Umstandslos prüfen, vorkontieren, signieren
Von Frank Zscheile
Elektronische Dokumente und Akten sind im Main-Taunus-Kreis nichts Neues, denn schon seit Längerem arbeitet die Kommunalverwaltung mit einem System für die digitale Ablage. Darauf aufbauend führt die Verwaltung nun zusätzlich elektronische Workflows ein, mit denen man die kommunalen Abläufe beschleunigen will. Der erste Schritt wurde bei der digitalen Rechnungsbearbeitung getan.
Ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) setzt der Kreis seit 2002 in ausgewählten Verwaltungsbereichen ein, unter anderem im Straßenverkehrsamt. „In den letzten Jahren haben wir das System um Volltexterkennung und allgemeine Schriftgutverwaltung erweitert“, sagt Ralph Basedow, Leiter im Haupt- und Organisationsamt des Kreises, „noch in 2012 wollen wir das Fachverfahren im Ausländerwesen mit DMS-Funktionen ausstatten und dann sukzessive alle Bereiche einbeziehen.“ So will man weg von den Aktenordnern und die Abläufe innerhalb der Fachverfahren effizienter gestalten; die Basis sind dann keine Papier-, sondern elektronische Dokumente.
Bislang hatte der Kreis reines Dokumentenmanagement (bzw. ECM) betrieben, also die Ablage vormals papierbasierter Unterlagen und Akten in elektronischer Form. Der erste Schritt in Richtung Prozessgestaltung war die Einrichtung eines digitalen Rechnungsworkflows Anfang 2012. Die Software (2Charta-BPM FlowManager) kommt, ebenso wie das bestehende DMS, vom Anbieter Lorenz Orga. Den Anfang machten die Rechnungen des Haupt- und Organisationsamtes, recht schnell soll die Lösung nun in weiteren Ämtern zum Einsatz kommen.
Elektronische Rechnungsbearbeitung
Am Anfang steht stets eine Beschaffung als Auslöser der Rechnung. Der Kollege der Beschaffungsstelle im Haupt- und Organisationsamt legt im DMS dafür einen elektronischen Vorgang mit bestellbezogenen Dokumenten an. Sobald die Rechnung eintrifft, scannt ein Mitarbeiter der Poststelle sie ein und leitet sie per Workflow zur Bearbeitung an die Beschaffungsstelle. „Unsere Kolleginnen erfassen die Rechnungen direkt in einer dafür vorgesehenen Maske im Workflow-System,“ erklärt Siegfried Nickelfeld, Leiter der Beschaffung. „In diese tragen sie die Daten aus der gescannten Rechnung ein. Über Schnittstellen ist der Workflow mit dem Finanzwesen newsystem kommunal verbunden, aus dem das Workflow-System zugleich die Stammdaten des Kreditors übernimmt.“
Viele öffentliche Verwaltungen gehen heute bereits den Weg vom Dokumentenmanagement zum (Rechnungs-)Workflow. Eine Reihe guter Beispiele hierfür findet man im Rahmen der Plattform ECMtoday auf den Seiten des DMS-Branchenverbands VOI (Verband Organisations- und Informationssysteme e.V.). Auch unter den archivierten VOI-Messevorträgen zur CeBIT, DMS EXPO etc.) findet sich viel hilfreiches Material.
Ein anschauliches Video für Rechnungsworkflows (mithilfe von FlowManager) gibt es auf YouTube zu sehen. Übrigens verwenden etliche Hersteller nahezu gleichbedeutend mit DMS seit einigen Jahren auch das Kürzel ECM (Enterprise Content Management).
Mit qualifizierter elektronischer Signatur
Nach der Erfassung kontieren die Kolleginnen in der Beschaffung die Rechnung und zeichnen sie hinsichtlich sachlicher und rechnerischer Richtigkeit ab. Der Vorgang gelangt dann – abhängig von Betragsgrenzen und Zuständigkeit – automatisch an den Anordnungsbefugten, der sie mittels Aufbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur anordnet. Diese ist das einzig gültige Signaturverfahren für das Anordnungswesen, so steht es in der Gemeindekassenverordnung. Im seinen Workflow hat Lorenz Orga dafür die Signaturtechnologie digiSeal des Anbieters Secrypt integriert. Jeder anordnungsbefugte Beschäftigte im Kreis hat eine elektronische Signaturkarte und kann durch so genannte Sammelanordnungen auch sehr zeitsparend seine Anordnungen signieren.
Im Durchlauf bis zur Freigabe
Nächste Station nach der Anordnung ist die zentrale Finanzbuchhaltung. Sie erhält die Rechnung samt eventuell hinzugefügter Dokumente sowie Bearbeitungsvermerke und prüft den Vorgang noch einmal (Vier-Augen-Prinzip). Entdeckt der Buchhalter dort einen Fehler in der Kontierung, kann er die Rechnung über den Workflow wieder an die Beschaffung zur Korrektur geben.
Zeichnet die Finanzbuchhaltung die Rechnung schließlich frei, gelangen die während der Bearbeitung im Workflow erfassten Daten über eine Schnittstelle an das Finanzwesen newsystem kommunal. Dort finden schlussendlich Buchung und Auszahlung statt. Davor prüft auch die Kasse den Vorgang nochmals und vergleicht die Auszahlungsbeträge mit der Rechnung. Hier zeigen sich die Vorzüge der Integration von newsystem kommunal, DMS und Workflow: Die Rechnung lässt sich direkt aus dem Finanzverfahren heraus mittels Funktionstaste aufrufen, ebenso wie der gesamte Workflow mit allen Informationen zum Freigabeprozess.
Fazit: Der gesamte Ablauf am Bildschirm
Ist die Rechnung bezahlt, endet auch der Workflow-Prozess. Er wird daraufhin im Dokumentenmanagementsystem abgelegt.
Zum Prozess gehören bis zu diesem Zeitpunkt alle während der Bearbeitung angefallenen Dokumente – also die Rechnung als solche, zugehörige Dokumente wie Lieferschein und Schriftverkehr, die Auszahlungsanordnung mit Signatur, Buchungsdaten und der protokollierte Verlauf des Workflows, aus dem ersichtlich ist, wer wann was erledigt hat.
Der Sachbearbeiter hat mit der Ablage der Rechnungsdokumente also keinen Aufwand. Die Rechnung und alle damit verbundenen Belege stehen während und nach der Bearbeitung für die Recherche zur Verfügung. Wer über die Berechtigung verfügt, hat darauf Zugriff. Den Aktenschrank oder -ordner muss niemand mehr bemühen. Darum zeigt sich Ralph Basedow auch so zufrieden: „Rechnungen prüfen, vorkontieren und signieren,“ sagt er, „das findet bei uns alles heute komplett am Bildschirm statt. Klar, dass die Rechnungsbearbeitung dadurch viel schneller geht als früher. Die Effizienz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich durch DMS und Workflow entscheidend gesteigert.“