Der Antrag hängt vom Aufenthaltsstatus ab
Von Sabine Wagner
Der Mittelstand sucht Fachkräfte. Zugleich haben Tausende von Fachkräften keinen oder nur erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt: Viele z.T. sehr gut ausgebildete und hochqualifizierte Menschen leiden in den Flüchtlingsunterkünften auch darunter, dass sie nicht arbeiten können. Aus meiner Sicht ist es im Interesse aller Seiten, schnell und unbürokratisch zu ermöglichen, dass diese Menschen arbeiten können – und das in erster Linie in den ihnen angestammten Berufen. Wir sollten nicht ein zweites Mal qualifizierte Techniker, Mathematiker oder Ärzte aus dem Ausland zu Taxifahrern und Hilfsarbeitern machen.
Qualifizierter Zugang zum Arbeitsmarkt
Der deutsche Mittelstand sieht das im Großen und Ganzen sehr ähnlich, wie ein Blick auf die Verbände zeigt: der DIHK ebenso wie die Handwerkskammern im ZDH, der Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi), die Familienunternehmer (ASU), der Mittelstandsverbund (ZGV) etc. In der Praxis macht vor allem die sogenannte Vorrangprüfung zu schaffen, bei der die Arbeitsagentur vor Erteilung der Arbeitserlaubnis nachsehen muss, ob nicht deutsche oder EU-Bürger für den konkreten Job zur Verfügung stehen. Ebenso in der Kritik steht vonseiten der Unternehmerverbände das pauschale Arbeitsverbot in den ersten drei Monaten. Auch die Anerkennung von Abschlüssen und Ausbildungen sowie die Liste der Mangelberufe erscheint den meisten Wirtschaftsvertretern ausbaufähig, ebenso die Förderung des Spracherwerbs. Dass Flüchtlinge den Fachkräftemangel nicht von heute auf morgen beheben können, wie namentlich der BVMW betont, ist dem Mittelstand dabei durchaus klar.
Doch welche Optionen haben Unternehmen im Moment wirklich, wenn sie Flüchtlinge einstellen wollen? Das hängt stark vom Aufenthaltsstatus ab. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das über jeden Asylantrag entscheidet, vergibt an Asylbewerberinnen und -bewerber unterschiedliche Aufenthaltstitel. In den ersten drei Monaten dürfen Asylsuchende generell nicht arbeiten.
Die Bestimmungen zu Asylverfahren und Arbeitserlaubnis können sich nach Maßgabe der Politik unter Umständen rasch ändern. Verlässlichster Online-Auskunftgeber in Zweifelsfällen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Mit Aufenthaltserlaubnis
Anerkannte Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis dürfen jeder Beschäftigung nachgehen. Das heißt: Das Unternehmen lässt sich die Aufenthaltserlaubnis sowie die Anerkennung als Flüchtling zeigen, fertigt eine Kopie hiervon an und stellt die Identität zwischen dem Bewerber und der Person in den Dokumenten fest. Danach steht dem Abschluss eines Arbeitsvertrages aus ausländerrechtlichen Gründen nichts mehr entgegen.
Dasselbe gilt im Prinzip auch für alle, die sich bereits seit vier Jahren geduldet oder mit Aufenthaltsgestattung in Deutschland aufhalten.
Mit Aufenthaltsgestattung
Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung können normalerweise nur dann einer Beschäftigung nachgehen, wenn die zuständige Ausländerbehörde ihnen nach Ablauf der Wartezeit von drei Monaten eine Arbeitserlaubnis erteilt. Dasselbe gilt für sogenannte geduldete Personen, deren Antrag zwar abgelehnt wurde, bei denen es aber Gründe gibt, die gegen eine Abschiebung sprechen.
Hierbei handelt es sich nicht um eine generelle Arbeitserlaubnis. Vielmehr ist eine konkrete Arbeitserlaubnis zu beantragen. Das heißt: Idealerweise stellt das Unternehmen einen Antrag bei der für den Landkreis zuständigen Ausländerbehörde, dass es eine Asyl suchende Person mit Aufenthaltsgestattung oder eine geduldete Person beschäftigen will. Die Ausländerbehörde stimmt sich mit der Bundesagentur für Arbeit ab und erteilt dann nach einer sogenannten Vorrangprüfung entweder eine Zustimmung oder eine Ablehnung. Gegen Letztere kann ein Rechtsmittel eingelegt werden.
Aufgrund von eigenen Erfahrungen weiß ich, dass, wenn die Behörden mitspielen, die Zustimmung innerhalb von zwei Werktagen erteilt werden kann. Insoweit empfehle ich, zunächst mit der Ausländerbehörde in einem Telefonat persönlich Kontakt aufzunehmen und dann die Formalien folgen zu lassen. Das Antragsformular für die Erlaubnis einer Beschäftigung, die der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf, gibt es im Internet (z.B. beim Flüchtlingsrat Niedersachsen), im Zweifel auch von der in der Region zuständigen Behörde.
Liegt die Arbeitserlaubnis vor, können Unternehmen die betreffende Person je nach Antrag und Zustimmung in einem Minijob/Midijob, in sonstiger Teilzeitbeschäftigung oder in Vollzeit arbeiten lassen.
Bei einer geringfügigen Beschäftigung von Flüchtlingen entfällt für das Unternehmen der Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung. Denn Flüchtlinge sind in Deutschland nicht gesetzlich krankenversichert. Die Kommunen kommen für die Kosten der ärztlichen Behandlung auf.
Fazit: Keine Arbeitsplätze zweiter Klasse
Für Arbeitsverhältnisse im Asylverfahren gelten selbstredend die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für jeden anderen Arbeitgeber auch. Leider kommt es immer wieder vor, dass Unternehmen die Situation ausnutzen und Flüchtlinge Tag und Nacht für 450 Euro arbeiten lassen. Zivilrechtliche sowie strafrechtliche Konsequenzen bleiben dann nicht aus. Meines Erachtens ist auch ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz durchsetzbar.