Vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern hat sich aus dem Forschungsbereich eingebettete Intelligenz Prof. Dr. Paul Lukowicz zu Wort gemeldet und die Möglichkeiten skizziert, wie KI künftig beim Umgang mit Epidemien helfen könnte.
Sinnvolle KI-Szenarien sieht der Forschungsbereichsleiter an mehreren Ansatzpunkten, zuerst bei der Früherkennung:
„Wenn Sie die Aufnahmeberichte sämtlicher Kliniken im Land vernetzen würden und ein Algorithmus diese Berichte permanent auf auffällige Häufungen prüfen würde, hätte man die Epidemie des neuen Coronavirus wohl lange vor der Ausbreitung bemerkt.“
Notwendige Bedingung für eine derartige Big-Data-Analyse ist allerdings der konsolidierte Zugang zu den Patientendaten. Tatsächlich zeigt ein Rückblick auf den bisherigen Pandemieverlauf, dass die Häufung der Fälle durchaus automatisiert erkannt wurde, dass aber erst menschliche Intervention das Auftreten in seiner Bedeutung erfasste.
Auch bei Prognosen zur Verbreitung eines Erregers wie des Corona-Virus SARS-CoV-2 könnte sich künstliche Intelligenz als praktisch erweisen, etwa durch die Analyse der Flugbewegungen weltweit. Die entsprechenden Daten liegen in diesem Fall relativ problemlos vor – das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt z.B. visualisiert den Schiffs- und Flugverkehr online.
Als drittes epidemologisches KI-Einsatzgebiet nennt Lukowicz die Diagnostik. Auf diesem Gebiet, namentlich bei der Bildanalyse, haben sich entsprechend trainierte Maschinen bereits vielfach bewährt. Das reicht von Anwender-Apps wie Ada bis hin zu großen Forschungsprojekten. In Deutschland ist u.a. das mit 10 Millionen Euro geförderte Projekt Cancer Scout gestartet, das sich die digitale Biopsie mithilfe von KI zum Ziel gesetzt hat. Laut BMBF investiert der Bund derzeit „90 Millionen Euro in mehr als 60 Vorhaben, die sich dezidiert mit KI-Ansätzen in der Medizin beschäftigen“.
Aus China meldet Alibaba, dass ein Algorithmus, dem man Computertomografiebilder vorlegt, ad hoc entscheiden könne, ob eine Covid-19-Erkrankung vorliegt – und zwar mit einer Zuverlässigkeit von 96 %. Relevante Forschung gäbe es auch am DFKI selbst; dort sind bereits Projekte abgeschlossen, die u.a. aus Smartphone-Daten die Dichte einer Menschenmenge extrapolieren, Studien zum Notfall- und Krisenmanagement oder das Projekt „Datenintelligenz für klinische Lösungen“ (KDI) – dabei ging es genau um den problematischen Umgang mit Big Patientendaten, um Zugang, Zusammenführung und Anonymisierung. Beteiligt waren neben dem DFKI u.a. das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Siemens, die Charité Berlin und das Universitätsklinikum Erlangen.