E-Akte: Wie Verwaltungen die E-Akte einführen

Spätestens ab 2020 sollen Bundesbehörden auf elektronische Schriftgutverwaltung umgestellt haben. Entscheidend für einen erfolgreichen Übergang ist aber nicht zuletzt die Akzeptanz der Anwender in den Amtsstuben. Moderne Formen sozialer Zusammenarbeit können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Vernetzte Schriftgutverwaltung

Von Sabine Philipp

Dem Branchenkompass 2013 Public Services von Steria Mummert Consulting zufolge haben 70 % der 100 befragten Entscheider aus deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen bereits in die E-Akte investiert, weitere 26 % haben entsprechende Pläne für die nächste Zeit. In der Tat zahlt es sich aus, die mitunter kilometerlangen Aktenbestände elektronisch zu erfassen und zu verwalten. Dr. Michael Tschichholz vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin zählt auf, dass E-Akten mit Suchlösungen schneller zu finden sind, dass es weniger Bruchstellen und mehr Transparenz gibt, dass mehrere Personen von unterschiedlichen Orten aus E-Akten bearbeiten können und Zugriff darauf haben bzw. den Bearbeitungsstand abrufen können sowie dass E-Akten schließlich sehr viel schneller kommuniziert werden können.

Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit

Bei der Einführung gibt es natürlich einiges zu beachten. So muss nicht nur die Schriftgutverwaltung von Bundesbehörden die Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung einhalten „Eine gute Orientierung, wie eine solche Lösung aufgebaut sein sollte, ist im Organisationskonzept zur elektronischen Verwaltungsarbeit dokumentiert“, erklärt der stellvertretende Leiter des Fraunhofer-Kompetenzzentrums ELAN (Electronic Government and Applications). Das Konzept ist in einem modular aufgebauten Leitfaden des Bundesministeriums des Innern dargelegt, der das bisherige DOMEA-Konzept ablöst. So beschreibt z.B. der Baustein E-Akte die grundlegenden Anforderungen an die elektronische Akte, der Baustein E-Vorgangsbearbeitung die rechtlichen, fachlichen und funktionalen Anforderungen an eine elektronische Vorgangsbearbeitung sowie deren Umsetzung im behördlichen Geschäftsgang aus organisatorischer Sicht.

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Dr. Michael Tschichholz ist stellvertretender Leiter des Geschäftsfelds E-Government beim Fraunhofer FOKUS und wirkt in diversen Standardisierungsvorhaben (ISO, ITU-T, XÖV) mit. Der Diplom-Informatiker und Dr. Ing. war Initiator – und von 2003 bis 2010 Leiter – des Fraunhofer eGovernment Zentrums.

Aber der Aufwand lohnt sich, wie die ersten Erfahrungen gezeigt haben. „Im dänischen Ministerium für Soziales und Integration spart jeder Mitarbeiter durch eine solche Lösung täglich 30 bis 45 Minuten Zeit“, erläutert Tschichholz, der mit seinen Kollegen eben diese Software (cBrain F2) für den deutschen Einsatz erprobt. „F2 ist ein Windows-basiertes System. Das Herzstück ist eine große Datenbank, die alle eingescannten Papierdateien sowie alle Mails enthält. Weitere Features sind eine Suchlösung und Soziale-Netzwerk-Komponenten wie z.B. Chat.“

In Dänemark ist diese Lösung innerhalb weniger Wochen bereits in zehn Ministerien und den dänischen Außenvertretungen eingeführt worden. Für vier Ministerien wird die Lösung bereits in der dänischen eGov-Cloud betreiben. Im Fraunhofer-FOKUS-eGovernment-Labor wurden für mehrere Ministerien und Kommunalverwaltungen Anwendungsszenarien realisiert. Tschichholz rechnet für 2015 mit Projekten auf dieser Basis.

E-Government-Gesetz
Das E-Government-Gesetz hat u.a. die Grundsätze der elektronischen Aktenführung sowie des „ersetzenden Scannens“ (anstelle der Führung klassischer Papierakten) geregelt. § 6 sieht in Bundesbehörden die elektronische Aktenführung ab 2020 vor. Ausgenommen sind Behörden, bei denen das Führen elektronischer Akten bei langfristiger Betrachtung unwirtschaftlich ist.

Akzeptanz dank Kollaboration und Mobilität

Ein kritischer Erfolgsfaktor sind für Tschichholz die modernen Kollaborationsmöglichkeiten per Chat oder durch ein gemeinsames Gruppenarchiv sowie der informelle Austausch von persönlichen Dokumenten mit Kollegen. Im Organisationskonzept ist dies im Baustein E-Zusammenarbeit zusammengefasst. „Als F2 für das dänische Verkehrsministerium entwickelt wurde, bemerkten die Hersteller, dass Wissensarbeiter keine Einzelkämpfer sind. Sie arbeiten immer mit anderen Kollegen zusammen und agieren mit ganz vielen unterschiedlichen Datensträngen“, sagt der promovierte Diplom-Informatiker dazu. „Viele Mitarbeiter kennen soziale Netzwerke aus ihrer Freizeit. Die Kollaborationsmöglichkeiten erleichtern die Arbeit und heben die Nutzerakzeptanz.“ Und das ist wichtig: Laut Branchenkompass klagt die Hälfte der Entscheider darüber, dass E-Aktenlösungen in den Verwaltungen nicht in wünschenswertem Maße angenommen werden.

Tschichholz sieht auch, dass schlüssige mobile Konzepte die Akzeptanz steigern können, da mobiles Arbeiten immer populärer wird. In Dänemark war das sogar der entscheidende Erfolgsfaktor, da die Führungskräfte rasch erkannten, wie sehr sie von papierlosen Akten auf ihren iPads profitieren. Die dänische Lösung ermöglicht die sichere Übernahme und Ablage der Akten durch die geschlossene App F2 Manager. Darüber hinaus kann die Bearbeitung auch über einen sicheren Kommunikationskanal mit einem Webbrowser erfolgen. Beide Lösungen wurden in Dänemark für die sichere Nutzung in den Ministerien freigegeben.

Fazit: Abläufe prüfen, Mitarbeiter einbeziehen

Nutzerfreundlichkeit ist für Tschichholz das A und O einer erfolgreichen Umstellung auf E-Akten. Dazu gehört auch ein entsprechend durchdachtes Change Management. Der BMI-Baustein Leitfaden für verantwortliche Führungskräfte rät daher dazu, beim Veränderungsmanagement die Beschäftigten früh über die Projektziele, die Planungen zum Vorgehen und die anstehenden Veränderungen zu informieren und ihnen auch ausreichend Diskussionsmöglichkeiten zu geben.

Ebenso müssen Aufbau- und Ablauforganisation zwingend überprüft und gegebenenfalls angepasst oder optimiert werden. „Auf jeden Fall sollen die Mitarbeiter mit der neuen Lösung ihre Arbeit einfacher bewältigen können, ohne dass sie die elektronischen Akten umständlich im Archiv ablegen müssten – dies muss im Prozess automatisiert erfolgen“, betont Tschichholz abschließend, „sonst ist die Akzeptanz schnell dahin.“ Schließlich soll die E-Akte beiden Seiten das Leben leichter machen, den Bürgen ebenso wie der Verwaltung.

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