Doppelt hält besser
Von Sabine Wagner
Auch bei dieser Sicherheit ist es entscheidend, vorab die Bonität und Finanzkraft des potenziellen Bürgen am besten durch eine aktuelle Selbstauskunft abzuklären. Bei einem Rahmenvertrag mit einem Kunden, für dessen Zahlungen der Bürge einsteht (einer so genannten Globalbürgschaft), sollte zudem vereinbart werden, in welchen Zeitabschnitten der Bürge dem Lieferanten bzw. Hersteller eine aktuelle Selbstauskunft automatisch zusendet. Der Gläubiger trägt entsprechende Wiedervorlagefristen ein und fordert gegebenenfalls eine aktuelle Selbstauskunft ein.
Denn der Bürger verpflichtet sich durch die Bürgschaft gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegenüber dem Gläubiger/Inhaber der Zahlungsforderung für die Verbindlichkeiten des Schuldners einzustehen. Der Gläubiger hat damit eine Forderung gegen den Schuldner sowie eine Forderung gegen den Bürgen, wobei die zweite Forderung die erste sichert und deren Bestehen voraussetzt (Akzessorietät). Sobald die Schuld durch Zahlung des Gläubigers erlischt, erlischt automatisch auch die Bürgschaft.
Einseitig verpflichtende Verträge
Im Wirtschaftsleben gibt es folgende Arten von Bürgschaften:
- Selbstschuldnerische Bürgschaft
- Der Bürge hat nach § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf die Einrede der Vorausklage verzichtet; d.h. der Bürge haftet wie der Schuldner und der Gläubiger ist nicht darauf angewiesen, zunächst gegen den Schuldner vorzugehen.
Unternehmen sollten nie eine gewöhnliche Bürgschaft im Sinn des § 765 BGB abschließen, da der Bürge die Zahlung verweigern kann, bis ein Zwangsvollstreckungsversuch in das Vermögen des Schuldners ganz oder teilweise gescheitert ist.
- Bürgschaft auf erstes Anfordern
- Der Bürge kann zunächst keine Einwendungen bzw. Einreden gegen die Forderung geltend machen. Er ist zur Zahlung verpflichtet. Nur über einen so genannten Rückforderungsprozess kann der Bürge versuchen, wieder an sein Geld zu kommen, sofern der Schuldner nicht berechtigt war, auf den Bürgen zurückzugreifen.
- Globalbürgschaft
- Die Haftung des Bürgen erstreckt sich auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten des Schuldners.
Die Globalbürgschaft ist immer individuell auszuhandeln und zu formulieren, damit die Globalbürgschaft nicht gemäß §§ 307 Abs. 1, 767 Abs. 1 Satz 3 BGB (Verbot der Fremddisposition) unwirksam ist. Also: Nie einen Mustertext oder die bereits abgeschlossene Globalbürgschaft als Basis für die nächste verwenden!
- Sicherheitsbürgschaft in § 17 Abs. 4 VOB/B
- Hier kann in der Bürgschaftserklärung auf die Einrede der Vorausklage verzichtet werden (gemäß § 771 BGB); es kann aber nicht geregelt werden, dass der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen hat.
- Ausfallbürgschaft
- Die Ausfallbürgschaft ist gesetzlich nicht geregelt, aber von der Rechtsprechung anerkannt. Der Bürge haftet nur, wenn der Gläubiger nachweisen kann, dass er vom Schuldner keine Bezahlung erlangen kann.
- Konzernbürgschaft
- Sofern der Kunde einem Konzern zugehört, kann die Konzernmutter für eines ihrer Tochterunternehmen einstehen.
Man achte auf den Wortlaut! Eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern sollte im Wortlaut abgebildet werden, sodass gleich auf die finanziell potentere Konzernmutter zurückgegriffen werden kann.
- Teil- und Höchstbetragsbürgschaft
- Der Bürge kann nur für einen Teilbetrag bzw. einen bestimmten Betrag in Anspruch genommen werden. Damit ist das Haftungsrisiko des Bürgen abschließend begrenzt. Darüber hinausgehende Beträge bleiben außen vor.
- Mitbürgschaft
- Verbürgen sich mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, so haften sie als Gesamtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernehmen (§ 769 BGB). Der Schuldner kann sich den finanziell potentesten Bürgen heraussuchen und diesen in voller Höhe in Anspruch nehmen. Der in Anspruch genommene Bürge muss im Innenverhältnis mit den anderen Bürgen zusehen, dass er von jedem den entsprechenden Teilbetrag bezahlt bekommt. Charmant für den Schuldner – im Zweifel lassen sich aber nicht viele Bürgen finden, die das mitmachen.
Bei mehreren Bürgen ist vorab bei jedem einzelnen über eine Selbstauskunft dessen Bonität und Finanzkraft zu erfragen.
- Nachbürgschaft
- Genauso kompliziert wie die Mitbürgschaft ist dieses Konstrukt. Ein Bürge, der durch einen Nachbürgen abgesichert werden muss, ist eigentlich kein wirklicher Bürge. Es sollte sich mit weniger Aufwand eine bessere Lösung finden lassen.
- Rückbürgschaft
- Der Rückbürge haftet gegenüber dem Hauptbürgen für dessen Rückgriffsansprüche gegen den Schuldner, also für den Fall, dass der Hauptbürge mit seinen Einreden und Einwendungen gegenüber dem Gläubiger vor Gericht Erfolg hat.
- Echte Zeitbürgschaft
- Der Bürge haftet nur bis zum Ablauf einer bestimmten Frist gemäß § 777 BGB. Wird der Bürge nicht innerhalb dieser Frist in Anspruch genommen, ist der Bürge automatisch wieder frei.
- Mietbürgschaft
- Eine Mietbürgschaft sichert die Mietschulden des Mieters gegenüber seinem Vermieter. Sobald der Mieter mit der Zahlung im Rückstand ist, kann der Vermieter vom Bürgen die Miete einfordern.
Diese Serie beschreibt die gängigen Arten, Zahlungsausfälle zu vermeiden. Die Systematik beginnt mit den Mitteln, die sich am besten eignen, und endet mit Sicherheitsmaßnahmen, die heutzutage nicht empfehlenswert sind, weil sie zu schwach und in der Handhabung zu aufwendig sind: 1. Akkreditiv, 2. Garantien, 3. Bürgschaft, 4. Schuldbeitritt, 5. Sicherungsübereignung, 6. Gesamtgrundschuld, 7. Grundschuld, 8. Gesamthypothek, 9. Hypothek, 10. Eigentumsvorbehalt, 11. Sicherungsabtretung, 12. Patronatserklärung, 13. Pfandrecht an beweglichen Sachen, 14. Pfandrecht an Rechten. Der Newsletter des MittelstandsWiki informiert Sie, sobald ein neuer Beitrag erscheint.
Fazit: Tilgung durch den Vizeschuldner
Bonität und Finanzkraft des Bürgen vorausgesetzt, stellt die Bürgschaft für den Gläubiger einer Forderung eine starke Sicherheit dar, weil er neben der Forderung gegenüber dem Schuldner noch die Forderung gegenüber dem Bürgen erhält. Dabei sollte man immer darauf achten, dass die vertragliche Bürgschaftsverpflichtung so formuliert ist, dass der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet. Sonst könnte man den Bürgen erst in die Pflicht nehmen, wenn eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner erfolglos geblieben ist.
Sofern Geschäftsführer einer GmbH eine Bürgschaft übernehmen, ist es wichtig, dass sie ihren Namen immer der Firma ihrer GmbH zufügen und nie nur mit dem Namen allein unterschreiben. So vermeidet man spätere Diskussionen darüber, ob sie die Bürgschaftserklärung im eigenen Namen oder im Namen der GmbH abgeben wollten.
- Der folgende Teil dieser Serie widmet sich dem Schuldbeitritt.