Eigenkapitalquote, Teil 1

Ohne Laufzeit, ohne Zinsen

Von Gerald Strömer

Das Eigenkapital (Equity) ist der Teil des unternehmerischen Gesamtvermögens, der nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten und Schulden übrig bleibt. Beim Eigenkapital handelt es sich um diejenigen finanziellen Mittel, die einem Unternehmen von seinen Eigentümern ohne zeitliche Begrenzung zur Verfügung gestellt werden.

Dieses von den Eigentümern eingezahlten Kapital heißt bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bzw. einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschänkt) Stammkapital (mindestens 25.000 Euro bzw. mindestens 1 Euro) und bei einer Aktiengesellschaft (mindestens 50.000 Euro) Grundkapital. Zum Eigenkapital zählen außerdem noch die offenen und stillen Rücklagen sowie ein eventueller Gewinnvortrag. Je nach Rechtsform des Unternehmens zählt auch das persönliche Vermögen der Eigentümer dazu.

Woher das Geld kommt

Die Erhöhung des Eigenkapitals erfolgt entweder von außen (Zuführung neuer Mittel durch Einlagen der Eigentümer im Zuge einer Kapitalerhöhung) oder von innen (Ansammlung und Einbehaltung von Gewinnen, also Gewinnverzicht und Thesaurierung). Diese Zuführung von innen wird bei einem gesunden Unternehmen als die klassische Selbstfinanzierung im engeren Sinne betrachtet. Der dabei einbehaltene Gewinn wird dabei entweder den Rücklagen zugeführt oder auf neue Rechnung vorgetragen.

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Schwarz auf Weiß
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Auf diese Weise erhält das Unternehmen nicht nicht nur frische Zahlungsmittel, sondern verbessert logischerweise auch die Widerstandsfähigkeit der Firma gegenüber Turbulenzen am Markt, ermöglicht Wachstumsvorhaben und erlaubt in größerem Rahmen geschäftliche Risiken. Je mehr Eigenkapital vorhanden ist, desto leichter kann das Unternehmen zeitweise Verluste hinnehmen, ohne deshalb auf die Schnelle und damit unter erschwerten Bedingungen Fremdkapital akquirieren oder im schlimmsten Fall in die Insolvenz gehen zu müssen. Ein hoher Eigenkapitalanteil erhöht daher die Konkurrenzfähigkeit und Unabhängigkeit jedes Unternehmens.

Bilanzierung
Das Eigenkapital wird nach § 266 Abs. 3 A Handelsgesetzbuch (HGB) der Passivseite der Bilanz zugerechnet und gliedert sich wie folgt:

  1. Gezeichnetes Kapital
  2. Kapital­rücklage
  3. Gewinn­rücklagen
    1. gesetzliche Rück­lagen
    2. Rücklagen für eigene Anteile
    3. satzungsmäßige Rück­lagen
    4. andere Gewinn­rücklagen
  4. Gewinn­vortrag/Verlust­vortrag
  5. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Eigenkapital hat für Unter­nehmen eine große Be­deutung, die sich in drei Kern­argumenten zu­sammen­fassen lässt:

  • Sicherheit: Eigenkapital ver­ringert die Ge­fahr von Li­quiditäts­problemen.
  • Unabhängigkeit: Nur wer über aus­reichend Eigen­kapital verfügt, kann schnell und flexibel auf er­neuten Fi­nanzierungs­bedarf re­agieren (z.B. für In­vesti­tionen bei Markt­änderungen).
  • Vertrauen: Das eingesetzte Eigen­kapital gilt für Kapital­geber (z.B. Ban­ken und Spar­kassen) als Mess­latte der Ernst­haftig­keit eines Vorhabens.
Serie: Eigenkapital
Teil 1 ist ein Überblick und sortiert das Gesamtvermögen nach möglichen Quellen und Konditionen. Teil 2 erläutert die Anteils­berechnung und sagt, warum die Haus­mittel für die wei­tere Finan­zierung ent­scheidend sind.

Rückstellen oder zuschießen

Bei einem neu gegründeten Unternehmen ohne Fremdkapitalgeber erfolgt die Kapitalzufuhr in der Regel anfänglich ausschließlich von außen – und zwar in Form von Einlagen der Eigentümer. Bei zunehmendem Geschäftserfolg verschiebt sich das Verhältnis immer mehr zur Innenfinanzierung, also auf die Bildung von Rücklagen aus erzielten Gewinnen. Ist das Unternehmen schließlich geschäftlich etabliert, wirtschaftlich gesund und erfolgreich in seinem Marktsegment tätig, ist bei organischem Wachstum im Idealfall überhaupt keine äußere Zufuhr von Eigenkapital mehr nötig. Es wird dann ausschließlich über die Innenfinanzierung erhöht.

Bestenfalls größere Anschaffungen, z.B. die Übernahme eines konkurrierenden Unternehmens, eine grundlegende Modernisierung von Produktionsanlagen oder andere Projekte ungewöhnlicher Größenordnung, sollten dann noch eine von außen erfolgende Erhöhung des Eigenkapitals bedingen – wenn überhaupt. In den meisten Fällen wird dann aber auf Fremdkapital zurückgegriffen – so es denn für das Unternehmen verfügbar ist.

Fremdkapital
Bei Fremdkapital handelt es sich um zeit­lich be­fristete Mittel ex­terner Kapital­geber, mit denen das Unter­nehmens­vermögen durch Schulden­aufnahme finan­ziert wurde. Fremd­kapital wird wie das Eigen­kapital der Passiv­seite der Bilanz eines Unter­nehmens zugerechnet. Von Fremdkapital spricht man per De­finition dann, wenn:

  • die Kapitalüberlassung nach all­ge­meinen schuld­recht­lichen Re­geln künd­bar und befristet ist,
  • die Kapitalüberlassung einen Ver­gütungs­anspruch des Kapital­gebers be­gründet und
  • der Kapitalgeber nicht an dem Unter­nehmen be­teiligt ist und dem­entsprechend nicht haftet.

Zum Fremdkapital zählen:

  • Verbind­lichkeiten (z.B. Dar­lehen von Ban­ken, Ob­li­ga­tio­nen und andere Finanztitel),
  • Rückstellungen für vorher­seh­bare, später zu leis­ten­de Zah­lungen, zu denen das Unter­nehmen ver­pflichtet ist (z.B. Steuer­zahlungen oder Sozial­leistungen) und
  • Rechnungs­abgrenzungs­posten (korrekte Zu­weisung von Rechnungs­posten zur richti­gen Rechnungs­periode, z.B im Jahres­abschluss).

Übrigens können auch Eigentümer oder Mit­arbeiter eines Unter­nehmens als Fremd­kapital­geber auf­treten, die dem Unter­nehmen ein Dar­lehen ge­währen. Dieses so ge­nannte unter­nehmens­nahe Fremd­kapital fällt in den Be­reich Verbindlichkeiten.

Die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital zeigt sich in einem gedachten Insolvenzfall am besten: Während rückständiges Eigenkapital, das von einem Gesellschafter hätte aufgebracht werden müssen, vom Insolvenzverwalter als Leistung in die Insolvenzmasse verlangt werden kann (§ 171 Abs. 2 HGB), ist dies bei einem Kredit eines Gesellschafters an das Unternehmen oder dem Fremdkapital eines Nichtgesellschafters nicht möglich. Im Gegenteil: Hier besteht für den Kreditgeber sogar ein außerordentliches Kündigungsrecht für das Darlehen (§ 490 Abs. 1 BGB). Ist der Kredit bereits gewährt, nimmt der Rückforderungsanspruch als Insolvenzforderung am Verfahren teil.

Teil 2 dieser Serie geht näher auf die Eigenkapitalquote ein und setzt auseinander, warum sie für Kreditvorhaben etc. so wichtig ist.

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