Die amtliche Statistik zeigt, dass immer weniger Auszubildende ihre Lehre in Kleinstbetrieben machen. Von 2005 bis 2019 ist ihre Zahl von 383.000 auf rund 246.000 gesunken. Das IfM Bonn jedoch hebt in seiner jüngsten Publikation hervor, dass die Zahlen trügen. Gerade die kleinen Betriebe bilden durchaus aus – wenn sie ihre Stellen besetzen können.
Die Destatis-Zahlen erfassen nämlich nur die Betriebe, deren Ausbildungsplätze auch passende Bewerber finden:
„In der amtlichen Berechnung der Ausbildungsbeteiligung werden jene Betriebe nicht erfasst, die zwar Ausbildungsstellen angeboten haben, diese aber nicht besetzen konnten und auch keine weiteren Auszubildenden im Betrieb aufweisen.“
Der IfM-Studie „Herausforderungen der Berufsausbildung in Kleinstbetrieben“ von Dr. André Pahnke, Dr. Annette Icks, Dr. Siegrun Brink zeigt vielmehr, dass kleine Unternehmen sehr wohl ausbildungsbereit sind und Stellen anbieten – aber auch, dass es ihnen schwerer fällt, diese Stellen zu besetzen. Ein Abgleich mit den Daten des BIBB-Qualifizierungspanels ergibt, dass der Anteil der ausbildungsbereiten Kleinstbetriebe sogar gestiegen ist. Allein zwischen 2011 und 2017 hat sich ihr Anteil verdoppelt: von 6 auf 12 %. Sie fallen aber auch besonders leicht aus der offiziellen Statistik, weil sie oft ein oder zwei Ausbildungsstellen haben (zuletzt durchschnittlich 1,3) – wenn hier auch nur ein Azubi zurückzieht, fällt die Ausbildung gleich zu 100 % ins Wasser.
Wenn also mehr Kleinbetriebe (Betrieb mit maximal neun Beschäftigten) gerne ausbilden würden, aber unterm Strich weniger Kleinbetriebe tatsächlich ausbilden – woran liegt das? Es liegt vor allem daran, dass die Betriebe schlicht keine oder keine geeigneten Bewerber finden. In manchen Branchen, etwa im Bäckerhandwerk, ist dieses Problem seit Längerem notorisch. Das liegt wiederum zum Teil an Passungsproblemen, zum Teil an der Bewerbersituation: Es gehen zu wenige oder gar keine Bewerbungen ein.
„Rund 30 % der Betriebe mit Stellenbesetzungsproblemen haben keine einzige Bewerbung erhalten, was einer Verfünffachung dieses Anteilswertes über den Zeitraum von 2012 bis 2018 entspricht.“
Das nächstgrößte Hindernis ist, dass das Arbeitsamt zu oft ungeeignete Kandidaten vorbeischicke. Hinzu kommt, dass bei fast jedem vierten Betrieb die Bewerber abspringen, wie Studienleiterin Dr. Annette Icks sagt:
„Ein weiteres Problem für die Kleinstbetriebe ist, dass die Auszubildenden häufiger als in mittleren und großen Betrieben nach der Probezeit ihre Verträge kündigen– oder trotz Übernahmegarantie diese nach dem erfolgreichen Ausbildungsabschluss verlassen.“
Kosten und Organisationsaufwand des Ausbildens und die Mühseligkeiten der Bewerbersuche spielen freilich ebenfalls eine Rolle, ebenso die Frage, wie attraktiv der Ausbildungsberuf für die Jugend ist (bzw. als wie attraktiv er wahrgenommen wird).
An diesem Punkt setzt das Schlusskapitel der Studie an (Seite 28): „Wie aber können Kleinstbetriebe ihre Attraktivität verbessern?“ Zu den Optionen, die das IfM Bonn prüft, gehören u.a. Übernahmegarantien, diverse monetäre Anreize – die allerdings auch von größeren Unternehmen im Wettbewerb um die besten Nachwuchsköpfe genutzt werden – und eine stärkere Verschränkung mit dem Dualen Studium. Hier könnten sich, zumindest für Berufsbilder wie den beliebten Kfz-Mechatroniker, durchaus interessante Wege öffnen, die auch die Politik nicht aus den Augen verlieren sollte.
Das 55-Seiten-Studie „Herausforderungen der Berufsausbildung in Kleinstbetrieben“ ist als Nr. 284 der Reihe IfM-Materialien erschienen, man bekommt sie beim Institut für Mittelstandsforschung Bonn als freies PDF zum Download.