Gilt als rechtsverbindlich zugestellt
Von Sabine Philipp
Unter dem Begriff De-Mail plant die Bundesregierung die Einführung eines elektronischen Postverkehrs durch so genannte Bürgerportale, über die Rechnungen, Bescheinigungen, vertrags- und geschäftsrelevante Unterlagen sowie vertrauliche Dokumente „per Knopfdruck“ so versendet werden können, dass sie vor Gericht Bestand haben.
Der Hightech-Branchenverband BITKOM ist sehr dafür, doch das entsprechende Gesetz zur Regelung von Bürgerportalen hatte es am 3. April 2009 noch nicht durch den Bundesrat geschafft.
E-Post übers Bürgerportal
Die Einführung war zunächst bis 2010 geplant. Die Bürgerportale denkt sich das Bundesministerium des Innern als eine Infrastruktur, die „einen sicheren Ort im Netz und eine vertrauliche sowie verbindliche Kommunikation über das Internet“ (Überblick Bürgerportale, V 0.98, PDF) ermöglicht. Gemeint sind also E-Commerce– bzw. E-Government-Portale für die Bürger. Es handelt sich dabei aber nicht um staatlich geführte Anlaufstellen; vielmehr sollen die Portale von unterschiedlichen, zertifizierten Anbietern bereitgestellt werden, die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen müssen. Damit die übergreifende Kommunikation klappt, werden sie in einem Verbund zusammengefasst.
De-Mail wird dabei sicher verschlüsselt übertragen, z.B. über eine SSL/TLS-Verbindung, so dass die Nachrichten nicht von Dritten heimlich mitgelesen oder verändert werden können. Bevor die Post abgeht, wird zusätzlich die Identität des Versenders und des Empfängers geprüft. Diese Form der Kommunikation gilt als sicher und vertrauenswürdig, weshalb De-Mail Unternehmen in Zukunft das Briefporto ersparen soll. Da die Dokumente außerdem schneller (weiter)bearbeitet werden können, spielt auch die Zeitersparnis eine Rolle, ebenso wie die Möglichkeit der raschen Fristenwahrung. Insgesamt schätzt das Bundesinnenministerium, dass Bürger und Unternehmer jährlich 1 bis 1,5 Mrd. Euro einsparen.
Übermitteln und archivieren
Für Privatleute und Unternehmer genügt es, ein De-Mail-Postfach bei einem akkreditierten Anbieter ihrer Wahl zu eröffnen. Das werden Provider sein, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) zertifiziert und akkreditiert wurden. Um den Segen der Behörde zu erhalten, müssen sie strenge Sicherheitsvorgaben erfüllen und sich in regelmäßigen Abständen von unabhängigen Dritten prüfen lassen.
Damit niemand in fremdem Namen Rechnungen verschickt, wird bei der Erstanmeldung eine sichere Identifizierung z.B. durch den Personalausweis verlangt. Man darf sich die Prozedur wie die Eröffnung eines Bankkontos vorstellen. Die persönliche De-Mail-Adresse setzt sich aus Vor- und Nachnamen und der Bürgerportal-Domain zusammen.
Bei der De-Mail haben Sie zwei Optionen, die Standard-Variante De-Mail und das besonders sichere Einschreiben:
- Bei der Option De-Mail ist Ihre Nachricht vor den neugierigen Augen Dritter und gegen Änderungen am Nachrichteninhalt und den Metadaten geschützt.
- Beim De-Mail-Einschreiben erhalten Sie zusätzlich eine qualifiziert signierte Bestätigung darüber, wann die Nachricht verschickt wurde und wann sie in das Postfach des Empfängers eingestellt worden ist.
Vor dem Versand können Sie noch festlegen, dass der Empfänger ein Authentisierungsniveau der Stufe „hoch“ haben muss, damit er die Nachricht überhaupt lesen kann. Diese Option nennt sich „Persönliche Zustellung“.
Da es sich bei den De-Mails um rechtsverbindliche Dokumente handelt, die revisionssicher archiviert werden müssen, dürfte für Unternehmer außerdem interessant sein, dass die zertifizierten Provider dazu verpflichtet werden sollen, einen Dokumentensafe anzubieten. In dem können Sie Ihre Nachrichten langfristig so speichern, dass sie den Anforderungen der gestrengen Wirtschaftsprüfer gerecht werden.
Fazit: Auf die Handhabung kommt es an
Nicht ob das Bürgerportal-Projekt startet, sondern wie es genau aussehen wird, ist die Frage. Denn Deutschland hat bis Ende 2009 Zeit, die EU-Dienstleistungsrichtlinie von 2006 umzusetzen, die wesentliche Erleichterungen für die einheitliche elektronische Geschäftsabwicklung vorsieht.
Neben einer ganzen Reihe von Einzelfragen steht besonders das geplante System der akkreditierten Diensteanbieter in der Kritik, und zwar von verschiedenen Seiten: Es sei zu undurchsichtig und unkontrollierbar, privilegiere außerdem Anbieter wie die Deutsche Telekom, die sich obendrein in Sachen Datenschutz keineswegs als vollkommen verlässlich erwiesen hat. Der Bundesrat erwartet unterm Strich „eine verwirrende oder unüberschaubare Infrastruktur“ (Empfehlungen der Ausschüsse, S. 3), deren Sicherheit zweifelhaft sei, und er bemängelt „die Vermengung kommerzieller Interessen und hoheitlicher Aufgaben“.
Für Unternehmen von Bedeutung dürfte ein anderer Kritikpunkt der Ausschüsse sein, der sich mit der Wirtschaft als Empfänger elektronischer Post beschäftigt: Aus einer „Zustellung“ (von Gerichtsurteilen, Widerspruchsbescheiden etc.) werde eine Abholpflicht, die nur bei intaktem IT-System möglich und obendrein so gut wie nicht delegierbar ist (anders als die Briefkastenleerung). Tatsächlich dürften Firmen gut beraten sein, wenn sie die praktische Postabwicklung via De-Mail realistisch durchspielen – und sich bei dieser Gelegenheit ein paar Wörterbücher anschaffen. Denn dass die De- bzw. EU-Mail-Post auf Deutsch eintrifft, ist z.B. keineswegs ausgemacht.