In der Covid-19-Pandemie sind auf einmal Digitalisierungsvorhaben Wirklichkeit geworden, die sonst Monate und Jahre gebraucht hätten. Das gilt auch in den öffentlichen Verwaltungen. Was jetzt zuerst zu tun ist, hängt von der Größe der Kommune ab – und vom OZG.
„Digitalisierung ist in der Krise kein Nice-to-have, sondern ein Must-have“, sagte Ernst Bürger, der im BMI u.a. für Verwaltungsdigitalisierung zuständig und insgesamt optimistisch ist. Auch die Person des neuen CIOs Bund Dr. Markus Richter gab Anlass zur Zuversicht, ebenso wie das überraschend vernünftige Umschwenken der Corona-Warn-App auf dezentrale Speicherung.
Auch in den Kommunen selbst steht eine Reihe von Aufgaben an, von denen mindestens eine kein Must-have, sondern ein Must-do ist: die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). In der KfW-Sonderauswertung zum Prä-Corona-Kommunalpanel 2020 (Fokus Volkswirtschaft Nr. 298), die Dr. Stephan Brand und Dr. Johannes Steinbrecher gemeinsam mit Elisabeth Krone, wissenschaftlicher Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Urbanistik (difu), erarbeitet haben, taucht dieses Stichwort nur in einer Fußnote auf. Das ist erstaunlich, denn das OZG relativiert sämtliche Antworten auf die Frage, was sich die Kommunen von der Digitalisierung erhoffen. Verbesserte Prozesse, effizientere Abläufe, bessere Service- bzw. Leistungsangebote sind sicher valide Erwartungen an die Verwaltungsdigitalisierung – eingespannt sind diese Hoffnungen aber oft in den Horizont der unverhandelbaren OZG-Vorgaben. Was die Kommunen wollen, ist gewiss interessant; wichtig ist aber zuerst das, was sie müssen.
Die praktischen Konsequenzen, für die sich das KfW-Papier interessiert, sind die „Auswirkungen […] die die Digitalisierung auf die kommunalen Haushalte und Investitionen entfalten wird“, mit anderen Worten: Was kostet die Digitalisierung die Kommunen? Die klare Antwort: Das weiß niemand. Entsprechend lautet der KfW-Untertitel „Große Erwartungen treffen auf viele offene Fragen“.
Apropos groß: Am meisten unterscheiden sich die Panel-Antworten der Kämmerer im Hinblick auf die Größe der Kommune (und weniger nach der Finanzkraft). Tatsächlich „heißt Digitalisierung in großen Städten etwas anderes als in kleinen Gemeinden.“ Für große Kommunen ist das Thema Digitalisierung grundsätzlich relevanter, sie versprechen sich tendenziell größere Vorteile davon, sehen aber auch eher die Risiken und den organisatorischen Aufwand. Entsprechend mahnen die KfW-Autoren die Politik, diesen Unterschieden auch in der Gestaltung der Förderkulisse etc. Rechnung zu tragen und kleineren Kommunen ausreichend Freiheit zu lassen:
„Während die durchgehende Umsetzung beispielsweise von E-Government-Angeboten eher eine Top-Bottom-Vorgabe von Standards und eine Verhinderung teurer ‚Insellösungen‘ bedingt, sind es eben die kommunalen Unterschiede, die möglichst viel eigenen Entscheidungsspielraum nahelegen.“
Das ist der Satz, an dem die OZG-Fußnote hängt.
Das KfW-Papier „Digitalisierung in Kommunen: Große Erwartungen treffen auf viele offene Fragen“ (Fokus Volkswirtschaft; 298) gibt es bei der KfW als freies PDF zum Herunterladen.