IT-Talk der Kommunen 2019: Was Praktiker und Experten den Kommunen raten

Das Onlinezugangs­gesetz setzt Städte und Ge­meinden unter Druck, zu­gleich sorgt weiter­hin die DSGVO für Irrita­tio­nen. Beide Themen kamen beim IT-Talk auf der KOMMUNALE 2019 zur Sprache. Außer­dem stellten die IT-Willy-Preis­träger ihre Pro­jekte vor. Sämtliche Prä­sen­ta­tio­nen gibt es jetzt zum Download.

Ratgeber für Rathäuser

Von Eduard Heilmayr

Zum 20-jährigen Jubiläum beschenkte sich die KOMMUNALE selbst, indem sie alle Rekorde brach: mehr Aussteller (390), mehr Fachbesucher (4650) und mehr Wiederholungstäter – 97 % der Beschaffungsentscheider aus den Städten, Gemeinden und Kreisen in ganz Deutschland sagten der Messe, sie wollten 2021 wieder nach Nürnberg kommen und hätten sich den nächsten Termin bereits notiert (20. und 21. Oktober).

Was die Zahlen nahelegen, bestätigt der persönliche Eindruck: Ein gutes, interessantes Programm, die pure Vielfalt und am Ende auch der oft unvermutete Kontakt von Bauhof-Experten und IT-Handwerkern zwischen den Amts- und Mandatsträgern machen die Messe zu einem veritablen Modell moderner Plattformökonomie: Die Besucher reisen an, weil sie hier eine komplette Übersicht über den Stand der Dinge bekommen, von der Mülltonne bis zum digitalen Flächennutzungsplan; die Anbieter im Gegenzug wissen das mittlerweile und verstehen es auch, diese Gelegenheit zu nutzen.

Dabei sind es nicht allein die Aussteller, bei denen die kommunalen Entscheider Mehrwert mitnehmen: Neben dem Kongress des Bayerischen Gemeindetags ist es vor allem der IT-Talk der Kommunen, der Neugierige anzieht und in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.

IT-Talk und IT-Profis

Für den IT-Talk 2019 konnten die Veranstalter einerseits namhafte Größen wie den Heise-Justiziar Jörg Heidrich oder Thomas Hofer, den Leiter des Rechtsinformatikzentrums an der Münchner LMU, gewinnen. Sie achten aber stets darauf, den Fokus auf Praxisberichte zu legen, „von kommunalen IT-Profis für kommunale IT-Profis“ sozusagen. Hierher gehören etwa die beiden DMS-Berichte (Dokumentenmanagementsystem) von Eva Schuderer (Landratsamt Ansbach) und Felix Grohmann (Landratsamt Schweinfurt). Dazwischen angesiedelt sind Argumentationshilfen („Digitalisierung in der Schule“), genuine Ratgeber, etwa wenn Johannes Nehlsen von der Stabsstelle IT-Recht der bayerischen staatlichen Universitäten und Hochschulen über „Public Cloud für Kommunen“ spricht, sowie Ausblicke auf anstehende Neuerungen („ISIS12 2.0 – was kommt jetzt?“ – bei diesem Talk sprang Felix Struve vom Bayerischen IT-Sicherheitscluster für die Vorstandsvorsitzende Sandra Wiesbeck ein). Außerdem bezog DATABUND-Geschäftsführer Detlef Sander Stellung zum Thema Behördenportal – was die Umsetzung bis 2023 betrifft, zeigte er sich eher skeptisch. Seine Präsentation notiert abschließend lapidar unter „Empfehlungen“: „Staat hält sich aus der technischen Umsetzung raus“.

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Präsentationen zum Download
Die Vorträge des IT-Talks 2019 und der IT-Willy-Preisträger gibt es mittlerweile – mit einer Ausnahme – online als freie PDFs zum Nachlesen und Herunterladen.

Serie: IT-Talk der Kommunen
Der IT-Talk findet jeweils im Herbst im Rahmen der Kommunale in Nürnberg statt. Ausführliche Reports gibt es von den Vorträgen und Diskussionen 2013, 2015 und 2017. Außerdem online sind der Call for Papers zum IT-Talk 2019, die Vorschau auf das Programm und der Rückblick 2019 mit Links zu sämtlichen Vortragsfolien. Es gibt außerdem zwar den Aufruf zum IT-Talk der Kommunen 2021, doch hat sich gezeigt, dass der IT-Talk in diesem Jahr pausieren muss.

Zu den IT-Talks gehören auch die Projektvorstellungen der IT-Willy-Preisträger. Seit 2017 gibt es diesen Preis für „die heim­lichen Helden der öffent­lichen Ver­waltungen“. 2019 hatte sich diese Gelegenheit zur Projektdarstellung bereits herumgesprochen, sodass der Jury die Auswahl nicht leicht fiel. Am Ende gewannen die Trophäe Alexander Krauß (Jahnsdorf im Erzgebirge), Michael Lodes (Schwabmünchen), Wolfgang Hummel (Wolfratshausen), Claus Hofmann (Landkreis Traunstein) und Markus Minini (Dortmund). Überreicht wurden die Ehrungen bereits am Vorabend durch Bayerns Innen­minister Joachim Herr­mann im Rahmen des Staats­empfangs zum Messejubläum. „Wir brauchen tolle Leute in der öffentlichen Verwaltung“, kommentierte der hohe Gast, und da hat er recht.

Dauerbrenner DSGVO

Den Grundton des IT-Talks gab allerdings einmal mehr die DSGVO vor – schließlich gibt es kaum einen IT- und Verwaltungsbereich, den die Datenschutz-Grundverordnung nicht mitregiert. Dreh und Angelpunkt dieses Themas war die Darstellung von Jörg Heidrich. Er ließ die jüngsten (Emotet-)Katastrophen Revue passieren, um dann genauer auf den Stellenwert und die Umsetzung von IT-Sicherheit (Art. 32 DSGVO) einzugehen; wichtig hierfür ist der Begriff „Stand der Technik“, zu dem sich die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen richtungsweisend geäußert hat. Mit der Frage „Was tun, wenn’s brennt“ führte er die Diskussion bis zu Meldepflichten (Art. 33 und 34 DSGVO) und Bußgeldern. Akad. Dir. Thomas Hofer wiederum konnte in seinem Zwischenbericht „511 Tage Datenschutz-Grundverordnung“ wichtige Fragen zu Pflichten und Verantwortlichkeiten klären sowie eine Reihe von Irrtümern und Missverständnissen klarstellen. Ercan Hayvali stellte den DSGVO-Index vor, und von der praktischen Umsetzung im Landkreis Regensburg berichtete die dortige gemeinsame Datenschutzbeauftragte Elisabeth Mayer.

Deadline der Digitalisierung

Generell haben IT- und Digitalthemen der KOMMUNALE in den vergangenen Jahren steten Auftrieb gegeben. Diese Entwicklung bildet letztlich auch die Situation in den Rathäusern ab – schließlich ist die Digitalisierung der (Kommunal-)Verwaltungen in vollem Gange. Nicht zuletzt müssen gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) insgesamt 575 Fachverfahren digitalisiert werden. Viel Zeit ist bis Ende 2022 nicht mehr, und ein Rückzieher scheint kaum mehr möglich. Sicher dürfte sein, dass das OZG auf der nächsten KOMMUNALE 2021 ganz oben auf der Themenliste der IT-Talks stehen wird. Kommunale IT-Profis werden schon heute dringender gebraucht denn je.

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Eduard Heilmayr war acht Jahre lang Chefredakteur bei „Markt & Technik“, anschließend dort im Verlagsmanagement tätig. 1992 gründete er die AWi Aktuelles Wissen Verlagsgesellschaft mbH in München, die IT-Fachmagazine wie „LANline“, „Windows NT“, „Unix Open“, „Inside OS/2“ und „Electronic Embedded Systeme“ publizierte. Nach dem Verkauf des Verlags gründete er 2004 Delphin Consult. Neben meist mehrjährigen Projektarbeiten für renommierte Medienunternehmen wie Heise oder techconsult publiziert Heilmayr für rund 4000 Leser regelmäßig den redaktionellen Newsletter „Kommunale ITK“, der im MittelstandsWiki eine eigene Rubrik hat.

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