Heiraten in der Cloud? Ja, ich will!
Von Frank Zscheile
Bürgerfreundlicher werden trotz Mehrarbeit und Stellenabbau – dies erreichen Kommunen über E-Government und digitale Prozesse, kurz: eine moderne IT. Cloud Computing steht als Megatrend dabei derzeit im Vordergrund. Einige der besten Realbeispiele kommen aus dem Bereich von Standesamtfachverfahren und elektronisch geführtem Personenstandsregister. Und Experten prognostizieren bereits, dass künftig alle Fachanwendungen im Sinne von Cloud Computing betrieben werden. Denn auch kleine Verwaltungen können auf diese Weise modernste Technologie nutzen, wenn sie Anwendungen, Server oder Infrastruktur über das Internet beziehen – und dies ohne hohe Investitionen.
Noch gibt es allerdings Hindernisse, vor allem in den Bereichen Sicherheit und Datenschutz. Unter den verschiedenen möglichen Modellen des Cloud-Betriebs lassen Fachleute im Grunde für den öffentlichen Sektor nur die Private Cloud gelten, die eine vollständige Kontrolle des Nutzers über seine Daten gewährleistet. Sogenannte Public Clouds eigneten sich allenfalls für die Bereitstellung allgemeiner Informationen wie Verkehrs- oder Wetterdaten.
Und natürlich geht das nur dort, wo die Cloud auch erreichbar ist. Denn vielerorts mangelt es noch an der technischen Infrastruktur, was etwa ausreichende Netzanbindungen angeht; zudem sind noch nicht alle (Fachamts-)Anwendungen Cloud-fähig.
Die Community Cloud der KIVBF
Gleichwohl gibt es bereits eine Reihe viel versprechender Cloud-Ansätze im kommunalen Sektor. Die Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg etwa stellt seit Juli 2012 einen Cloud-Arbeitsplatz für Kommunen bereit. Indem sie die zentrale Rechenzentrumsinfrastruktur nutzen, sollen die Verwaltungen flexibler werden und gleichzeitig Betriebs- und Personalkosten sparen können.
Ein weiteres Großprojekt hatte im März die Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF) zusammen mit dem Technologiepartner Comparex gestartet. Ziel ist es, 700 Mandanten mit bis zu 40.000 Nutzern mittels einer Community Cloud bedarfsgerecht und sinnbildlich „aus der Steckdose“ zu beliefern. Dazu gehören Fachverfahren für das Einwohnermeldewesen und soziale Anwendungen, Dokumentenmanagement-, Archiv– und E-Mail-Lösungen für mehr als 550 Städte, Gemeinden und Landkreise. Unabhängig voneinander teilen die Mandanten eine einheitliche Infrastruktur; Ressourcen wie Rechnerleistung und Applikationen stellt die KIVBF bei Bedarf vollautomatisiert bereit und misst die genutzten Ressourcen, um verbrauchsabhängig abrechnen zu können.
Teil 1 nimmt die Scheu vor Cloud-Konzepten für Kommunen und lässt die Standesamtfachverfahren über Web Services laufen. Teil 2 zieht das gesamte Familienbuch in die Cloud um und beschließt mit einem Erfahrungsbericht aus Reichenbach im Vogtland.
Host für virtuelle Familienbücher
Dass der treibende Faktor beim Cloud Computing im öffentlichen Sektor nicht immer die Kommunalverwaltungen selbst sind, zeigt das Beispiel der Standesämter. So empfiehlt der Verlag für Standesamtwesen den Nutzern seines Standesamtfachverfahrens AutiSta inzwischen einen Betrieb im Hosting-Service, sprich: in der Cloud. Die Software in der hauseigenen EDV-Abteilung laufen zu lassen, sei infrastrukturell mittlerweile zu aufwändig, heißt es. Das Rechenzentrum der IT-Consult Halle GmbH (ITC) bietet diese Cloud-Lösung, verbunden mit dem elektronischen Personenstandsregister ePR21+, inzwischen für Sachsen und Sachsen-Anhalt an.
Das Personenstandsregister ePR21+ wurde vom Lösungsanbieter Lorenz Orga-Systeme GmbH in Zusammenarbeit mit der ekom21 entwickelt. Es ist über die IT-Consult Halle GmbH derzeit bei mehr als 80 Kommunen in Sachsen-Anhalt und Sachsen im Einsatz. Die ekom21 als größter BSI-zertifizierter kommunaler IT-Dienstleister in Hessen stellt das Personenstandsregister zudem bereits Kommunen in Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen als Cloud-Lösung zur Verfügung. Mit Standesamtfachverfahren wie AutiSta oder (dem Ende 2011 in der Entwicklung eingestellten) OpenElViS wird ePR21+ über Web-Services-Schnittstellen verbinden.
- Wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen aussehen und wie ein erfolgreicher Standesamtsumzug in die Cloud aussehen kann, schildert Teil 2 dieser Serie am Realbeispiel Reichenbach im Vogtland.