Garantien blockieren Neueinstellungen
Von Sabine Philipp
Für alle Betriebe, die mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigen, gelten das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und die Kündigungsfristen. Auch mittelständische Unternehmer sollten sich daher beizeiten mit den gesetzlichen Vorgaben vertraut machen. So können z.B. auch Leiharbeiter unter bestimmten Voraussetzungen zur Betriebsgröße beitragen. Und auch der Datenschutzbeauftragte genießt weitgehenden Kündigungsschutz.
Wenn Sie seit dem 1. Januar 2004 mehr als zehn Vollzeitbeschäftigte (ausgenommen Lehrlinge) haben, fällt Ihr Betrieb unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das heißt, dass Sie Ihre Mitarbeiter nicht ohne sachlichen Grund feuern können. Falls der Kündigungskandidat schon vor dem 1. Januar 2004 bei Ihnen tätig war, liegt der Schwellenwert bei fünf Mitarbeitern. Auch hier sind Azubis nicht inbegriffen.
Kündigungsschutzgesetz
Als Vollzeitbeschäftigter gilt, wer regelmäßig mehr als 30 Stunden pro Woche arbeitet. Bei bis zu 20 Stunden pro Woche zählt der Kollege nur mit 0,5 zur Belegschaft, über 20 und bis zu 30 Stunden zählt er 0,75. Im Klartext: Auch wenn Sie mehr als 20 Teilzeitkräfte à 20 Stunden beschäftigen, fällt ihr Betrieb unter das Kündigungsschutzgesetz.
Wer weniger Angestellte hat, muss sich aber immer noch an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) halten. Das verbietet Ihnen, bestimmte Gruppen zu benachteiligen.
Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Sobald der Mitarbeiter sie in den Händen hält, hat er drei Wochen Zeit, um beim zuständigen Arbeitsgericht dagegen zu klagen.
Die Fallen der Fälle
Das Kündigungsschutzgesetz greift bei verschiedenen Einzelfällen. Darüber hinaus sind bei manchen Arbeitnehmern noch andere gesetzliche Regelungen zu beachten.
Schutzbedürftige
Besonderen Schutz genießen Schwangere und Mütter bis vier Monate nach der Entbindung (Mutterschutzgesetz), Arbeitnehmer in Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz) und alle, die Grundwehrdienst bzw. Zivildienst leisten oder eine zweijährige Dienstzeit als Zeitsoldat absolvieren (Arbeitsplatzschutzgesetz). Solche Mitarbeiter sind quasi unkündbar. Das gilt seit 2008 ebenso für Mitarbeiter in Pflegezeit.
Bei der Kündigung von Schwerbehinderten muss das Integrationsamt zustimmen (Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch).
Betriebsräte oder andere Betriebsverfassungsorgane, wie z.B. einen Auszubildendenvertreter, dürfen Sie nur feuern, wenn die Gründe für eine außerordentliche Kündigung ausreichen (§ 15 KSchG und § 16 KSchG). Dieser Schutz gilt auch bei Kleinbetrieben.
Betriebsbedingte Kündigung
Die Aufträge gehen rapide zurück oder Sie müssen ein Werk schließen? Dann können betriebsbedingte Kündigungen nötig werden. Falls mehrere Mitarbeiter in Betracht kommen, müssen Sie eine Sozialauswahl vornehmen, d.h. der jüngere Arbeitnehmer geht vor dem Älteren und der Single vor dem Familienvater.
Personenbedingte Kündigung
Einem Arbeitnehmer, der den Job nicht mehr machen kann, dem die nötige Arbeitserlaubnis fehlt oder der wegen Krankheit dauerhaft nicht arbeitsfähig ist, können Sie personenbedingt kündigen.
Verhaltensbedingte Kündigung
Ein Mitarbeiter kommt ständig zu spät, täuscht eine Krankheit vor oder treibt andere üble Scherze? Dann könnte er ein Kandidat für eine verhaltensbedingte Kündigung sein. Bei Schlecht- oder Minderleistung müssen Sie ihn vorher aber dreimal wegen gleicher oder ähnlicher Vorkommnisse abmahnen. Schwierig wird die Sache in der Praxis oft bei den Saumseligkeiten von Alkoholikern, denn falls es sich um eine diagnostizierte Sucht handelt, ist dann nur eine krankheitsbedingte Kündigung möglich.
Außerordentliche Kündigung
Wenn Sie ein Arbeitnehmer grob beleidigt oder wenn er sich andere derbe Frechheiten erlaubt, können Sie ihn fristlos feuern. Der Vorfall muss aber so gravierend sein, dass man Ihnen die Gegenwart des Mitarbeiters bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumuten kann.
Sie müssen die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach dem Ereignis aussprechen. Die Frist beginnt, sobald Sie davon gehört haben.
Ein Beispiel: Der Mitarbeiter war zwei Wochen krank. Drei Monate später erfahren Sie, dass er während dieser Zeit schwarz auf dem Bau gearbeitet hat. Nun haben Sie zwei Wochen Zeit, um dem Herrn zu kündigen.
Ordentliche Kündigung
Bei einer ordentlichen Kündigung müssen hingegen die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten werden. Diese hängen davon ab, wie lange der Arbeitnehmer für Sie tätig war. Sie gehen von vier Wochen bis hin zu sieben Monaten (etwa bei zwanzigjähriger Betriebszugehörigkeit). Wie lange die Frist im konkreten Fall ist, erfahren Sie im entsprechenden § 622 BGB. Bei einzelnen Tarifverträgen kann sich die Kündigungsfrist verkürzen oder verlängern.
Wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist weiter arbeitet und Sie tolerieren das, wird das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert. Sperren Sie ihn also unverzüglich aus!
Betriebsrat
Ihren Betriebsrat müssen Sie vor jeder Kündigung informieren. Er kann innerhalb einer Woche widersprechen. Bei einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung kann der Mitarbeiter innerhalb einer Woche nach Zugang Einspruch beim Betriebsrat einlegen.
Fazit: Qualifikation entscheidet
Schon seit langem weiß man, dass überzogene Schutzfristen und Kündigungskonditionen im Mittelstand Jobs eher verhindern als fördern. Allerdings haben KMU und Massenarbeitgeber in diesem Punkt durchaus unterschiedliche Interessen: Gerade eine Anhebung der Beschäftigtenzahl würde z.B. auch bewirken, dass Konzerne mit Kündigungsschutz für qualifizierte Jobsucher unbedingt attraktiver werden. Für kleine, mittelständische und Handwerksbetriebe bleiben dann nur noch Mitarbeiter zweiter Wahl.