Zu Beginn der Coronakrise hatte das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn darauf hingewiesen, dass es in manchen Branchen eine Zeitlang dauern werde, bis die Notlage über die Lieferketten auf die Unternehmen des Mittelstands durchschlagen werde. Diese Situation ist mittlerweile eingetreten.
Im März hatte das IfM Bonn bereits davor gewarnt, dass bei längerem Stillstand ein „Übergreifen der negativen wirtschaftlichen Folgen auf weitere mittelständische Wirtschaftsbereiche sowie auf die Zulieferer“ zu befürchten sei. Als Zeithorizont wurden für dieses Szenario sechs Monate angesetzt – nun ist der Domino-Effekt bereits deutlich eher zu spüren, wie Institutspräsidentin Prof. Dr. Friederike Welter und Hans-Jürgen Wolter in ihren aktuellen Anmerkungen zum Konjunktur- und Krisenbewältigungs- sowie Zukunftspaket vermerken: Es „zeigen sich bereits jetzt zeitlich verzögerte und regional unterschiedliche Krisenauswirkungen bei anfänglich nicht tangierten Unternehmen.“
Die Senkung der Mehrwertsteuersätze, das vereinfachte Stundungsverfahren bei Sozialversicherungsbeiträgen und andere steuerliche Erleichterungen notiert das IfM-Papier als grundsätzlich positiv, merkt jedoch an, dass diese Instrumente z.T. wenig nachhaltig sind oder erst auf längere Sicht ihre Wirkung entfalten. Bei der Mehrwertsteuer z.B. wäre es „trotz des erheblichen Finanzbedarfs überlegenswert, diese Senkung über einen längeren Zeitraum beizubehalten und dies möglichst frühzeitig zu kommunizieren.“
Für andere Maßnahmen findet das Papier noch kräftigere Worte. Die steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung etwa sieht das IfM als doppeltes Risiko (Kapital- und Arbeitsplatzverlust):
„Warum diese besondere Form der Kapitalanlage volkswirtschaftlich besonders vorteilhaft sein soll, erschließt sich uns nicht. […] Viele der vermuteten positiven Wirkungen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung sind weder theoretisch noch empirisch nachweisbar.“
Ein wunder Punkt sind außerdem weiter „Soloselbstständige mit geringen oder keinen betrieblichen Fixkosten“, denn ausschließlich diese Fixkosten sind bislang förderfähig. Generell kritisiert das IfM die derzeitigen Regelungen als zu starr. „Uns erscheint das Kriterium des Umsatzrückgangs um mindestens 60 % im Vergleich zu den Vorjahresmonaten als eindimensional und willkürlich“, notieren Welter und Wolter, die stattdessen zu einer feineren Staffelung der Leistungen raten. Auch die angenommene Gleichmäßigkeit der Einnahmeströme bei Selbstständigen und insbesondere Freiberuflern geht in ihren Augen an der Realität vorbei. Für Selbstständige im Kulturbereich könnte sich das IfM sogar ein gesondertes Programm vorstellen.
Weitere Gegenstände der Betrachtung sind das Zukunftspaket und seine Umsetzung, der Bonus für Auszubildende, der Umgang mit Insolvenzen und die regionalen Unterschiede der Post-Corona-Wirtschaft sowie öffentliche Investitionen und speziell die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Das lesenswerte 9-Seiten-Papier gibt es beim IfM Bonn kostenfrei als PDF zum Herunterladen.