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Account Based Marketing: Was Streuverluste im B2B-Marketing eliminiert

Das Geschäftskundenmarketing steht vor einem Paradigmenwechsel: Klassische Breitbandkampagnen verlieren an Wirkung, während die personalisierte Ansprache eine immer wichtigere Rolle spielt. Account Based Marketing (ABM) reagiert auf diesen Trend, indem es Marketing- und Vertriebsaktivitäten gezielt auf einzelne Schlüsselkunden ausrichtet.

Gezielte Kundenansprache für höhere Rendite im B2B

Von Markus Schraudolph

Account Based Marketing kehrt die klassische Marketinglogik um: Statt mit breit angelegten Kampagnen möglichst viele potenzielle Kunden anzusprechen, konzentriert es sich auf wenige, dafür aber besonders vielversprechende Unternehmen. Diese identifizierten „Accounts“ werden dann mit maßgeschneiderten Marketing- und Vertriebsaktivitäten bearbeitet. Laut einer aktuellen Studie erzielen 67% der Unternehmen mit voll implementierter ABM-Strategie deutlich höhere Returns als mit traditionellen Marketingansätzen. Dieser Artikel zeigt Unternehmen, wie sie diesen Richtungswechsel am besten in Angriff nehmen.

Der zentrale Unterschied zum klassischen Marketing liegt in der Personalisierung: Während traditionelles B2B-Marketing oft mit einheitlichen Botschaften arbeitet, berücksichtigt ABM die spezifischen Herausforderungen, Bedürfnisse und Entscheidungsprozesse jedes einzelnen Zielkunden. Marketing und Vertrieb arbeiten dabei eng verzahnt – vom ersten Kontakt bis zum Abschluss.

Typische Anwendungsfälle für Account Based Marketing im B2B-Bereich sind:

  • Gewinnung strategisch wichtiger Neukunden mit hohem Potenzial
  • Ausbau bestehender Kundenbeziehungen durch Cross- und Upselling
  • Erschließung neuer Geschäftsfelder bei bestehenden Kunden
  • Verteidigung wichtiger Accounts gegen Wettbewerber

ABM ist kein Ansatz, der für alle Unternehmen gleichermaßen funktioniert. Darum sollte man vor einer generellen Umstellung sorgsam abwägen. ABM eignet sich besonders gut für Unternehmen mit:

  • Komplexen B2B-Produkten oder -Dienstleistungen
  • Langen Verkaufszyklen
  • Hohen durchschnittlichen Auftragswerten
  • Mehreren Entscheidern auf Kundenseite

Die Implementierung von ABM erfordert spezifisches Know-how und dedizierte Ressourcen. Intent Data spielt hier eine große Rolle, um die Effektivität von ABM sicherzustellen. Bei Intent Data handelt es sich um Informationen über das Online-Verhalten potenzieller Kunden, die Aufschluss über ihre Kaufabsichten geben. Diese Daten werden aus digitalen Aktivitäten wie Website-Besuchen, Keyword-Suchen, Downloads oder Interaktionen in sozialen Medien gewonnen. Im MittelstandsWiki finden Sie auch einen kompletten Beitrag zum Thema Intent Data, der zeigt, wie Unternehmen zu diesen Informationen kommen.

Wollen Firmen den hohen Aufwand der Datenerhebung nicht selbst leisten, können sie sich für die Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistern entscheiden, die sowohl die strategische Planung als auch die operative Umsetzung übernehmen.

Die drei ABM-Varianten im Vergleich

Account Based Marketing lässt sich in drei unterschiedlichen Intensitätsstufen umsetzen. Diese unterscheiden sich vor allem im Grad der Personalisierung und in der Anzahl der bearbeiteten Accounts.

One-to-One-ABM: Die Premium-Variante
Für die wichtigsten Top-Accounts (meist nicht mehr als fünf Unternehmen) kommen komplett individuelle Strategien zum Einsatz. Jeder Account erhält maßgeschneiderte Inhalte, personalisierte Kommunikation und dedizierte Ressourcen. Diese intensive Betreuung rechtfertigt sich durch das außergewöhnlich hohe Potenzial dieser Schlüsselkunden. Der Ressourceneinsatz ist entsprechend hoch, typischerweise über 100.000 Euro pro Account und Jahr.

One-to-Few-ABM: Der flexible Mittelweg
Diese Variante richtet sich an Cluster von fünf bis 20 Accounts mit ähnlichen Merkmalen oder Herausforderungen. Die Personalisierung erfolgt auf Cluster-Ebene, wodurch sich Synergien in der Content-Erstellung und Kampagnensteuerung ergeben. Diese Balance aus Individualisierung und Skalierbarkeit macht One-to-Few-ABM zum häufigsten Einstiegspunkt für Unternehmen.

One-to-Many-ABM: Die skalierte Lösung
Hier werden größere Zielgruppen von 20 bis über hundert Accounts mit programmatischen Methoden bearbeitet. Die Personalisierung erfolgt automatisiert auf Basis von Firmendaten und digitalem Verhalten. Dieser Ansatz ermöglicht eine breite Account-Abdeckung bei vertretbarem Ressourceneinsatz, erreicht aber nicht die Tiefe der anderen Varianten.

Welcher Ansatz zu Ihrem Unternehmen passt

Bei der Wahl der für sie am besten geeigneten ABM-Variante müssen Firmen verschiedene Faktoren berücksichtigen. Zunächst spielt die strategische Bedeutung der Zielkunden eine zentrale Rolle – je wichtiger ein Account für das zukünftige Geschäft ist, desto intensiver sollte die Betreuung ausfallen. Auch das verfügbare Budget sowie die intern vorhandenen Ressourcen wie Personal, Zeit und technische Infrastruktur bestimmen maßgeblich, welche ABM-Variante sich realistisch umsetzen lässt.

Als weiterer wichtiger Aspekt gilt die Komplexität des Verkaufsprozesses: Je mehr Entscheider involviert sind und je mehr Beratung das Produkt oder die Dienstleistung benötigt, desto eher rechtfertigt sich ein individualisierter ABM-Ansatz. Auch der durchschnittliche Customer Lifetime Value (CLV), also der Gesamtumsatz, den ein Kunde über die komplette Geschäftsbeziehung generiert, sollte in die Entscheidung einfließen. Hohe CLV-Werte sprechen für intensivere ABM-Varianten.

Nicht zuletzt müssen Firmen ihre vorhandenen Marketing- und Vertriebskapazitäten realistisch einschätzen. Denn selbst bei Unterstützung durch externe Dienstleister erfordert erfolgreiches Account Based Marketing interne Experten, die das Programm steuern und die Schnittstelle zwischen Marketing, Vertrieb und Dienstleister managen können.

Viele Unternehmen starten deshalb mit einem One-to-Few-Pilotprojekt für fünf bis zehn Accounts, um Erfahrungen zu sammeln. Mit zunehmender Expertise kann das Programm dann sowohl in Richtung One-to-One (für Top-Accounts) als auch One-to-Many (für die breite Account-Basis) ausgebaut werden.

Welche Voraussetzungen Unternehmen für ABM schaffen sollten

Auch für den Fall, dass ein Dienstleister die operative ABM-Umsetzung übernimmt, müssen intern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Eine realistische Einschätzung der eigenen Startposition entscheidet dabei über den Projekterfolg.

Folgende Basisinformationen sollten verfügbar sein:

  • Aktuelle Kunden- und Umsatzdaten
  • Historische Verkaufsprozesse
  • Bestehende Account-Klassifizierungen
  • Markt- und Wettbewerbsanalysen
  • Dokumentierte Buyer Personas

Qualität ist dabei um einiges wichtiger als Quantität: lieber wenige validierte Daten als viele ungenaue Informationen.

Wie sich ABM in bestehende Prozesse integrieren lässt

Die Integration von Account Based Marketing in bestehende Unternehmensprozesse erfordert eine sorgfältige Planung. Im Zentrum steht dabei das CRM-System (Customer Relationship Management), das als zentrale Datendrehscheibe alle relevanten Kundeninformationen und Interaktionen speichert und für alle Beteiligten zugänglich macht.

Besonders wichtig sind klar definierte Schnittstellen zur Marketingautomation, also zu den Systemen, die Marketingaktivitäten wie E-Mail-Kampagnen oder Social-Media-Posts automatisiert steuern und auswerten. Auch die Lead-Übergabeprozesse erfordern eindeutige Regeln. Diese beschreiben, wie das Marketing qualifizierte Kontakte in verkaufsreife Chancen verwandelt und diese strukturiert an den Vertrieb übergibt.

Das neue ABM-Programm muss sich zudem in die bestehenden Reporting-Strukturen einfügen. So lässt sich der Erfolg der Maßnahmen transparent und vergleichbar mit anderen Marketingaktivitäten messen. Eine enge Abstimmung mit anderen Marketingaktivitäten zählt dabei zum Pflichtprogramm. So nutzen Unternehmen Synergien und vermeiden widersprüchliche Botschaften. Nur wenn alle diese Aspekte Berücksichtigung finden, kann ABM sein volles Potenzial entfalten.

Welche Anforderungen für das eigene Team gelten

Trotz Dienstleisterunterstützung brauchen Unternehmen interne Kapazitäten. Diese Ressourcen sollten Sie einplanen:

  • Projektverantwortlicher als zentraler Ansprechpartner (mind. 30-%-Stelle)
  • Management-Sponsorship auf C-Level
  • Vertriebsmitarbeiter mit ABM-Verständnis
  • Marketingmitarbeiter für Content-Abstimmung
  • IT-Support für technische Integration

Eine erfolgreiche Implementierung von Account Based Marketing steht und fällt mit der internen Zusammenarbeit. Besonders wichtig ist dabei, dass Vertrieb und Marketing von Anfang an gemeinsame Ziele definieren. Dies verhindert Silodenken, schafft eine Basis für echte Zusammenarbeit und verhindert das oft übliche Nebeneinander der Abteilungen.

Ein regelmäßiger Austausch über Account-Entwicklungen sollte fest zum Arbeitsalltag gehören. Wöchentliche Statusmeetings, in denen beide Abteilungen Fortschritte, Herausforderungen und die nächsten Schritte bei wichtigen Zielkunden besprechen, eignen sich dazu. Auch die Erfolgsmessung und Incentivierung, also die leistungsabhängige Vergütung, sollte für beide Bereiche auf gemeinsamen Metriken basieren, beispielsweise auf dem Gesamterfolg bei den definierten Ziel-Accounts.

Die Abstimmung der Account-Planung ist von entscheidender Bedeutung, um eine koordinierte Abfolge von Marketing- und Vertriebsaktivitäten zu gewährleisten, die ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Dies gilt insbesondere für die Kommunikation mit dem Kunden, die über alle Kanäle hinweg aufeinander abgestimmt sein muss. Nur wenn der Kunde über alle Berührungspunkte hinweg – sei es im persönlichen Gespräch, per E-Mail oder über Social Media – konsistente Botschaften erhält, kann ABM seine volle Wirkung entfalten.

Fazit

Ein pragmatischer Einstieg über ein One-to-Few-Pilotprojekt mit einigen ausgewählten Accounts ermöglicht es Unternehmen, erste Erfahrungen zu sammeln und ABM schrittweise zu skalieren. Die Unterstützung durch spezialisierte Dienstleister hilft dabei, typische Anfängerfehler zu vermeiden und schnell messbare Erfolge zu erzielen.

Für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist es von entscheidender Bedeutung, ABM nachhaltig in den Firmenstrukturen zu verankern. Das erfordert nicht nur die richtigen technischen Systeme und Prozesse, sondern auch ein Umdenken in der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen. Nur wenn alle Beteiligten ABM als gemeinsames strategisches Projekt verstehen, kann das volle Potenzial dieser Marketinginnovation ausgeschöpft werden.

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