Mit dem unerkannten Königssohn Gendry aus „Game of Thrones“ hätte die Schmiedekunst derzeit sogar eine moderne Identifikationsfigur. Trotzdem plagen die Massivumformer – so heißen Schmiede, wenn sie in industriellem Maßstab zugange sind – Nachwuchssorgen. Junge Talente standen daher im Zentrum der Jahrestagung am 27. Juli 2019 in der Stadthalle Hagen.
Massivumformung meint „alle Verfahren, bei denen durch Werkzeuge an einem metallischen Werkstück Querschnittsänderungen erzeugt werden, ohne dabei Material abzutragen“ (Massivumformung kurz und bündig, S. 9), reicht also genau genommen vom Freiformschmieden über Gesenkschmieden und Kaltfließpressen bis zum Walzen und Drahtziehen. Im Fokus stehen derzeit allerdings Leichtbauverfahren – und gerade auf diesem Gebiet haben die Metaller mit der Materialkonkurrenz alternativer Verbundwerkstoffe, speziell faserverstärkter Kunststoffe, zu kämpfen.
In Anbetracht des Fachkräftemangels hat der Industrieverband Massivumformung e.V. (IMU) für seine Mitglieder einen internen Leitfaden entwickelt, der unter dem Motto „Neue Ideen schmieden“ praktische Hilfestellung zur Gestaltung der Candidate Journey von Auszubildenden gibt. Die Gewinnung und Bindung von Nachwuchskräften war auch der rote Faden, der sich durch die gesamte Veranstaltung zog, bis hin zur Podiumsschlussdiskussion mit dem Titel „massiverNACHWUCHS“. Dort zeigte sich, dass die nachrückenden Generationen – ähnlich wie in anderen Branchen auch – bei der Berufsorientierung stark auf die Work-Life-Balance achten und dass sie sich im besten Fall mit dem Unternehmen identifizieren wollen. Im Vorfeld wäre außerdem die Möglichkeit, eigene handfeste Erfahrungen zu machen, wichtig.
Zur Nachwuchsförderung gehören seit vergangenem Jahr die mit 1000 Euro dotierten Azubi-Awards. 2019 kommen die Ausgezeichneten von GKN Driveline (Trier), Hirschvogel Umformtechnik (Denklingen) und der Otto Fuchs KG (Meinerzhagen). Bei den IMU-Stipendien wiederum kam 2019 ein neues, mit 5000 Euro dotiertes Karl-Diederichs-Stipendium hinzu. Erster Stipendiat ist Julius Peddinghaus (Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen der TU Hannover), jeweils 3000 Euro Unterstützung erhalten Philip Bandura (Institut für Umformtechnik und Leichtbau der TU Dortmund) und Jonathan Böhm (Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart).
Ebenfalls nach Stuttgart ging der diesjährige Otto-Kienzle Preis (3000 Euro), mit dem der IMU junge Wissenschaftler auszeichnet, die sich mit praxisnahen Arbeiten zur Massivumformung hervorgetan haben: Preisträgerin 2019 ist IFU-Mitarbeiterin Nadezda Missal. Gewürdigt wird damit ihre Arbeit im Forschungsverbund Massiver Leichtbau, konkret in den Teilprojekten 4 und 6 (Erweiterung technologischer Grenzen bei der Massivumformung in unterschiedlichen Temperaturbereichen). Im Forschungsverbund haben sich Massivumformer und Stahlhersteller zusammengetan, um angesichts des Klimawandels die Chancen einer Gewichts- und damit auch CO₂-Emmissionsreduzierung im Automobilbau auszuloten – die im Herbst 2018 vorgestellten Ergebnisse sind durchaus beachtlich.