Gewinnprognose über den Daumen
Der englische Begriff Run Rate bezeichnet ein hochgerechnetes Jahresergebnis. Die Zwischenergebnisse der Erfolgsrechnung werden dabei schlicht und einfach auf den längeren Zeitraum ausgedehnt. Ein Beispielunternehmen, das monatlich 100.000 Euro Gewinn macht, gelangt auf diese Weise zu einer Run Rate von jährlich 1.200.000 Euro. (Mathematisch gesehen ist das eine so genannte „naive Prognose“.)
Sommerflaute und Weihnachtsgeschäft
Ganz so einfach ist die Sache zwar nicht, aber es liegt auf der Hand, dass derartige Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind. Denn die allerwenigsten Unternehmen haben ein übers Jahr gleichmäßiges Geschäft zu verzeichnen, sondern leben mit starken saisonalen Schwankungen.
Intelligente Verfahren können solche Variablen zwar bereits realistisch berücksichtigen. Dennoch hängt die Rechnung stark davon ab, wie die Ausgangsdaten gewonnen sind und welche Art von Kennzahlen für das Betriebsergebnis gewählt werden (im Hinblick auf Investitionskosten, Abschreibungen und Steuern etc.).
Wenn der Begriff Run Rate im Sprachgebrauch fällt, ist meist gemeint, dass ein Unternehmen den Durchbruch vom Einzelabschluss zum tragenden Auftragsgeschäft geschafft hat – dass es also erstmals überhaupt sinnvoll ist, Vorhersagen für die (nähere) Zukunft zu machen.
Unternehmen brauchen die Run Rate für die laufende Geschäftsplanung und unternehmensinterne Szenarien sowie überall dort, wo eine Prognose des zukünftigen Erfolgs erwartet wird, bei Verhandlungen in Kreditgesprächen, bei der Investorensuche und bei der Beantragung von Fördermitteln ebenso wie für Enterprise Resource Planning und Risikomanagement, aber z.B. auch im strategischen Marketing. Dabei sollte man sich stets darüber klar bleiben, mit welcher Sorte von Zahlen man operiert. Es gilt die Faustregel zu beherzigen: Die Run Rate ist nie falsch, aber immer unzuverlässig.