Banken und Firmen müssen zusammenrücken
Von Silke Wolf, Bayerischer Bankenverband
Die gute Nachricht vorweg: Deutsche Unternehmen haben derzeit keine Probleme, an Kredite zu kommen. Trotz schwächelnder Konjunktur und europäischer Staatsschuldenkrise sichern die Banken weiterhin die Kreditversorgung und stützen damit die wirtschaftliche Entwicklung – und das zu historisch günstigen Zinsen. Von der schwierigen Entwicklung im Euroraum setzt sich die Lage in Deutschland damit deutlich positiv ab.
Dennoch stellt sich angesichts der umfangreichen Regulierungsvorhaben der Europäischen Union im Bankensektor die Frage, ob dies so bleiben wird. Welche Auswirkungen hat die zunehmende Regulierung auf die Banken und dadurch wiederum auf die Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft? Und was heißt das für ein mittelständisches Unternehmen? Wie kann sich auch ein Handwerksbetrieb auf das zu erwartende geänderte Kreditumfeld vorbereiten?
Regeln zur Finanzmarktstabilisierung
Basel III ist die Reaktion auf die von der weltweiten Finanz- bzw. Wirtschaftskrise offengelegten Schwächen der bisherigen Bankenregulierung und beinhaltet die wahrscheinlich wichtigste und zugleich am weitesten reichende Reform im Finanzmarktsektor. Mit Basel III wurde ein Regelwerk geschaffen, das die Eigenkapitalanforderungen an die Banken deutlich erhöht und damit ihre Widerstandsfähigkeit stärkt. Es leistet einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der Finanzmärkte.
Nach den neuen Regeln müssen Kreditinstitute künftig sowohl mehr als auch qualitativ besseres Eigenkapital zurücklegen: Zum einen müssen Banken und Sparkassen ihr Kernkapital schrittweise steigern. Darüber hinaus fordert der Baseler Ausschuss zusätzliche Kapitalpuffer, mit denen die Finanzinstitute ihre Risiken besser auffangen können.
Zur Umsetzung dieser strengeren Eigenkapitalanforderungen wurden zwar großzügige Übergangsfristen eingeplant, damit die Banken Zeit haben, Kapital zu bilden und somit die Kreditvergabe nicht eingeschränkt wird. Im Einzelfall könnte es aber durchaus schwierig werden.
Banken: mehr Eigenkapital
Und wie werden diese neuen Regeln für die Banken das Kreditgeschäft für Unternehmen beeinflussen? Auch für Unternehmenskredite müssen Banken in Zukunft mehr und qualitativ besseres – und damit teureres – Eigenkapital zur Absicherung eines Kreditausfalls zurücklegen. Und je höher die Ausfallwahrscheinlichkeit, desto höher die Eigenkapitalanforderung.
In den für den deutschen Mittelstand relevanten Rating-Klassen – also Bonitätsgruppen – steigt die Eigenkapitalunterlegung um rund 20 % pro Gruppe. Damit würden Kredite automatisch teurer. Die deutsche Kreditwirtschaft setzt sich deshalb seit langem dafür ein, die Eigenkapitalanforderungen für Kredite an den Mittelstand stabil zu halten. Gerade das Kreditgeschäft an Handwerker und kleine Unternehmen sollte nicht erschwert werden, denn es war nicht Ursache, sondern Stabilitätsanker in der Krise. Erfreulicherweise gibt es hierzu aktuell positive Signale aus Brüssel.
Unternehmen: mehr Eigenkapital
Doch was kann der Handwerksbetrieb, was kann ein mittelständisches Unternehmen in Vorbereitung auf die veränderten Rahmenbedingungen tun? Gerade der in Deutschland stark genutzte langfristige Bankkredit wird in Zukunft anspruchsvoller. Wenn die Bank keinen passenden langfristigen Kredit anbieten kann, müssen Finanzierungsalternativen gefunden werden.
Ein grundsätzlicher Weg ist die Stärkung der Finanzierungsstruktur des jeweiligen Unternehmens, was auch den Ausbau der Kapitalmarktfinanzierung mit umfassen kann – eine Art Daueraufgabe für die mittelständische Wirtschaft und eine notwendige Vorbereitung auf die Folgen der strengeren Regulierung.
In jedem Fall sollten mittelständische Unternehmen ihre zum Teil noch immer recht schwache Eigenkapitalbasis ausbauen. In den letzten Jahren ist die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Unternehmen in Deutschland schon deutlich – von 19 auf knapp 26 % – gestiegen. Eine hohe Eigenkapitalquote hilft nicht nur dabei, ein Unternehmen in wirtschaftlich schlechten Zeiten gegen Verluste zu schützen.
Aus Sicht der Bank ist das Eigenkapital eines Unternehmens eine Absicherung gegen Kreditausfälle – und erhöht somit die Bonität und damit das Rating des Unternehmens. Damit wird auch die Aufnahme von Krediten günstiger. Trotz aller Erfolge beim Aufbau von Eigenkapital in den vergangenen Jahren ist das Eigenkapital leider immer noch die Achillesferse vieler Unternehmen.
Finanzierungsalternativen ausreizen
Im Einzelnen muss jeder Betrieb für sich prüfen, welcher Weg für ihn der richtige ist: Manchmal helfen schon recht einfache Maßnahmen. Beispielsweise kann der Finanzierungsbedarf anstatt durch einen langfristigen, durch mehrere aufeinanderfolgende, kurzfristige Kredite gedeckt werden. Eventuell kommt auch ein Förderkredit durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frage, zum Beispiel der KfW-Unternehmerkredit mit einer Laufzeit von maximal 20 Jahren.
Teil 1 sichtet den Förderdschungel im Überflug: Was wird gefördert? Wer fördert? Wie wird gefördert? Teil 2 zeigt, welche Möglichkeiten Gründer haben, und sagt, was sie bei der Bewerbung beachten müssen. Teil 3 untersucht, welche besonderen Mittel es für Innovation und moderne Technologien gibt und wie gute Ideen am besten ankommen. Extra-Beiträge spüren außerdem Zuschüsse von Bund und Ländern auf, sehen sich nach Internationalen Fördermitteln um, prüfen die Förderprogramme der KfW Mittelstandsbank und verraten, worauf Sie bei der Abwicklung über die Hausbank achten sollten.
Eine sicher weiter reichende Option ist die Stärkung der Eigenfinanzierung mittels Beteiligungskapital. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen bieten Mittelständische Beteiligungsgesellschaften (MBG) stille Beteiligungen an. Das Unternehmen erhält damit langfristiges Kapital, das bilanztechnisch als Eigenkapital dargestellt werden kann – aber ohne dass die Gesellschaft Einfluss auf die Geschäftspolitik oder das Unternehmen selbst nimmt – eine wichtige Voraussetzung für viele Unternehmer oder Firmenchefs.
Und natürlich ist die Finanzierung über den Kapitalmarkt eine wichtige Alternative für größere mittelständische Unternehmen, also die Emission von eigenen Anleihen. Unternehmer haben dieses Instrument in den letzten Jahren schätzen gelernt: Das Gesamtvolumen der Anleihen deutscher Unternehmer hat sich in den vergangenen drei Jahren nahezu verdreifacht. Allerdings ist dieser Finanzierungsvariante durchaus anspruchsvoll und benötigt eine längere Vorbereitungszeit. Für kleine Betriebe kommt die Kapitalmarktfinanzierung also nicht in Frage, sie lohnt sich erst aber einer gewissen Unternehmensgröße und einem Mindestanleihevolumen.
Fazit: Vertrauen im Risiko-Rating
Insgesamt wird das neue Regelwerk dazu führen, dass Banken im Kreditgeschäft noch genauer hinsehen müssen. Die Konditionen werden sich noch stärker nach dem jeweiligen Aufwand und dem Risiko richten, das mit der Kreditvergabe verbunden ist.
Wichtig ist es deshalb, dass Unternehmer mit ihrer Bank im engen Kontakt bleiben: Die Kreditvergabe ist ein Geschäft zwischen Bank und Betrieb, das auf Gegenseitigkeit aufbaut. Auch ein Kreditvertrag mit seinen verschiedenen Komponenten wird letztlich von beiden Parteien – Bank und Unternehmer – gestaltet. Die Basis ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die mit laufenden Informationen und gegenseitiger Transparenz gestärkt werden kann und muss. Eine Daueraufgabe für alle Beteiligten, gerade in Zeiten, in denen das Umfeld für das Kreditgeschäft nicht leichter wird.