Willy will’s wissen
Von Eva Breutel und Eduard Heilmayr
Die Jury hatte zu kämpfen. Lange rangen die Mitglieder um die Entscheidungen, denn auszeichnenswert erschienen zahlreiche Bewerber. Gesucht waren besonders kreative, innovative, servicefreundliche und effiziente IT-Profis und ihre Projekte. Denn diese heimlichen Helden der öffentlichen Verwaltung sollten endlich einmal die verdiente Würdigung für ihren Einsatz erfahren. Gefunden wurden viele, denn ohne IT-Administrator kommt heutzutage nicht mal die kleinste Gemeinde aus. IT spielt in jedem kommunalen Thema eine Rolle, von den Akten bis zum Abwasser, von der Ratssitzung bis zum Bürgerportal. Probleme beheben gehört ganz selbstverständlich zum Alltag der IT-Profis, sie sind Verantwortliche und Ansprechpartner für IT-Fragen jeder Art. Diese Allrounder müssen sich auf vielen Gebieten auskennen und dabei ständig die Kosten im Blick behalten.
Die Jury, bestehend aus Werner Richthammer von der NürnbergMesse, Ludwig Atzberger vom DATABUND e.V., Thomas Jannot vom MittelstandsWiki und Eduard Heilmayr für die kommunale ITK, staffelte die Bewerbungen je nach Einwohnerzahl der Kommune bzw. des Landkreises in mehrere Kategorien. Die fünf, nach vielen Diskussionen schließlich auserkorenen Preisträger stellen sich und ihre Projekte am 18. Oktober im Rahmen der KOMMUNALE 2017 in Nürnberg vor und erhalten dort als Anerkennung ihrer Arbeit den IT-Willy. Sollten Sie auf der Messe sein, kommen Sie doch ab 15 Uhr in die Halle 9 zum Stand des IT-Talks und verfolgen Sie die interessanten Vorträge der ausgezeichneten IT-Profis live! Einen Überblick über die Themen geben die folgenden Zusammenfassungen. Und falls Sie sich ebenfalls beworben haben, aber nicht unter den Geehrten sind: Keine Bange, der nächste IT-Willy kommt bestimmt – und damit auch Ihre Chance. Doch nun: Vorhang auf für unsere diesjährigen Preisträger und ihre Projekte!
Kategorie: Gemeinde bis 10.000 Einwohner
Das Rennen in dieser Kategorie machte Gerhard Lang, seit März 2016 IT-Administrator der mittelfränkischen Gemeinde Adelsdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt in Bayern. Der IT-Systemkaufmann führte in der Gemeinde mit ihren knapp 8000 Einwohnern das Informationssicherheitsmanagementsystem ISIS12 ein, und zwar schier in Rekordzeit: Innerhalb eines Jahres nach dem Auftrag konnten Lang und sein Team im Mai 2017 bereits Vollzug melden, einschließlich des Prüfsiegels durch die Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS). Damit war Adelsdorf nach der Pilotgemeinde die erste Kommune in ganz Bayern, die ISIS12 erfolgreich einführte. Besonders bemerkenswert: Die genehmigten Projektkosten in Sachen Beratertage unterschritt Lang dabei um ein Drittel. Wie er das gemacht hat, und zwar neben Tagesgeschäft und weiteren laufenden Projekten, darüber berichtet Lang in seinem Vortrag auf der KOMMUNALE 2017.
Kategorie: Stadt bis 15.000 Einwohner
Aufs Siegerpodest in dieser Kategorie steigt Heinrich Diel, IT-Administrator der hessischen Kleinstadt Wolfhagen mit rund 14.000 Einwohnern. Der staatlich geprüfte Informatiker digitalisierte den Sitzungsdienst der Stadt mittels einer Sitzungs-App. Er suchte und fand eine Lösung mit der bereits in der Verwaltung eingesetzten Software; in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte er die komfortable Bedienbarkeit durch die Stadtverordneten. Da es für die angeschafften iPads zum Einführungszeitpunkt der Sitzungs-App noch keine MDM-Lösungen (Mobile Device Management) von Apple gab, konfigurierte Diel zusammen mit einem Kollegen alle Geräte von Hand. Vor der Übergabe der iPads an die Mandatsträger führte er zudem Schulungen durch.
Als herausragender IT-Profi wird in dieser Kategorie auch Matthias Martin geehrt, IT-Solutions Manager in Wilsdruff, einer Kleinstadt in der Sächsischen Schweiz mit rund 14.000 Einwohnern. Der Diplom-Verwaltungswirt führte dort verwaltungsweit die E-Akte mit integrierter Vorgangsbearbeitung ein. Die Entscheidung wurde 2007 getroffen, und bereits sechs Monate nach dem Start arbeiteten alle Mitarbeiter mit VIS-Suite. Martin und sein Team beschränkten sich aber nicht darauf, fertige Lösungen umzusetzen, sondern starteten eigene Entwicklungen, wie das sogenannte Brandschutzcockpit im Zusammenhang mit der Einführung der Doppik. Durch die große Eigeninitiative entstand eine Anwendergemeinschaft, die weit über Wilsdruff hinausreicht, und in der ein reger Austausch über Ideen und Entwicklungen herrscht. Neben VIS, Fachverfahren und geografischem Informationssystem kommt demnächst auch ein CMS (Content Management System) dazu; für ständige Verbesserungen sorgt ein Geschäftsprozessmanagement.
Kategorie: Landkreis bis 150.000 Einwohner
Der Preis in dieser Kategorie geht an Stephan Grosser, IT-Leiter im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau, zu dem 34 Gemeinden mit insgesamt mehr als 130.000 Einwohnern gehören. Der Diplom-Ingenieur entwickelte für das DMS (Dokumentenmanagementsystem) des Landratsamts eine vom Anbieter der DMS-Software unabhängige, rechtskonforme Archivierung. Alle Dokumente, ihre unterschiedlichen Versionen, die Metadaten, die Signaturen, kurz: alle E-Akten werden im XAIP-Datencontainer abgelegt und nicht in der DMS-Software selber. Damit sind die Mitarbeiter des Landratsamts in der Lage, die E-Akten auch ohne das Fachverfahren zu lesen. Die Daten lassen sich strukturieren und rechtskonform an andere Behörden, die Staatsarchive oder die Gerichte übermitteln. Durch ein elektronisches Organisationssiegel, mit dem alle Dokumente vor dem Ablegen versehen werden, ist zudem der Nachweis ihrer Unveränderbarkeit sichergestellt. Und last, but not least gewährleistet diese Methode der Ablage auch ein rechtssicheres Langzeitarchiv (LZA).
Kategorie: kreisfreie Stadt bis 150.000 Einwohner
Zum Sieger kürt die Jury in dieser Kategorie Ulrich Englisch, Leiter Information und Kommunikation der kreisfreien Großstadt Heilbronn im Norden Baden-Württembergs. Der Diplom-Verwaltungswirt hat in der Verwaltung der Stadt mit ihren gut 126.000 Einwohnern ein flächendeckendes Datenmanagementsystem eingeführt, einschließlich einer voll digitalen Aktenführung. Wirklich einfach war die Durchsetzung nicht immer, wie Englisch zugibt: „Es galt, Ressort-Egoismen aufzubrechen, um Standards für alle zu etablieren.“ Dass das Vorhaben öfters auf Widerstand stieß, ließ sich daher kaum vermeiden. Doch es gelang: Die Stadt Heilbronn hat heute in allen Abteilungen einen einheitlichen Aktenplan und einheitliche Endgeräte, bis hin zu Druckern und Multifunktionsgeräten. Mehr als 1500 Mitarbeiter erhielten eine Schulung, unter anderem mittels Lernvideos im Intranet.
Auch in Sachen E-Akte erzielten Englisch und sein Team Erfolge. In Heilbronn werden Ausschreibungen vom Beginn bis zur Weiterleitung auf die Vergabeplattformen (deutschland- oder EU-weit) durchgehend digital per Workflow abgebildet. Auch die Ausschreibungsergebnisse gehen digital zur ausschreibenden Stelle zurück. Die meisten Mitarbeiter haben sich inzwischen mit den Neuerungen ausgesöhnt, zumal die Umstellung der Endgeräte vielen von ihnen nun mobiles Arbeiten bzw. Tage im Home Office ermöglicht.
Eduard Heilmayr war acht Jahre lang Chefredakteur bei „Markt & Technik“, anschließend dort im Verlagsmanagement tätig. 1992 gründete er die AWi Aktuelles Wissen Verlagsgesellschaft mbH in München, die IT-Fachmagazine wie „LANline“, „Windows NT“, „Unix Open“, „Inside OS/2“ und „Electronic Embedded Systeme“ publizierte. Nach dem Verkauf des Verlags gründete er 2004 Delphin Consult. Neben meist mehrjährigen Projektarbeiten für renommierte Medienunternehmen wie Heise oder techconsult publiziert Heilmayr für rund 4000 Leser regelmäßig den redaktionellen Newsletter „Kommunale ITK“, der im MittelstandsWiki eine eigene Rubrik hat.