An deutschen Digitalstrategien herrscht derzeit kein Mangel. Neben GAIA-X, der geplanten europäischen Datendrehscheibe sind vor allem die Reizthemen KI und Blockchain im Gespräch.
Eine nationale KI-Strategie gibt es bereits seit Längerem. Die Fördermittel für diesen Bereich wurden 2019 mehrfach aufgestockt, und künstliche Intelligenz ist im Herbst in die zwölf „Missionen der Hightech-Strategie 2025“ aufgerückt: „Künstliche Intelligenz in Anwendung bringen“ steht dort neben Zielen wie „Biologische Vielfalt erhalten“, „Gut leben und arbeiten im ganzen Land“ und „Technik für den Menschen“. Praktisch dürften die Forschungsschwerpunkte auf Mobilität – sprich: autonome Fahrzeuge – und das Gesundheitswesen ausgerichtet sein (dort bewährt sich KI vor allem in der Diagnostik, wie zuletzt die Medica in Düsseldorf gezeigt hat). Die Bundesregierung orientiert sich damit weitgehend an den Handlungsempfehlungen, die der Bitkom im Februar publiziert hat. Ein Förderschwerpunkt liegt außerdem auf Explainable AI, also bei Vorhaben, die „Nachvollziehbarkeit, Erklärbarkeit und Transparenz“ von KI- bzw. ML-Systemen (Machine Learning) anstreben.
Ihre Blockchain-Strategie hat die Bundesregierung Mitte September verkündet. Auch hier herrscht offenbar die Vorstellung, dass Deutschland ohnehin einen Spitzenplatz innehat; nun gehe es darum „diesen Vorsprung zu halten“ und „Deutschlands führende Position ausbauen“. In der Umsetzung liegt der Vorsprung wohl eher nicht: In der Logistik – Lieferketten sind ein wichtiges Experimentierfeld der Technologie – setzen laut Bitkom gerade einmal 4 % der Unternehmen auf die Blockchain. Anders als bei KI sieht sich die Bundesregierung auf dem Weg in die „Token-Ökonomie“ ohnehin eher als Regulierer gefragt. Das dürfte daran liegen, dass die Blockchain-Technologie von Bitcoin und anderen Kryptowährungen her bekannt ist und Alternativen zur hoheitlichen Währung ermöglicht – jüngster Vorstoß ist Facebooks Libra-Projekt.
Das Handlungsfeld Nr. 1 der Blockchain-Strategie heißt entsprechend „Stabilität sichern und Innovationen stimulieren“: Im Finanzsektor soll das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere geöffnet werden. Vorgesehen ist ein Gesetzentwurf zur Regulierung des öffentlichen Angebots bestimmter Krypto-Token. Die weiteren Felder sind
- Fördermittel (für Projekte und Reallabore, unter anderem in der Energiewirtschaft; auch eine Blockchain-basierte Verifikation von Hochschulbildungszertifikaten soll erprobt werden),
- die rechtlichen Rahmenbedingungen inklusive Datenschutz,
- eigene Anwendungen (Verwaltungsdienstleistungen mit digitalen Identitäten werden dringend gebraucht) sowie schließlich noch
- „Informationen verbreiten“. Unter diesem Punkt sind Open-Data-Initiativen, Dialogreihen, Workshops und dergleichen zusammengefasst. Gemeint ist aus Perspektive der Bundesregierung vermutlich: Informationen einholen.
Eine gute Darstellung, wie Blockchain funktioniert, gibt Roland Freist im Magazin zur Digitalen Woche Dortmund 2019 (ab Seite 20), auch für das MittelstandsWiki hat er eine verständliche Blockchain-Einführung geschrieben, außerdem u.a. über Anwendungsfälle im Supply Chain Management. Bereits im August 2019 hatte der BDI ein Positionspapier zur Blockchain veröffentlicht. Der Branchenverband Bitkom bietet auf seiner Website für Unternehmen den Leitfaden „Evaluierung und Implementierung von Blockchain Use Cases“ an.