Betriebsbedingte Kündigung, Teil 3

Unbedachte Angriffsflächen

Von der Fachredaktion anwalt.de

In zahlreichen Fällen gehen Mitarbeiter, denen betriebsbedingt gekündigt wurde rechtlich gegen diese Entscheidung vor. Mitunter haben sie dabei allein deshalb Erfolg, weil das Unternehmen im Vorfeld Fehler begeht, die sich vermeiden ließen. Zu den wichtigsten Punkten gehört hier die Beachtung der Ereignisfolge (zuerst die Abteilung auflösen, dann erst kündigen). Ein ganz böser Schnitzer wäre eine unbedachte Androhung der Kündigung. Ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs hat nämlich gezeigt, dass das bereits genügt, damit die Rechtsschutzversicherung dem Arbeitnehmer den Rücken stärkt.

Geteilte Kosten in erster Instanz

Kündigungsschutzklagen sind nicht nur ärgerlich und können übel enden, sondern sie produzieren in jedem Fall überflüssige Kosten – auf beiden Seiten. Denn bei Klagen in der ersten Instanz der Arbeitsgerichte eine Besonderheit: Hier muss grundsätzlich jeder Beteiligte seine Kosten selbst tragen und anteilig die Hälfte der Gerichtskosten – und zwar unabhängig davon, wie der Prozess entschieden wurde.

Serie: Betriebsbedingte Kündigung
Teil 1 erläutert die rechtliche Lage, wenn Richter über unter­nehmerische Ent­scheidungen zu be­fin­den haben. Teil 2 sieht sich die Proble­matik in der Praxis an und be­geg­net den Nach­weis­pflichten im Prozessfall. Teil 3 zeigt schließ­lich am kon­kreten Fall­beispiel, was fahr­lässige Feh­ler an­richten können.

Arbeitnehmer können sich in dieser Hinsicht freilich schützen: mit einer Rechtsschutzversicherung. In einer wichtigen Entscheidung befand der Bundesgerichtshof nun, dass bereits die Androhung einer Kündigung ausreicht, um einen Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung zu begründen, der den Versicherungsfall auslöst.

Wer zahlt den Anwalt?

Im Ausgangsfall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung angedroht, falls er nicht einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Sollte er sich weigern, würde ihm keine Abfindung gezahlt. Daraufhin beauftragte der Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt, der gegenüber dem Unternehmen zunächst eine Stellungnahme zur angedrohten Kündigung abgab und die Androhung der betriebsbedingten Kündigung als massiven Verstoß gegen die Fürsorgepflicht qualifizierte. Gleichzeitig beanspruchte der Rechtsanwalt von der Rechtsschutzversicherung des Arbeitnehmers eine Deckungszusage. Doch diese weigerte sich, die Kosten für den Anwalt zu übernehmen. Der Arbeitnehmer wurde in der Folgezeit in den Betriebsrat gewählt, eine Kündigung blieb aus. Ob die Rechtsschutzversicherung die Anwaltskosten wegen der Androhung der Kündigung zu erstatten hatte, musste schließlich der Bundesgerichtshof entscheiden.

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Welche Kosten eine Rechtsschutzversicherung erstatten muss, richtet sich nach den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB). Im konkreten Fall erstreckte sich laut der ARB der Versicherungsschutz auf den Familien- und Verkehrsrechtsschutz inklusive „der Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Arbeitsverhältnissen“.

Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten des Arbeitnehmers und wertete – unabhängig davon, wie eine betriebsbedingte Kündigung rechtlich einzuordnen wäre – bereits die Androhung als einen Rechtsverstoß gemäß der ARB, der einen Versicherungsfall darstellt. Denn schon die Androhung alleine sei ein Eingriff in die Rechtsposition des Arbeitnehmers gewesen und ein späterer Ausspruch der Kündigung nur noch reine Formsache. Daher genügt die Androhung einer betriebsbedingten Kündigung, um den Schutz der Rechtsschutzversicherung auszulösen, so dass der Versicherer die Kosten für den Anwalt erstatten muss.

Fazit: Drohen überflüssig, machen genügt

Wie wichtig es ist, in Krisenzeiten mit kühlem Kopf vorzugehen, zeigt einmal mehr dieses Urteil. Nicht nur ist die Kündigungsandrohung für das Unternehmen von zweifelhaftem Nutzen, sondern sie stärkt unwillentlich die Klageposition des Arbeitnehmers, der sich – sofern er rechtsschutzversichert ist – auf der finanziell sicheren Seite weiß. In Situationen, bei denen es am Ende um den Fortbestand des Unternehmens geht, sollten Unternehmer generell extrem zurückhaltend mit „Kulissengesprächen“ hinter vermeintlich vorgehaltener Hand sein. Ein Betrieb, der sachlich begründet Mitarbeiter ausstellen muss, tut dies besser und mit Erfolg von rechtlich gesicherter Position aus – ohne dubiose Drohungen.

Nützliche Links

Das Urteil vom 19. November 2008 findet man anhand des Aktenzeichens (IV ZR 305/07) rasch über die Suchmaske des Bundesgerichtshofs. Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung gibt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) als PDF zum Download.