Anwender andererseits. Die praktische Konsequenz war die Gründung der Open19 Foundation, die 2016/2017 startete. Treibende Kraft war hier LinkedIn, mit Unterstützung von Flex, GE Digital, HP, LinkedIn und Vapor IO. Die Zahl 19 im Namen verweist darauf, dass sich diese Gruppe auf kosteneffiziente und unkomplizierte Hardware-Bereitstellung in 19-Zoll-Racks nach EIA-Standard ausgerichtet hat. Bestechend ist, dass diese Lösung mit deutlich weniger Komponentendubletten auskommt (Kabel, PDUs, Stecker etc.), indem sie den Schrankinhalt in drei Abteilungen sortiert: Brick Cage, Power Shelf und Network Switch. Die Ausrichtung von Open19 ist insofern deutlich näher am Bedarf von kleinen und mittleren Rechenzentren als die mitunter sehr spezifisch eingestellte Strategie des Open Compute Projects. Und: Das Open19-Konzept ist ausdrücklich für Edge-Installationen entwickelt – bei den RZ-Kästen am Netzwerkrand nämlich könnte eine flotte, einfache Standardbereitstellung zum entscheidenden Kriterium werden.