Das Dickicht wird etwas lichter
Von Sabine Philipp
„Drittes Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft“ heißt das am 23. Juli 2008 beschlossene Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz (MEG III) offiziell, das am 25. März 2009 in Kraft trat. Es mistet nicht nur Bestimmungen aus längst vergangenen Epochen aus oder tilgt Regelwerke, die nur für Profi-Abmahner von Bedeutung waren – viele Firmen können sich nun auch komplizierte Meldungen bei den Behörden sparen.
Für 2009 sind rund 97 Mio. Euro kalkuliert, die Unternehmen mit diesen Paragrafenstreichungen einsparen sollen. Auch der Verwaltungsapparat selbst kommt dann günstiger; er spart 8,6 Mio. Euro.
Weil das Mittelstandsentlastungsgesetz eine kunterbunte Streichlichte ist, die quer durch die Sachgebiete geht, haben wir die für Unternehmen wichtigsten Maßnahmen im Folgenden zusammengefasst:
Die wichtigsten Änderungen
- Für die Handwerksstatistik müssen Daten nicht mehr im Betrieb erhoben und gemeldet werden, da die Ämter auf die Daten zurückgreifen, die sie ohnehin schon haben.
- Das Statistische Bundesamt kann nun Tabellen (einschließlich der so genannten Tabellen-Eins) an das Umweltbundesamt übermitteln.
- Der steuerliche Freibetrag bei Körperschaften nach § 24 Körperschaftsteuergesetz* (KStG) wurde auf 5000 Euro und bei Körperschaften nach § 25 KStG auf 15.000 Euro erhöht. Die erhöhten Freibeträge gelten ab 2009.
- Viele Schausteller und sonstige Unternehmer nach § 22 Abs. 5 Umsatzsteuergesetz (UStG), die zur Buchführung verpflichtet sind bzw. freiwillig Bücher führen, aber keine gewerbliche Niederlassung haben, müssen nun kein Umsatzsteuerheft mehr führen.
- Die Einführung einer zweiten Inlandsumsatzschwelle von 5 Mio. Euro in § 35 Abs. 1, Nr. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), soll dafür sorgen, dass weniger Fusionen beim Bundeskartellamt gemeldet werden müssen.
- Wer die Aufstellung von Automaten als selbständiges Gewerbe betreibt, muss sich nicht mehr nach § 14 Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) bei den Behörden melden, in deren Zuständigkeitsbereich die Maschinen aufgestellt werden.
- Gewerbetreibende, die eine offene Verkaufsstelle bzw. Betriebsstätte oder eine Gaststätte betreiben, müssen nicht mehr nach § 15a Abs. 1 GewO ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Eingang in deutlich lesbarer Schrift anbringen.
- Für Gewerbetreibende, für die keine Firma im Handelsregister eingetragen ist, entfällt § 15b GewO. Sie müssen also nicht mehr auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und ihre ladungsfähige Anschrift angeben.
- Der neue § 157 GewO legt fest, dass Gewerbetreibende, die am 31. Oktober 2007, also vor Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes, über eine Vermittlererlaubnis im Sinne des § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GewO alte Fassung verfügten, auch eine Erlaubnis zur Anlageberatung haben. Sie müssen ihre Erlaubnis nicht erweitern bzw. keine neue Erlaubnis beantragen.
- Auch Pfandleihern wird durch die Deregulierung der Pfandleiherverordnung (§§ 7, 8 und 11 PfandlV) das Leben leichter gemacht. So entfällt z.B. in § 8 das Wort „angemessen“ bei der Versicherung gegen Beraubung, das in der Vergangenheit zu Auslegungsschwierigkeiten geführt hat.
- Die Inseratensammlung in der Makler- und Bauträgerverordnung nach § 13 MaBV fällt weg.
- In der Versteigererverordnung werden die Pflicht zur Anfertigung eines Versteigerungsverzeichnisses für öffentliche Versteigerungen (§ 2 VerstV) und das bundesrechtliche Versteigerungsverbot an Sonntagen (§ 5 VerstV) aufgehoben.
- Es gibt im Milch- und Margarinegesetz (MilchMargG) nun keinen Erlaubnisvorbehalt mehr zum Betrieb eines milchwirtschaftlichen Unternehmens.
- Gestrichen wird auch im Telekommunikationsgesetz (TKG), und zwar die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 141 Abs. 1 TKG. (Außerdem kassiert die Bundesnetzagentur nicht mehr nach § 142 Abs. 1 Nr. 8 TKG Gebühren und Auslagen für Tätigkeiten im Rahmen des Verfahrens für die Anerkennung als Anerkannte Abrechnungsstelle für den internationalen Seefunkverkehr.)
- Die Auskunftspflichtverordnung (APflV) fällt weg. (Sie beruhte auf einer Notgesetzgebung aus der Inflationszeit im Jahre 1923 und hatte Behörden ermächtigt, die wirtschaftlichen Verhältnisse von Unternehmen – z.B. Preise, Vorräte, Leistung und Leistungsfähigkeit – zu überprüfen.)
- Das Zollkontingentscheingesetz wird aufgehoben. (Es ist nicht mehr erforderlich, da das Zollkontingentverfahren auf die Europäische Union übergegangen ist.)
- Auch die beiden Paragrafen der Verordnung über die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 25 des Gesetzes über das Postwesen werden aufgehoben.
* Bitte beachten Sie, dass Sie bis zur Aktualisierung der Gesetzesfassungen hinter den Paragrafenlinks im Web noch die alte Gesetzesfassung finden.
Karl Farkas (1898–1971)
Fazit: Wachstum braucht Freiraum
Das Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz zeigt eindrucksvoll, mit welchem Kram sich Mittelständler bislang herumplagen mussten. Freilich ist es keine „Mittelstandsentlastung“, wenn Zuständigkeiten auf die EU übergehen. Dennoch bleibt zu hoffen, dass der Paragrafendschungel bei uns in ungefähr dem Tempo gelichtet wird, in dem die EU-Richtlinien nachwuchern. Das spart Frust und es kommt wieder Sonne an den Wirtschaftsstandort.