Wer stiehlt, ist im Recht
China gilt vielen Deutschen als Land der Ideendiebe, die unsere Erfindungen klauen, um sie dann weltweit billig zu verhökern. Sind chinesische Unternehmen, die deutsche Erfindungen in China ohne Erlaubnis des deutschen Erfinders verwerten aber wirklich Diebe? Oder nützen sie nur rechtliche Lücken? Um das jenseits der Stammtische beurteilen zu können, muss man sich mit dem Patentschutz befassen.
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Derzeit grassiert in Deutschland vor allem die Furcht, China könnte unsere Umwelttechniken – deren Entwicklung deutsche Bürger per Umlage teuerst bezahlen – kopieren und damit unsere Unternehmen vom Weltmarkt verdrängen. Die Angst kommt nicht von ungefähr, passierte doch vor einem knappen halben Jahrhundert Ähnliches im Bereich Automobilbau und Unterhaltungselektronik. Damals galt Japan als der böse Bube. Aber schützt heutzutage nicht ein viel umfassenderes, modernes Patentrecht unsere Unternehmen?
Ja und nein. Entscheidend ist, welcher Patentschutz von einem deutschen Unternehmen in Anspruch genommen wird. Das ist oft eine Frage der Kosten und des Aufwands.
Patentschutz nach Reichweite
In Hightech-Bereichen – darunter auch in der Umwelt- und Energietechnik – spielt der deutsche Patentschutz nahezu keine Rolle, obwohl er am preiswertesten, schnellsten und einfachsten zu erreichen ist, da für ihn das Deutsche Patent- und Markenamt zuständig ist. Weil sein Schutz aber lediglich im Inland gilt, die Konkurrenz jedoch global agiert, ist er für die meisten Unternehmen uninteressant.
Viel wichtiger ist deshalb das europäische Patent, das vom Europäische Patentamt (EPA) erteilt wird. Dieses arbeitet außerdem mit den Patentinstitutionen der USA und Japans zusammen und vermittelt auch Patente in diesen beiden extrem wichtigen Staaten.
Teil 1 sagt, womit Mittelständler rechnen müssen, die ihre Patente widerrechtlich genutzt finden: mit einer Retourkutsche von Konzernseite. Teil 2 sieht sich um, wann eine Patentklage Erfolg verspricht, und schildert zwei Realbeispiele aus dem Wirtschaftsleben. Teil 3 zeigt Alternativen zum Prozessmarathon auf. Welches Vorgehen am besten ist, müssen am Ende nüchterne betriebswirtschaftliche Erwägungen zeigen.
Leider gilt das nicht für China, das bis vor wenigen Jahren kaum konkurrenzfähige Unternehmen besaß. Mittlerweile wäre aber für viele deutsche Hightech-Unternehmen ein Patentschutz ihrer Erfindungen im Land der aufgehenden Sonne dringend nötig. Das geht jedoch nur über das chinesische Patentamt (SIPO) direkt und ist für deutsche Unternehmen verhältnismäßig aufwändig.
Wer zuerst kommt …
Die gute Nachricht zuerst: China hat sich ausgerechnet das strenge deutsche Patentrecht zum Vorbild genommen und damit dem ursprünglich laxen Umgang mit Patenten im eigenen Land den Garaus bereitet.
Teil 1 sagt, worauf KMU beim China-Engagement achten müssen. Teil 2 untersucht, was der Produktionsstandort wert ist. Teil 3 gibt Tipps für den Behördengang im Kader-Kapitalismus. Teil 4 zeigt, welche Chancen der Absatzmarkt bietet. Teil 5 ist ein Crashkurs zu Schlangen, Sitten und Gebräuchen. Eigene Beiträge warnen außerdem vor den gängigsten Fallen im Chinageschäft und befassen sich mit dem Patentschutz für China.
Nun die schlechte Nachricht: Chinesische Firmen haben in letzter Zeit dieses strenge Patentwesen als Chance genutzt und in vielen Fällen vorhandene europäische und deutsche Patente, die in China nicht geschützt wurden, ihrerseits beim chinesischen Patentamt schützen lassen – oft noch in Chinesisch und damit von europäischen Unternehmen nur schwer recherchierbar. Eine Praxis, unter der z.B. auch das prominente Projekt der Magnetschwebebahn leidet, weil mittlerweile nahezu alle Grundpatente der Bahn von chinesischen Unternehmen in China angemeldet wurden.
Besitzt aber ein chinesisches Unternehmen in China für eine Erfindung einen chinesischen Patentschutz, kann es diese in China selbst und in allen Ländern ohne Patentschutz verwerten. Besonders ärgerlich und demütigend: Deutsche oder europäische Unternehmen können in diesen Fällen ihre eigene Erfindung im gigantischen chinesischen Markt ohne Lizenzierung beim Kopisten nicht mehr verwerten.
Fazit: Rechtlich einwandfrei
Tatsache aber ist: Rechtlich geht alles mit rechten Dingen zu, wenn chinesische Firmen deutsches Know-how ohne chinesischen Patentschutz in China auf sich „umetikettieren“ und verwerten. Nur nach Deutschland (oder ein anderes Land, in dem das betreffende deutsche Unternehmen ein Patent besitzt) importieren dürfen sie ihre Produkte nicht – wenigstens ein kleiner Trost.