Sicherheitslücken sind Kostenfallen
Von Uli Ries
Eine umfangreiche Studie zeigt erstmals auf, welche Kosten der deutschen Wirtschaft durch Datenpannen entstehen: im Schnitt 2,41 Mio. Euro pro Unternehmen. Hätten die Firmen auch nur einen Bruchteil dieser Summen in die nötigen Sicherheitsmaßnahmen und -produkte investiert, wären die Schäden sehr wahrscheinlich erheblich geringer ausgefallen.
Das zumindest postuliert der Chef der Verschlüsselungsfirma PGP Corporation, Phil Dunkelberger. PGP ist der Sponsor der Studie Cost of a Data Breach, die erstmals Zahlen über die Kosten von Datendiebstählen in Deutschland liefert. Damit haben CIOs und CISOs hierzulande nun verlässliche Zahlen zur Hand, um Investitionen in Schulungen oder neue Sicherheitsprodukte zu rechtfertigen. Das Ergebnis: Durchschnittlich 112 Euro kostete ein verlorener Datensatz. Der Gesamtschaden variierte pro Vorfall, je nach der Zahl der verschwundenen Datensätze (3750 bis 90.000), zwischen 267.000 Euro und 6,75 Mio. Euro.
Schützen und schulen
Befragt wurden 18 Unternehmen, die im vergangenen Jahr einen Datenverlust erlitten hatten. Die Zahl ist deshalb so niedrig, da es in Deutschland – anders als z.B. in den USA – keine gesetzlich verankerte Pflicht zur Veröffentlichung solcher Datenpannen gibt. Das Ponemon Institute war bei der Suche nach Informanten auf die persönlichen Kontakte seines Leiters Larry Ponemon angewiesen. Bei PGP zeigt man sich jedoch zuversichtlich, dass die Zahl der auskunftsbereiten Unternehmen in Zukunft steigen wird, da die hiesigen CIOs und CISOs großes Interesse an den Studiendetails haben. Und nur wer Auskunft gibt, bekommt die detaillierten Ergebnisse gratis.
Anders als die amerikanischen Opfer von Datenpannen, konzentrieren sich deutsche Unternehmen nach dem Vorfall verstärkt auf den Einsatz neuer Schutztechniken wie Datenverschlüsselung oder Data Leakage Prevention. Erst in zweiter Linie greift man zu Schulungsmaßnahmen, um das Bewusstsein der Angestellten zu schärfen. Amerikanische Firmen, denen erstmals Daten abhanden kommen, reagieren in umgekehrter Reihenfolge.
Teil 1 erklärt, wann Unternehmen einen Beauftragten für den Datenschutz brauchen und warum externe Profis oft die bessere Wahl sind. Teil 2 setzt auseinander, wie Betriebsrat und Mitarbeiter am besten mitspielen und was in den Verfahrensplänen stehen muss. Teil 3 geht das Thema von der anderen Seite an und fragt, was der Wirtschaftsprüfer bei der Kontrolle zu Gesicht bekommen darf. Teil 4 stellt ein Schutzklassensystem vor und betrachtet Datenschutz und EDV-Compliance als Wettbewerbsvorteil.
Beide Wege scheinen sinnvoll angesichts der Tatsache, dass hierzulande 28 % aller Datenpannen auf verlorenen Laptops basieren – und nicht auf Hackerangriffen oder Industriespionage. Durch Mitarbeiterschulungen kann die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verlusts gesenkt, durch Verschlüsselung der Daten das Risiko minimiert werden, wenn das Gerät verschwindet. Daher rät Dunkelberger, sich nicht auf einen einzigen Schutzmechanismus zu konzentrieren und z.B. Datenverschlüsselung als Allheilmittel zu sehen. Ihm zufolge sichert nur die Kombination verschiedener Schutzmaßnamen (Training der Mitarbeiter, DLP, Verschlüsselung Datenbestände etc.) tatsächlich ab.
Undichte Kooperation
Setzt sich der in den USA erkennbare Trend fort – dort wird die Studie schon seit vier Jahren erstellt –, dann werden die Probleme durch Mitarbeiter auch in Deutschland zunehmen. Denn in Amerika gehen 88 % der Datendiebstähle nicht auf das Konto von Crackern, sondern sind auf Nachlässigkeit zurückzuführen. Und nicht nur die eigenen Mitarbeiter gehen schlampig mit den ihnen anvertrauten Daten um, auch externe Partner wie Berater, Dienstleister oder Geschäftspartner sind eine immer größer werdende Gefahrenquelle: Waren externe Personen im Jahr 2005 nur in knapp über 20 % aller Vorfälle verwickelt, waren es 2008 schon 44 %.
Der durch externe Personen pro Datensatz verursachte Schaden ist mit 231 US$ um 52 US$ höher, als wenn der Datenverlust durch eigene Mitarbeiter verursacht wird.
Die durchschnittlichen Gesamtkosten, die ein Datendiebstahl mit sich bringt, lagen bei 2008 bei 6,6 Mio. US$ pro Vorfall (2007: 6,3 Mio. US$, 2006: 4,7 Mio. US$). Das Spektrum reichte 2008 von 613.000 US$ bis hin zu beinahe 32 Mio. US$ pro Einzelfall. Interessant ist auch, wie sich die von Ponemon für Deutschland ermittelten Kosten pro verlorenem Datensatz zusammensetzen: Je 36 Euro entfielen auf entgangene Umsätze, Ausgaben für Aufdeckung und interne Aufarbeitung sowie Reaktionen gegenüber den betroffenen Personen. Die übrigen 4 Euro wurden für die Benachrichtigung der Betroffenen aufgewandt – mangels gesetzlich verankerter Veröffentlichungspflicht ein vergleichsweise marginaler Betrag.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazinreihe. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Fazit: Vertrauensverlust vorbeugen
Im Vergleich zur üblichen Fluktuation steigerte sich die Zahl der Kunden, die sich im gestörten Vertrauen nach einer Datenpanne vom Unternehmen abwandten, um 3,24 %; ein von Ponemon befragtes Unternehmen verlor sogar 8 % der Bestandskunden. Die Folge unplanmäßiger Kundenverluste sind niedrigere Umsätze sowie höhere Marketing-Aufwendungen zur Neukundengewinnung – Kosten und Mühen, die vermeidbar sind, wenn sensible Daten von Beginn an besser gesichert werden.
Uli Ries ist freier Journalist und Autor mit abgeschlossene journalistischer Ausbildung und langjähriger Erfahrung (u.a. bei CHIP, PC Professionell und www.notebookjournal.de). Seine Spezialgebiete sind Mobilität, IT-Sicherheit und Kommunikation – zu diesen Themen tritt er immer wieder auch als Moderator und Fachreferent auf.
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