Die meisten Digitaldemonstratoren und Modellfabriken 4.0 haben einen Haken, nämlich den, dass sie rundum neu sind. Dagegen haben die meisten digitalisierungswilligen Unternehmen bereits eine Menge teurer Maschinen, die noch keineswegs am Ende ihres Lebenszyklus angekommen sind. Dann sind Retrofit-Konzepte gefragt.
Praktisch geht es darum, Bestandsanlagen die Fähigkeiten beizubringen, die für eine moderne flexible Fertigung erforderlich ist. Konkret betrifft das meist Steuer- und Recheneinheiten auf Shopfloor- und Feldebene, die nötige Sensorik sowie die Möglichkeiten der Datenkommunikation selbst (Connectivity). Für diesen letzten Punkt steht mit 5G bereits eine Funktechnologie bereit, die dank ihrer extrem kurzen Latenzzeiten Monitoring und Regelung praktisch in Echtzeit ermöglicht. Für das übrige will das Projekt 5GSensPro sorgen.
Bei dem vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen geführten 5GSensPro-Vorhaben sind unter anderen der Werkzeugmaschinenbauer QsQ aus Erkelenz, Marposs (Monitoring) aus dem niedersächsischen Egestorf, Meastream (Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik) aus Eschweiler und nicht zuletzt Oculavis (Fernwartung mit Datenbrillen und Augmented Reality) mit an Bord. Oculavis ist ein eng mit dem Fraunhofer IPT verbundenes Spin-off der RTWH Aachen.
5GSensPro läuft bis Juni 2022 und wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit fast einer halben Million Euro bezuschusst. Gemeinsam will das Konsortium beispielhaft testen, wie sich die hochdynamischen Zerspanungsprozesse sogenannter BLISKs (Blade Integrated Disks) für den Turbomaschinenbau optimal flexibel steuern lassen. Dazu werden Sensoren direkt auf dem Bauteil angebracht – deren enorme Datenmengen bilden dann die Basis einer virtuellen Produktionsumgebung, die über eine Basiseinheit zur Datenvorverarbeitung und ein 5G-Campusnetz letztlich in der Cloud stattfindet.
Im Plan dieses IIoT-Szenarios (Industrial Internet of Things) sind außerdem die entsprechende Software sowie Protokolle und Visualisierungsschnittstellen. Das Ziel besteht darin, „herkömmliche Maschinenparks in teilautonom agierende Systeme mit flexiblen Bearbeitungsstationen und optimaler Kapazitätsauslastung zu verwandeln.“ Neben den dynamischen Steuerungsaufgaben soll 5GSensPro durch Echtzeitmonitoring auch Predictive-Maintenance-Fähigkeiten entwickeln, also Wartungsbedarf rechtzeitig erkennen und dadurch Ausfallrisiken minimieren.