Konkrete Klagen geben Bewährungshilfe
Von Sabine Philipp
Bevor Sie einem Angestellten verhaltensbedingt kündigen können, müssen Sie ihm die Möglichkeit geben, sein Benehmen zu ändern. Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die Abmahnung eingeführt. Da diese Warnhinweise immer auch Vorboten einer potenziellen Kündigung sind, sollten Sie dabei ein paar Details beachten, damit ihr Vorgehen auch vor Gericht noch wasserdicht ist.
Eine Faustregel besagt, dass Sie den Mitarbeiter vor der Kündigung drei Mal wegen gleicher oder ähnlicher Vorkommnisse abmahnen müssen. Das ist im Prinzip richtig, aber es zählt auch immer der Kontext. Je nach Schwere des Vergehens, können Sie unter Umständen auch schon vorher den Entlassungsschein unterschreiben, z.B. wenn sich der Mitarbeiter auf Ihre Kosten Pornos aus dem Internet herunterlädt.
Wenn der Patzer so heftig ist, dass man Ihnen die Gegenwart des Mitarbeiters bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumuten kann, dürfen Sie aber auch eine fristlose Kündigung aussprechen. Ein solcher Fall liegt z.B. dann vor, wenn Sie tätlich angegriffen werden.
Geben Sie es schriftlich
Mahnen Sie nie mündlich ab. Das ist wirkungslos. Sie müssen dem Pappenheimer immer etwas Schriftliches in die Hand drücken. Und das machen Sie am besten immer vor Zeugen, sonst kann er behaupten, dass er das Schreiben nie erhalten habe. Nötigen Sie aber niemanden, die Abmahnung zu unterschreiben. Kein Gesetz kann Ihren Mitarbeiter dazu zwingen. (Und das eigene Todesurteil wird wohl kaum jemand unterzeichnen.)
Und lassen Sie lieber die Finger von irgendwelchen Vordrucken. Die sind oft auf irgendwelche Sondersituationen abgestimmt. Und wenn Sie den Kontext ändern, kann das im besten Fall peinlich werden; falls Sie Pech haben, wird die Abmahnung ungültig. Verfassen Sie das Schreiben also lieber selber. Das ist wirklich kein Hexenwerk.
Sagen Sie, was sie stört
Da eine Abmahnung Hinweisfunktion hat, müssen Sie immer ganz genau dazuschreiben, warum Sie den Mitarbeiter abmahnen. Sonst kann er sein Verhalten ja nicht ändern.
Meiden Sie pauschale Stichwörter wie „unfreundlicher Umgang mit Kunden“. Das ist zu allgemein. Schreiben Sie z.B. lieber: „Am 28. 04. 2007 haben Sie den Kunden Hubert Meyer am Telefon in einem unsachlichen Ton angesprochen und einfach den Hörer aufgelegt.“ Die Abmahnung muss auf jeden Fall verständlich sein. Sonst ist sie ungültig.
Schreiben Sie auch ausdrücklich dazu, dass Sie das Verhalten stört, dass der Angestellte es ändern muss und was die Folgen sind; etwa in dem Stil: „Wir weisen Sie darauf hin, dass wir dieses Verhalten nicht akzeptieren und Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen müssen.“ Und natürlich dürfen Sie den Namen des Delinquenten nicht vergessen. Tipp: Stellen Sie sich beim Verfassen einfach vor, dass Sie mit einem Kind sprechen, das etwas ausgefressen hat.
Es reicht, wenn der disziplinarische Vorgesetzte unterschreibt. Die Sekretärin darf aber keine „Abmahnung i.A.“ aussprechen.
Wenn Sie zehn Mal abmahnen, ohne dass es Saures gibt, können Sie den Mitarbeiter nicht beim elften Mal so ohne weiteres rauswerfen, weiß Anwalt Jörg Udo Munk und berichtet von einem solchen Fall: „Vor Gericht wurde argumentiert, dass die Abmahnungen vorher keinerlei Konsequenzen gehabt hätten. Der Mitarbeiter konnte sich also trotz Fehlverhaltens sicher fühlen. Das Gericht sah das ähnlich. Der Arbeitgeber ist nur deshalb mit der Kündigung durchgekommen, weil er ,letzte Abmahnung‘ dazugeschrieben hat.“
Reagieren Sie prompt
Der Gesetzgeber gibt zwar keine festen Fristen vor, bis wann Sie die Abmahnungen ausgesprochen haben müssen. Sie sollten dem Mitarbeiter aber spätestens drei Wochen nach dem Vorgehen auf die Finger klopfen. Das ist nicht nur dem Adressaten gegenüber fair. Sie wollen ja auch, dass er damit aufhört. Und das kann er umso schneller, je eher Sie ihm Bescheid sagen.
Außerdem könnten Sie das Recht zur Abmahnung verwirken, wenn Sie zu lange warten. So wie der Arbeitgeber, der sich fast sechs Monate Zeit ließ. Das Urteil des LAG Nürnberg befand, er habe damit „gezeigt, dass er den Vorfall nicht für so bedeutsam hält, dass er diesen dem Arbeitnehmer künftig noch zum Vorwurf machen will.“ Aber auch, wenn Sie nur einen Monat warten, kann man das bei einer Kündigung im Zweifelsfall gegen Sie verwenden.
Fazit: Sauber bis zur Kündigung
Denken Sie stets daran: Abmahnungen pflastern den Weg zur Kündigung. Und wenn die ausgesprochen wird, kommt es nicht selten zu einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Sorgen Sie also dafür, dass die Abmahnung zeitnah und juristisch korrekt über die Bühne geht.