Nummerngassen zu Mehrwertdiensten
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group
Servicerufnummern sind spezielle Telekommunikationsdienste, die überwiegend – aber nicht ausschließlich – in der Sprachkommunikation eingesetzt werden. Der Anrufer kann sie anhand der Vorwahlnummern leicht erkennen.
Mehrere Gruppen von Servicerufnummern bzw. Rufnummerngassen haben unterschiedliche Zielsetzungen und ermöglichen andere Anwendungen. (Welche Mehrwertdienste und Geschäftsmodelle im M-Commerce sich im Einzelnen bieten, erörtert der Haupteintrag Servicerufnummern.)
Kennzahl 0800
0800er-Rufnummern sind für den Anrufer kostenfrei. Die anfallenden Gesprächskosten trägt der Angerufene. Mit solchen Nummern werden z.B. Bestellhotlines und andere vertriebsnahe Dienstleistungen zugänglich gemacht.
Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Servicerufnummern gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Servicerufnummern – vielseitig einsetzbar. Erfolgreiche Geschäftsmodelle von der Klassifizierung bis zur Abwicklung“, den Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki bekommen.
Eine 0800er-Servicerufnummer im Vertrieb gilt als besonders kundenfreundlich und wird daher auch als Kundenbindungsinstrument eingesetzt: Weil für den Anrufer die Kommunikationskosten entfallen, wird die Kontaktschwelle niedriger. Dies erleichtert den Kundenkontakt und stimuliert den Dialog zwischen Unternehmen und Kunden stärker als dies bei einer herkömmlichen geografischen Telefonnummer (mit ortsbezogener Vorwahl) der Fall ist. Der 0800er-Dienst kann außerdem nach Anforderungen des Anbieters optimiert werden, so dass z.B. jeder Anrufer je nach Themenstellung zum richtigen Ansprechpartner im Unternehmen weitergeleitet wird. Übrigens ersparen sich auch immer mehr Unternehmen mit einer 0800er-Rufnummer die umständliche Telefonkostenabrechnung bei Dienstgesprächen über Privatanschlüsse (Home Office).
Statistikauswertungen der Anrufe können für eine einfache Werbeerfolgskontrolle und den schnellen Test von Kundenreaktionen genutzt werden, wenn der Betreiber entsprechende Einrichtungen für Auswertungen vorhält.
Kennzahl 0180
0180er-Rufnummern, auch Shared-Cost-Dienst (SCD) genannt, haben unterschiedliche Preisstrukturen und -höhen. In der Regel werden die Gesprächskosten zwischen Anrufer und Angerufenem geteilt. Kundenberatung und Informationsdienste funktionieren oft über 0180er-Rufnummern. Der Anbieter kann auf diesem Weg einen Teil seiner Kosten auf den Anrufer abwälzen oder sogar Überschüsse erwirtschaften, die ihm der Netzbetreiber auszahlt – dies allerdings in einer rechtlichen Grauzone, denn vom Anrufenden darf laut Bundesnetzagentur kein Entgelt erhoben werden, das an den Nutzer der Nummer ausgezahlt wird. Rufnummern für SCD sollten nicht verwendet werden, wenn durch die Nutzung der Rufnummer ein Massenverkehr zu erwarten ist, der Netzüberlastungen verursachen kann.
An die Dienstekennzahl (0180) schließt sich eine siebenstellige Teilnehmerrufnummer an. Deren erste Ziffer kennzeichnet den Tarif (Tarifkennung), den der Anrufende zu zahlen hat.
Folgende Tarifkennungen gibt es:
- 0180-1 zeitabhängiger Tarif pro Minute
- 0180-2 Festtarif pro Anruf
- 0180-3 zeitabhängiger Tarif pro Minute
- 0180-4 Festtarif pro Anruf
- 0180-5 zeitabhängiger Tarif pro Minute
Kennzahl 0900
0900er-Rufnummern (früher: 0190er-Rufnummern) ermöglichen zusätzlich die Erhebung eines (unterschiedlich hohen) Aufschlags auf die Gesprächsgebühr, den der Anrufer zahlen muss. Mit diesen Nummern werden oft Abrufe von Inhalten oder Dienstleistungen verrechnet, vom Horoskop bis zur Beratungsleistung. Die bekannteste Anwendung von 0900er-Rufnummern sind allerdings immer noch die Erotik-Hotlines, die oft den gesamten Servicerufnummerneinsatz in Verruf bringen. Diese Angebote sind aber bei weitem nicht die einzigen.
Mit den 0900er-Servicerufnummern können Anbieter Inhalte und Dienstleistungen im Niedrigpreissegment schnell und unkompliziert vermarkten – und gleichzeitig abrechnen. Anwendungsmöglichkeiten finden sich z.B. bei Rechtsberatungshotlines oder Computerhilfen, in Unterhaltungsdiensten, z.B. bei Quizveranstaltungen mit Gewinnmöglichkeit, oder bei Spendenhotlines.
Die Preise für die Nutzung der 0900er-Gasse sind aus dem deutschen Festnetz frei gestaltbar; je nach technischer Ausrüstung des Anbieters kann die Tarifierung auch während eines laufenden Gesprächs geändert werden. So lassen sich flexible Abrechnungsmodelle realisieren, die der Dienstleistung am besten gerecht werden. Der Anrufer zahlt im Idealfall dem tatsächlichen Nutzen entsprechend: Warteschleifen werden z.B. nicht berechnet, wohl aber das folgende Expertengespräch. Für erklärungsintensive Probleme kann man auch einen Blocktarif anbieten, damit der Anrufer sich bei längeren Gesprächen keine Gedanken über die Kosten machen muss. Der Anbieter hat auf jeden Fall dafür zu sorgen, dass der Anrufer durch eine Ansage vorab vollständig und korrekt über die Kosten informiert wird, die tatsächlich anfallen.
Der Minutenpreis darf aufgrund der Vorgaben durch die Bundesnetzagentur höchstens 2 Euro betragen, und der Preis für einen Anruf, der nach Blocktarif abgerechnet wird, höchstens 30 Euro. Auch die Abrechnung von Dienstleistungen im Abonnement ist möglich, d.h. es können mit einem Anruf Zahlungen zu wiederkehrenden Terminen ausgelöst werden. Anrufe aus dem Mobilfunk auf eine 0900er-Servicerufnummer werden im so genannten Online-Billing abgerechnet. Dabei kommen die Anrufertarife und Ausschüttungen zur Anwendung, die von den einzelnen Mobilfunkbetreibern festgelegt wurden.
Im Rahmen einer freiwilligen Selbstkontrolle durch den Anbieter folgt auf die Dienstekennzahl (0900) eine Ziffer zur Inhaltekennung:
- 0900-1 für Information oder Faxabruf
- 0900-3 für Unterhaltungsangebote oder Faxabrufe (aber keine Erotikdienste)
- 0900-5 für sonstige Dienste (insbesondere Erotikdienste)
- 0900-9 für den Dialer-Einsatz in Internet-Applikationen
Dialer sind Software für die Nutzung von kostenpflichtigen Internet-Inhalten, bei denen eine parallele Verbindung zu einer Servicerufnummer aufgebaut wird, über die dann die Nutzung der Seiteninhalte abgerechnet wird. Hierfür dürfen ausschließlich die von der Bundesnetzagentur zur Verfügung gestellten Rufnummern der Sondergasse 0900-9 genutzt werden. Durch die Inhaltekennzeichnung haben Anschlussinhaber die Möglichkeit, in Telefonanlagen gezielt bestimmte Inhalte zu sperren (z.B. 0900-5).
Kennzahl 0137
0137er-Rufnummern (auch „MABEZ-Nummern“, Rufnummern für den MAssenverkehr zu BEstimmten Zielen) sind in der Regel für den Anrufer teurer als die reinen Gesprächsgebühren. Diese Rufnummerngasse wurde für Massenanrufe geschaffen: Im Rahmen von Fernseh- oder Radiowerbung mit Abstimmungsaktionen, Sonderangeboten, Promotion-Aktionen oder Gewinnspielen erwartet man für den Aktionszeitraum eine außergewöhnlich hohe Anzahl von eher kurzen Anrufen (typischerweise mehr als 30 Anrufe pro Sekunde). Dann sind MABEZ-Servicerufnummern gut geeignet, da sie auf Massenanrufe ausgerichtet sind und eine einfache und schnelle Abwicklung garantieren. Je nach Netzbetreiber können die 0137er-Anrufe unmittelbar beantwortet, gezählt und ausgewertet werden. In den Rufnummerngassen 0137-1 und 0137-3 entstehen für den Anrufer nur geringe Verbindungskosten; sie werden daher auch als unterstützendes Kundengewinnungs– und Kundenbindungsinstrument eingesetzt.
Kennzahl 118
118er-Rufnummern werden für Auskunftsdienste genutzt. Das sind bundesweit jederzeit vorwahlfrei erreichbare Informationsdienste, die ausschließlich der Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift und zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen sollen.
Unter der 118er-Rufnummer eines Auskunftsdienstes müssen mindestens alle Telefonnummern von Teilnehmern des Sprachtelefondienstes und der bundesweiten zellularen Mobilfunknetze für Sprachkommunikation (Inlandsauskunft) oder alle Rufnummern von Teilnehmern ausländischer Sprachtelefondienste (Auslandsauskunft) erfragbar sein (soweit die Teilnehmerdaten für die Diensteanbieter zu angemessenen Entgelten zur Verfügung stehen und die Teilnehmer der Auskunftserteilung nicht ganz oder teilweise widersprochen haben). Auch die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil eines solchen 118er-Auskunftsdienstes sein. Rufnummern für Auskunftsdienste belegen in jedem Teilnehmernetz den Teilbereich der 118er-Rufnummern. Viele der zugeteilten Rufnummern für Auskunftsdienste werden als Portal für Mehrwertdienste benutzt. Während die 90 in der Gasse 118xy zur Verfügung stehenden Rufnummern für klassische Auskunftsdienste reichen würden, ist der Bedarf des Marktes an Portalrufnummern mit kurzen Rufnummern für spezielle Auskunftsdienste um ein Vielfaches größer.
Kennzahl 018
018er-Rufnummern sind für geschlossene Nutzergruppen und VPNs (Virtual Private Networks) reserviert, z.B. für Unternehmen und Organisationen mit verteilten Standorten.
Kennzahl 0181
0181er-Rufnummernblöcke sind für Internationale Virtuelle Private Netze (IVPN) reserviert. Beantragt werden können diese Rufnummern von beliebigen Gruppen natürlicher oder juristischer Personen, die über mindestens je eine Niederlassung im Inland und im Ausland verfügen.
Kennzahl 012
012er-Rufnummern können Unternehmen beantragen, die einen innovativen Dienst anbieten wollen, der die Nutzung anderer Bereiche des nationalen Nummernraums für das öffentliche Telefonnetz (PSTN) ausschließt. Derzeit sind 012er-Rufnummern noch relativ selten im Einsatz – zu den wenigen Unternehmen, an die sie vergeben wurden, gehören z.B. Web.de und 3U Telecom.
Kennzahl 0700
0700er-Rufnummern sind keine Servicerufnummern im eigentlichen Sinne, sondern als netzunabhängige persönliche Rufnummern ausgelegt. Sie beginnen mit der bundesweit einheitlichen Dienstekennzahl 0700, durch die grundsätzlich der Zugang zu und von allen Telekommunikationsnetzen unter einer Rufnummer möglich ist – unabhängig vom Standort, vom Endgerät, von der Übertragungsart (Leitung/Mobilfunk) und der Technologie.
Die Teilnehmerrufnummer besteht immer aus acht Stellen. Doch auch Vanity-Begriffe, z.B. den Namen des Nutzers, die aus mehr als acht Stellen bestehen, kann man vollständig nutzen; beim Wählvorgang werden dann nur die ersten acht Stellen berücksichtigt. 0700er-Rufnummern können beim Referat „Nummernverwaltung“ der Bundesnetzagentur beantragt werden.