Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat gestern erste Ergebnisse des „Infrastrukturatlas Deutschland“ vorgestellt. Er soll Fragen der Erreichbarkeit von Schulen, Krankenhäusern, Ämtern etc. klären und hat dabei besonders den öffentlichen Personennahverkehr im Auge.
Der Kern des Forschungsprojektes, das in Kooperation mit dem TÜV Rheinland durchgeführt wird, ist ein bundesweiter Datensatz, der u.a. erfasst, wie lange man von einer beliebigen Adresse in Deutschland im Durchschnitt bis zur nächstgelegenen Einrichtung braucht. Die Ziele gliedern sich in sieben Gruppen: Bildung (Kitas, Grundschulen etc.), berufliche Bildung (Berufsschulen, Universitäten), Gesundheit (Arzt, Zahnarzt, Krankenhäuser), Verkehrsknotenpunkte (Bahnhöfe, Autobahnauffahrten), Sicherheit (Polizei, Feuerwehr), Verwaltung und Zentren (v.a. Rathäuser) sowie Kultur und Freizeit (Museen, Schwimmbäder etc.). Als Wegoptionen kennt die Erreichbarkeitsanalyse Auto (mit und ohne Verkehr), Fußweg, Fahrrad und ÖPNV.
„Bei einer Ausgangsbasis von ca. 22 Mio. Adressen, 22 Infrastrukturtypen und 5 Verkehrsmodi ergeben sich bereits über 2 Milliarden Quelle-Ziel-Relationen, die auf einem detaillierten Straßen- und ÖPNV-Netz gerechnet werden.“
Erste Auswertungen enthält der Abschlussbericht. Die Daten stehen zudem auf der Projektwebsite zum Download zur Verfügung. Zu wünschen wäre freilich eine zeitgemäßere, interaktive Online-Aufbereitung, damit z.B. Kommunen bei der ÖPNV-Diskussion die örtliche Infrastrukturlage einfacher abfragen und überschauen können. Dass die Website an diesem Punkt auf die weitere Auswertung durch „interessierte Stellen“ verweist, ist etwas unbefriedigend.
Daneben sollte ein zweites Ziel des Projekts nicht übersehen werden: Dem Infrastrukturatlas geht es auch darum, „das Anwendungspotential von sogenannten Geodaten für die Analyse öffentlicher Infrastrukturausstattungen aufzeigen.“ Bei diesen Geodaten greift das Projekt auf OpenStreetMap zurück – und auch sonst steckt unter der Haube ein gutes Stück Open Source: Die Streckenfindung besorgt die Open-Source-Software Urban Mobility Accessibility Computer (UrMoAC, auf GitHub) zur Berechnung von Erreichbarkeiten; Simon Nieland, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DLR-Institut für Verkehrsforschung hat sie auf der FOSSGIS-Konferenz 2019 in Dresden ausführlich vorgestellt, die Videoaufzeichnung des Vortrags hat der CCC online. Die ÖPNV-Verbindungen bezieht der Atlas dagegen aus der Durchgängigen ELektronische FahrgastInformation (DELFI) über die etablierte HaCon-Lösung HAFAS.