Im Ernstfall zählt jede Sekunde
Von Eike Schulze
Jährlich müssen in Deutschland nach Auskunft der VdS Schadenverhütung GmbH rund 600 bis 800 Menschen Brände in Wohnhäusern mit dem Leben bezahlen. Gerade nachts wird es „brandgefährlich“, wenn die Bewohner schlafen und Feuer – beispielsweise durch einen implodierenden Fernseher – viel zu spät bemerkt werden. Ebenso wie bei der Brandprävention in Betrieben ist hier ein modernes Brandschutzmanagement nötig, das Abhilfe schafft.
Die Gefahr geht dabei keineswegs nur von Großfeuern aus, sondern auch von kleineren Brandherden und Schwelbränden. Neben „harmlosen“ Feuerquellen wie Kerzen, Zigaretten oder Gasherden lösen auch Blitzeinschläge und Kurzschlüsse die Brände aus. „Vielfach wird das Brandrisiko falsch eingeschätzt,“ betont Nicole Dodek vom VdS, „es herrscht immer noch das Denken vor: In der Vergangenheit hat es nicht gebrannt, also passiert auch nichts in der Zukunft.“ Diese Mentalität rügte auch schon die Rechtsprechung, so das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Es entspreche der Lebenserfahrung, dass mit einem Brand jederzeit gerechnet werden müsse (5 K 1012/85).
Ein effektives Brandschutzmanagementsystem besteht in der Zusammenführung unterschiedlicher baulicher und technischer Maßnahmen sowie Dienstleistungen. Die Länder haben hierfür entsprechende Bauordnungen geschaffen, denen zufolge ein Mindestmaß an Brandschutz zu gewährleisten ist. Von Bundesland zu Bundesland zu kann es dabei zu gewissen Abweichungen bei den Vorschriften kommen. Im Allgemeinen gilt, dass von „baulichen Errichtungen, weder beim Bau, bei der Anordnung oder beim Betreiben“ eine Gefahr für Leib und Leben resultieren darf. Die Regeln gelten sowohl für Neu- als auch für Altbauten.
Baulicher Brandschutz
Ein Brandschutzkonzept beginnt schon mit dem so genannten Abschottungsprinzip. Dadurch wird durch Brandschutzmauern und Brandschutztüren verhindert, dass sich das Feuer ausbreiten kann, und falls doch, dann zumindest nur stark verzögert. Die Regelungen hierzu finden sich in den Landesbauordnungen. Daraus ergibt sich, dass bei größeren Wohnanlagen alle 40 m eine Brandschutzmauer (feuerbeständig nach DIN 4102) vorhanden sein muss, die eine Fläche von maximal 1600 m2 einschließt. Außerdem müssen gerade bei Neubauten Abstandsflächen zu Nachbargebäuden eingehalten werden.
Im Sinne einer schnellen Brandbekämpfung müssen Brandschutztüren, Brandschutzklappen, Trockensteigleitungen, Löschschläuche usw. regelmäßig in ihrer Funktion überprüft werden. Unglücklicherweise werden gerade die „lästigen“, immer wieder schließenden Brand- oder Rauchschutztüren gerne durch Holzkeile aufgespreizt – dann ist der Katastrophe im wahrsten Sinne des Wortes Tür und Tor geöffnet.
Technischer Brandschutz
Der nächste Baustein des Brandschutzkonzepts sind die technischen Einrichtungen, die der Brandmeldung- und bekämpfung dienen. Der Einbau von Brandmeldeanlagen ist durch die Bauaufsicht der Bundesländer geregelt; eine entsprechende Baugenehmigung ist notwendig. Für viele Wohneinheiten – gerade für kleinere und mittelgroße – sind allerdings keine Brandmelder vorgeschrieben. Trotzdem empfiehlt der Deutsche Feuerwehrverband und der Verein zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) solche Maßnahmen, um das Brandschutzmanagement entscheidend zu verbessern.
Zur aktiven Brandbekämpfung gehören auch Feuerlöscher, die in größeren Wohnanlagen verpflichtend sind und deren Anbringung bauberufsgenossenschaftlich geregelt ist. Auch hier kann die Effektivität bei der Brandbekämpfung erhöht werden: So werden heutzutage die Löschmittel Wasser oder Schaum gegenüber dem Löschpulver favorisiert, denn Löschpulver hat zwar unbestritten eine höhere Löschleistung, verursacht aber auch einen größeren Schaden bei der Verunreinigung. „Bei Handfeuerlöschern sollte darauf geachtet werden, dass Aufladelöscher Verwendung finden,“ rät Thomas Leuker von Leukoplan Brandschutzmanagement Nordwalde. „Handfeuerlöscher, die ständig unter Druck stehen, so genannte Dauerdrucklöscher, sind in der Beschaffung preiswerter, jedoch bei den gesetzlich vorgegebenen Wartungsintervallen wesentlich teurer als die Aufladelöscher.“
Feuerwehrpläne sind bei großen Gebäuden unerlässlich (DIN 14095 bildet hierfür die rechtliche Basis). Erst sie ermöglichen eine gezielte Einsatzvorbereitung, daher ist eine leichte Lesbarkeit von entscheidender Bedeutung. Ob ein Feuerwehrplan notwendig und sinnvoll ist hängt von der Baugenehmigung für das Gebäude ab. Der mit den entsprechenden Behörden abgestimmte Plan hilft der Feuerwehr bei der Orientierung im und am Gebäude. Dargestellt ist in jedem Fall die bauliche Anlage des Objektes mit Zufahrten, Löschwasserentnahmestellen, Gefahrenstellen, Geschossplänen und beispielsweise auch Heizungsanlagen.
Informationen zu diesem Thema hält die örtliche Kommune oder die Berufsfeuerwehr kreisfreier Städte vor; darüber hinaus helfen der Brandschutzingenieur des Kreises, Fachverbände wie der vfdb, teilweise auch Architekturbüros. Wer den administrativen Aufwand für ein Brandschutzmanagement scheut, für den stehen auch spezialisierte Unternehmensberatungen zur Verfügung.
Fazit: Brandschutz als Wertfaktor
Ein durchdachtes Brandschutzmanagementsystem bietet viele Vorteile: „Versicherer bewerten Brandschutzsysteme grundsätzlich positiv,“ betont Marco van Lier vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Ob damit auch Prämienermäßigungen verbunden sind, hängt von jedem einzelnen Versicherer und der Risikokalkulation für das Objekt ab. Und schließlich wird objektiver Brandschutz auch subjektiv positiv wahrgenommen: Die Bewohner fühlen sich sicherer, und gerade für Familien mit kleinen Kindern und für ältere Menschen ist dies wichtig, da sie sich im Brandfall nicht so schnell in Sicherheit bringen können. Somit kann Brandschutzmanagement ein wichtiges Argument bei der Vermietung von Wohnungen werden.
Teil 1 erklärt, welchen Status Standards haben und worauf Sie bei der Umsetzung achten müssen. Teil 2 bringt Licht ins Dickicht der Verordnungen und gesetzlichen Regelungen. Damit Sie wissen, was gilt.