Der teuerste Vertrieb ist der erfolglose
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group
Der Vertrieb, d.h. die Funktion, die eine Leistung des Unternehmens an entsprechende Kunden verkauft, kann in unterschiedlicher Form organisiert werden. Bekannte Formen sind der Direktvertrieb und der indirekte Vertrieb. Daneben gibt es auch noch den Multilevel- sowie den Online-Vertrieb, die Vermarktung über Empfehlungen, und schließlich gehören auch Multiplikatoren mit zu den Vertriebsformen.
Keine der Vertriebsformen ist von Haus aus besonders gut oder besonders ungeeignet. Wohl aber gibt es für ein spezielles Produkt und spezielle Zielgruppen besser oder schlechter geeignete Vertriebsformen. Oft werden mehrere davon parallel genutzt. In solchen Fällen ist die Vertriebskanalsteuerung besonders gefordert, um Kanalkonflikte möglichst zu vermeiden oder im Falle eines Falles zu lösen.
Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Vertrieb für den Mittelstand gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Der optimale Vertrieb – Erfolgsfaktor im Wettbewerb“, den Sie online kostenfrei im Pressezentrum des MittelstandsWiki bekommen.
Bei der Aufstellung des Vertriebes sollten von vornherein (meistens in Verbindung mit der Ausgestaltung der Geschäftsmodelle und der Wertschöpfungskette) festgelegt werden, welche Kriterien für die Beurteilung herangezogen werden sollen. Dazu gehören
- Kosten je Abschluss,
- Fixkosten, die auch ohne Kunden anfallen,
- Vorlaufzeiten und Rüstkosten,
- Aufwand für Schulung und Ausstattung,
- Einfluss auf die Vertriebsorganisation,
- Reaktionsgeschwindigkeit,
- Qualifikation,
- Marktdurchdringung,
- Kundennähe und
- Image-Wirkung.
Viele Entscheidungen in Verbindung mit dem Vertrieb sind kostenorientiert – dies ist gerade bei Produkten mit niedriger Marge auch kaum anders darstellbar –, aber die Kosten können auch nicht die einzigen Kriterien bleiben. Denn: Der teuerste Vertrieb ist für jedes Unternehmen der erfolglose Vertrieb. Daher sind die Vertriebsform und die Vertriebskanalauswahl auch wichtige Felder der Vertriebsanalyse, insbesondere dann wenn das Vertriebscontrolling systematische Abweichungen identifiziert hat.
Direktvertrieb
Mit Direktvertrieb bezeichnet man alle Vertriebsformen, bei denen Produkte auf Namen und Rechnung des Unternehmens verkauft werden. Die Kundenbeziehung ist also eine „direkte“, und der Kaufvertrag kommt zwischen dem Unternehmen, zu dem der Vertrieb gehört, und dem Kunden zustande.
Einfluss und Erfolgskontrolle sind hier unmittelbar gegeben; die Mitarbeiter betreuen ihre Kunden oft über Jahre hinweg und wissen um deren Bedürfnisse genau Bescheid. Andererseits sind bei eigenen Mitarbeitern mit Gehalt die durchschnittlichen Kosten am höchsten. Und wenn die Leistung sinkt, kann und will man das Personal nicht ohne weiteres austauschen; stattdessen wird man versuchen , den Mitarbeiter wieder auf Erfolgskurs zu bringen.
Indirekter Vertrieb
Beim indirekten Vertrieb ist der Kontakt zwischen dem Verkäufer und dem Käufer dagegen indirekt. Die Vertriebsorganisation agiert als Vermittler und sucht passende Kunden. Der Kaufvertrag kommt dann zwischen Kunde und dem Eigentümer der Ware zustande. Für den Vermittler ist das Geschäft und der Kontakt mit dem Kunden mit dem Abschluss des Kaufvertrages in der Regel beendet. Der indirekte Vertrieb erhält seine Vergütung – meist in Form einer Provision – vom Verkäufer.
Die Vorteile: Die Fixkosten sind in der Regel niedriger sind als beim Direktvertrieb und der Aufbau der Organisation ist einfacher. Jedoch ist der Vertriebspartner hier nicht weisungsgebunden und daher nur über Anreizsysteme steuerbar; auch werden die eigenen Produkte bzw. Leistungen nicht mehr exklusiv dem Kunden nahe gebracht. Tatsächlich ist auch die Auflösung einer solchen Vertriebsbeziehung oft wenig leicht und mitunter teurer, als man denken möchte. In vielen Fällen ist der Einsatz von Vertriebspartnern aber sinnvoll und sogar notwendig, um den geplanten Vertriebserfolg zu erzielen.
Multiplikatoren
Multiplikatoren sind eine Sonderform des indirekten Vertriebs. Häufig führen sie selber keine Kundenakquisitionen durch und wirken durch eine Beeinflussung von Mitgliedern des Buying Centers, in dem alle an einem Beschaffungsvorgang eingebundenen Stellen zusammengefasst werden. Multiplikatoren können Türöffner für den eigentlichen Vertrieb sein, indem sie auf die Produkte und Leistungen des Unternehmens hinweisen. In der Regel vermitteln sie nicht einmal ein Geschäft.
Multiplikatoren sind sehr schwer zu steuern, für bestimmte höherwertige und teuere Leistungen aber mitunter unabdingbar.
Multilevel-Vertrieb (Strukturvertrieb)
Der Multilevel-Vertrieb bedient sich einer über verschiedene Organisationsebenen geführte Organisation, die am Ende häufig Privatpersonen als Verkäufer oder Vermittler einschaltet. Typische Produkte richten sich an Privatkunden und werden über „Verkäufer“ aus dem Freundeskreis oder aus der Nachbarschaft geworben. Die Verkäufer werden über meist regional tätige Führungskräfte gesteuert, die wiederum von Managern für größere Regionen geführt werden. Die in der Regel sehr große Organisation ist auf anderem Wege kaum steuerbar. Das bekannteste Beispiel für dieses Modell ist sicherlich Tupperware; dieses Beispiel zeigt auch, dass die vermarkteten Produkte möglichst ohne großen Erklärungsaufwand vermarktbar und nicht zu teuer sein sollten.
Empfehlungsvertrieb (virales Marketing)
Freundschaftswerbung bzw. virales Marketing ist eine im Privatkundengeschäft relativ häufig eingesetzte Form der Kundengewinnung z.B. bei Produkten aus dem Printbereich (Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen) sowie im Bereich des Versandhandels: Bestehende Kunden werden durch Prämien dazu animiert, neue Kunden zu werben, d.h. selber eine aktive Vertriebsfunktion wahrzunehmen. Mit effektiver Freundschaftswerbung können sehr positive Ergebnisse erzielt werden; die Weiterempfehlung durch Stammkunden kann dabei den kundenbezogenen Gewinn bis zu 20% steigern.
Im Geschäftskundenbereich gibt es die klassische Freundschaftswerbung nicht. Stattdessen spielt hier die Schaffung von Referenzkunden eine zunehmend wichtige Rolle.
Teil 1 betont, wie wichtig der Vertrieb ist, und sagt, welche Aufgaben ihm zufallen. Teil 2 widmet sich Vertriebsplanung und Vertriebskanälen. Teil 3 spielt die Abläufe von der ersten Ansprache bis zum Abschluss durch. Teil 4 gibt praktische Tipps für die Effizienzsteigerung im Tagesgeschäft.
Online-Vertrieb
Der Online-Vertrieb umschreibt den Vertrieb unter Nutzung des Internets zur Kundenansprache und in der Regel auch für die Durchführung der Transaktion an sich.
Der Vorteil des Online-Vertriebs liegt oft in der Erschließung zusätzlicher Zielgruppen mit der regionalen Ausweitung der Vertriebsregion. Ein anderer positiver Effekt liegt in der Möglichkeit, Mengenrabatte bei den Lieferanten wahrzunehmen, weil der Absatz durch den zusätzlichen Vertriebskanal steigt. Das Risiko liegt dagegen in zunehmenden Betrugsfällen, gefälschten oder vorgetäuschten Identitäten und Zahlungsausfällen.
Fazit: Der Weg muss zur Zielgruppe führen
Vor der Auswahl der richtigen Vertriebsform für das eigene Angebot ist eine treffende Zielgruppensegmentierung und eine gründliche Zielgruppenanalyse durchzuführen, um Kundenbedürfnisse und Vorlieben zu ermitteln. Dies gibt in der Regel auch wichtige Hinweise, wo und in welchem Zusammenhang die Zielgruppe das spezifische Produkt bevorzugt kaufen würde.
Hierbei ist auch bedeutend, in welcher Situation und in Verbindung mit welchen anderen Produkten der potenzielle Kunde das Angebot sieht. Mithilfe des Zielgruppenmarketings können dann die notwendigen Maßnahmen festgelegt werden.