Zur TechTide in Hannover hatte Arconic Fastening Systems einen Schulungsroboter mitgebracht. Rainer Pätzold und Kai-Uwe Hoff zeigten damit, wie sie in Hildesheim die Mitarbeiter in Robotik weiterbilden. Zu Beginn der Digitalisierungskonferenz kürte Staatssekretär Stefan Muhle das Werk darum als „digitalen Ort Niedersachsen“.
Der Geschäftsbereich Fastening Systems des international agierenden US-Unternehmens produziert anspruchsvolle Verbindungstechnik, von Schrauben und Muttern über Drahtgewindeeinsätze und Blindnieten bis zu Werkzeug und Zubehör – am Standort Hildesheim sind es z.B. hochfeste Verbindungselemente für die Luft- und Raumfahrt. Dort hat man bereits 2017 begonnen, fünf Mitarbeiter zu Industrie-4.0-Trainern auszubilden, die wiederum ihr Wissen um Automatisierung und Robotik in die Belegschaft tragen sollen. Dieses Konzept, das mit Blick auf den Fachkräftemangel erarbeitet wurde, ergibt „Schulung auf Augenhöhe“, denn das Coaching-Team kommt selbst aus der Fertigung. Trainer und Trainees kennen einander, und die Ausbilder wissen, was sie voraussetzen können, was sie erklären müssen.
Das Weiterbildungskonzept bei Arconic setzt entschieden auf Anwenderkompetenz. Im Interview am Rande der TechTide-Konferenz erklärt Rainer Pätzold:
„Bei uns ist es halt so, dass wir Mitarbeiter höher qualifizieren als notwendig – wir wollen keine Knopfdrücker haben, wir wollen Leute haben, die verstehen, was im Hintergrund passiert.“
Denn Mitarbeiter, die Robotikprozesse verstehen, akzeptieren den Roboter, sie sind selbst in der Lage, für sichere Prozesse zu sorgen, leichte Störungen können sie selbst beheben – und in Verbindung mit der Arconic-Automationsabteilung können sie die Abläufe sogar noch weiter optimieren:
„Durch Ideen der Mitarbeiter konnten wir Prozesse optimieren – noch schneller sein. Weil der Mitarbeiter sagt: Mensch, du, ich hab die und die Idee! Und die kann er auch nur deshalb haben, weil er weiß, was passiert bei dem Roboter.“
Das Training beginnt bei den Grundlagen („Was ist überhaupt ein Roboter?“) und geht bis zur Roboterprogrammierung, anfangs mit einfachen Aufgaben („eine Kugel von A nach B zu legen“). Dazu gehören aber auch Aspekte der Arbeitssicherheit. Pätzolds Kollege Kai-Uwe Hoff betont, dass bei der Mensch-Maschine-Interaktion, besonders dort, wo beide Seiten kollaborativ, also quasi Hand in Hand arbeiten, die Sicherheitsaspekte stets eine wesentliche Rolle spielen. Die Cobots bei Arconic bringen daher Sensorhaut, Drehmomentüberwachung und andere entsprechende Arbeitssicherheitsfunktionen mit.
Mit der ersten Techtide sind die Deutsche Messe und das Niedersächsische Wirtschaftsministerium als gemeinsame Veranstalter sehr zufrieden: Rund 1000 Teilnehmer konnte die Digitalkonferenz am 3. und 4. Dezember 2019 verzeichnen, eine Fortsetzung 2020 ist bereits angekündigt. Ob das Event tatsächlich ein ‚kleiner Nachfolger für die Cebit‘ ist, mag offen bleiben – im Zeitfenster der ehemaligen Digitalmesse finden stattdessen bereits die secIT von Heise (25. und 26. März 2020) und demnächst erstmals der „offizielle“ Cebit-Nachfolger Twenty2X statt (17. bis 19. März 2020).
Weitere Interview-Berichte von der TechTide 2019
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