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Von Sabine Philipp
In vielen Kommunen stellt man sich unter Open Source selbstgebastelte Lösungen vor, die je nach Laune weniger Eingeweihter gepflegt werden oder nicht. Tatsächlich wird die Weiterentwicklung großer, etablierter Open-Source-Software heute in der Regel von Profis betrieben, die genau dafür von Unternehmen bezahlt werden. „Das Open-Source-Umfeld ist riesig“, betont Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der OSB Alliance. „Sie finden Softwarestücke, die Sie erst anpassen müssen, ebenso wie schlüsselfertige Business-Anwendungen out of the box, die von den jeweiligen Anbietern angepasst und stetig weiterentwickelt werden.“
Viele Anbieter von geschäftlichen Lösungen greifen hier auf das Modell der Maintenance Subscription zurück: „Statt dem Einmalkauf leistet der Kunde einen jährlichen Beitrag und erhält dafür das Recht auf ständige Aktualisierungen, Patches, Support und andere Leistungen“, erklärt Ganten.
Anbieter mit Kontakt zur Community
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des passenden Open-Source-Anbieters sind Referenzen: „Bei einem Unternehmen, das bereits Erfahrungen mit ähnlich aufgestellten Kommunen gesammelt hat, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit höher“, sagt der IT-Experte. Als weiteren wichtigen Punkt nennt er die Vernetzung mit anderen Herstellern und der Community. Das könne in kritischen Situationen – wie z.B. bei einem Sicherheitsleck – entscheidend sein, um das Problem schnellstmöglich zu beheben.
Peter Ganten ist Gründer und Geschäftsführer der Bremer Univention GmbH sowie Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance (OSBA). Der Autor eines Handbuches zu Debian GNU/ Linux ist seit 1994 im Linux-Umfeld tätig und war bereits im Vorgänger Live Linux Verband e.V. als Vorstandsmitglied aktiv.
Aus praktischer Erfahrung rät die OSB Alliance daher zu Unternehmen, die sich selbst beim jeweiligen Open-Source-Projekt engagieren. Denn „wenn beim Abnehmer eine Code-Änderung notwendig wird, kann das Unternehmen, dessen Leute sich an diesem Projekt beteiligen, eher durchsetzen, dass diese Änderung in das Projekt übernommen und weiter gepflegt wird.“ Mit einem Blick auf die jeweilige Mailing-Liste kann man rasch die Aktiven herausfiltern.
Linux unter der Oberfläche
Ein weiterer Vorbehalt, der Ganten öfter begegnet, ist die Furcht vor Nutzeroberflächen, die anders aussehen, als es die meisten Anwender gewohnt sind: Linux-Konsolen statt Windows-Icons. Die Nutzerakzeptanz ist tatsächlich ein entscheidender Faktor dafür, ob ein IT-Projekt erfolgreich umzusetzen ist.
Allerdings sind es in der überwiegenden Mehrheit nicht die Endanwender, sondern die Administratoren, die am Ende mit Open Source arbeiten: „Viele Verwaltungen setzen Open-Source-Software dort ein, wo der Endnutzer es gar nicht bemerkt: im Server- und Datenbankenbereich.“ Ganten selbst weiß von etlichen Verwaltungen, die Microsoft Office mit Linux-basierten Servern und Backoffice-Systemen betreiben. Die Bildschirme in den Büros zeigen die gewohnten Oberflächen.
Zugleich beobachtet Ganten einen Wandel, ausgelöst durch den Trend zu mobilen Geräten und den dort dominierenden webbasierten Lösungen. „Hier stellt sich nicht die Frage nach dem Anbieter“, sagt er, „sondern ob das Programm ergonomisch ist und seinen Zweck erfüllt.“
Teil 1 betrachtet quelloffene Software aus der Perspektive der Beschaffer in Gemeinden, Städten und Kreisen, die sich sicherheitshalber an die EVB-IT halten wollen. Teil 2 gibt Kommunalentscheidern praktische Tipps für die Auswahl und Einführung von Open-Source-Software.
Fazit: Sparsam ist, was am besten klappt
Open Source hat viele Vorteile: Der offene Quellcode sorgt für Transparenz, eine lebendige Community macht die Lösungen zukunftssicher und die Unabhängigkeit von einzelnen Herstellern bleibt gewahrt. Ein weiteres Argument ist der Preis, da in der Regel keine Lizenzgebühren anfallen; allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass Serviceleistungen natürlich ebenso Geld kosten wie bei kommerziellen Lösungen.
Und man muss ehrlicherweise sagen, dass manche Open-Source-Lösungen nur dann erfolgreich eingeführt werden können, wenn auch die organisatorischen Voraussetzungen stimmen. Freiburg etwa brach ein Projekt zur Einführung von OpenOffice ab, während das LiMux-Projekt in München mittlerweile erfolgreich abgeschlossen ist: Die bayerische Landeshauptstadt hat etwa 15.000 PC-Arbeitsplätze auf ein Linux-basiertes Arbeitsplatzsystem umgestellt. Auf ihrer Projektseite erklärt sie im Einzelnen, wie das ablief und welche Lektionen sie dabei gelernt hat. „Kommunen müssen sich überlegen, wo sie durch den Einsatz von Open-Source-Software schnell den größten Nutzen haben“, erklärt Ganten abschließend. „Das muss jede Organisation für sich beurteilen.“
Nützliche Links
Hilfestellung für Kommunalentscheider kann z.B. die Handreichung „Einsatz von OpenSource Software (OSS) in Kommunen“ des Arbeitskreises Informationstechnologie beim Städte- und Gemeindebund NRW geben.