Karton zum Kurier, Scans für die Arbeit
Von Frank Zscheile
Für eine elektronische Verwaltung ihrer Geschäftsunterlagen entscheiden sich immer mehr öffentliche Einrichtungen. Gerade wenn die Beschäftigten an verteilten Standorten arbeiten, erweist sich die Digitalisierung als Vorteil. Vor der Arbeit mit digitalen Dokumenten steht jedoch stets das Einscannen der vorhandenen Papiervorlagen. Hier zeigt sich: Den gesamten Scan-Prozess an einen externen Dienstleister zu vergeben, ist in der Regel günstiger als sich selbst um die Retrodigitalisierung zu kümmern.
Was bei der täglichen Eingangspost noch mit eigenen Mitteln funktionieren mag, wird spätestens dann schwierig, wenn über Jahrzehnte aufgelaufene Aktenbestände digitalisiert werden sollen. Da müsste zum Scannen zusätzliches Personal abgestellt werden und es fehlt in der Regel an geeignetem technischen Equipment.
Auf elektronisch umstellen
Das Erfahrungsbeispiel der Vereinigte Stadtwerke GmbH zeigt es. Der Energieversorger beschäftigt an seinen Standorten Ratzeburg, Mölln und Bad Oldesloe 186 Mitarbeiter/innen. Als die Stadtwerke ein Dokumentenmanagementsystem einführten, war die Entscheidung für eine künftig papierlose Bearbeitung von Geschäftsvorgängen gefallen.
„Los ging es mit unserer täglichen Kundenkorrespondenz, die wir seitdem digitalisieren und elektronisch ablegen“, erzählt Marita Lehnhoff, Leitung des Kundenservices. Anfangs scannten die Stadtwerke die Unterlagen noch selbst ein, doch war dies mit dem vorhandenen Personal bald nicht mehr zu schaffen. Immer mehr Post staute sich auf und die Beschäftigten kamen nicht mehr hinterher; schließlich waren Zeitarbeitskräfte nötig, um die Scan-Stapel abzuarbeiten.
So entschied sich die Unternehmensleitung, die Digitalisierung im Outsourcing durch einen darauf spezialisierten Scan-Dienstleister aus Hamburg zu erledigen.
Digitalisierung auslagern
Mit einem großen Schwung ging es los, da sich im Haus bis dahin bereits sehr viele Belege angesammelt hatten. Der Dienstleister holte die Aktenordner peu a peu ab und scannte sie in seinen Produktionsräumen ein.
Während der ersten sechs Monate wurden knapp über 42.000 Seiten verarbeitet, 30 % davon während der Hauptabrechnungszeit zwischen November und Januar. Die digitalisierten Kundenschreiben übermittelt der Dienstleister den Stadtwerken dann per CD, die Originale werden nach vier Wochen vernichtet.
Seitdem kommt ein Kurier in regelmäßigen Abständen und holt die Papierpost ab. Das Outsourcing der Digitalisierung ist für die Stadtwerke auf jeden Fall günstiger als immer wieder Zeitarbeitskräfte von externen Dienstleistern für die Arbeiten zu beschäftigen – so die Erfahrung.
Archivflächen nutzbar machen
Rund 200 km östlich von Ratzeburg liegt die alte Hansestadt Greifswald. Auch die dort ansässige Wohnungsbaugenossenschaft machte anlässlich ihres Umzugs Tabula rasa und beschloss, von Papier auf Digital umzustellen. „Im neuen Gebäude hätten wir eigens einen Büroraum im Erdgeschoss für die Mietakten freihalten müssen, denn wir greifen ja ständig auf diese Unterlagen zu“, sagt Jan Schneidewind, Controller bei der WBG Greifswald. „Den Raum wollten wir aber lieber für unsere Angestellten nutzen.“
Wenn es um Scannen im Outsourcing geht, gibt es laut Schneidewind einiges zu beachten. Wichtige Fragen sind:
- Wie sorgt der Scan-Dienstleister für die erforderliche Einhaltung der Datenschutzvorschriften?
- Wie werden die Unterlagen behandelt, wer schaut sie an?
- Holt der Dienstleister die Akten selbst ab oder beauftragt er ein fremdes Fuhrunternehmen?
Mit sauberen Daten arbeiten
Damit nicht Unnötiges mitgescannt wird, räumte die Gesellschaft ihre Akten vor der Digitalisierung erst einmal gründlich auf und sah sie aus datenschutzrechtlichen Gründen durch. Dies bedeutet: Schriftstücke wie Schufa-Auskünfte oder Scheidungsurteile, die vielleicht vor Mietvertragsabschluss eine Rolle spielten, wurden eliminiert und nur das Aufhebenswerte verblieb zwischen den Aktendeckeln.
Gerade diese vorbereitenden Tätigkeiten auf Seiten des Auftraggebers sind oft die aufwändigsten einer Digitalisierung. „Man muss überlegen, ob es sich lohnt, die Akten aufzuräumen, wenn man den Scan-Preis pro Seite dazu ins Verhältnis setzt“, erklärt Mike Jakubik, IT-Systembeauftragter bei der WBG. Nachgerechnet hat das Projektteam dies zwar nicht im Detail, aber es überwogen letztlich die Datenschutzkriterien. „Wir wollten die Altakte auch nicht mit Unwichtigem aufblähen, so dass man beim Durchscrollen der PDFs am Bildschirm nicht völlig verzweifelt.“
Fazit: Vollkommen digitale Abläufe
Fünf Wochen dauerte die Greifswalder Scan-Aktion, vom Abholen des ersten Ordners bis zum Einspielen des letzten Mieter- bzw. Wohnungsdatensatzes in das interne Archivsystem der WBG. Die Papiervorlagen lagert die Genossenschaft zunächst noch im Keller, denn der Justiziar wollte die Vertragsunterlagen mit Originalunterschriften nicht vollständig vernichten. Das dient der Sicherheit, die praktische Bedeutung für die laufende Arbeit ist gleich null: Hineingeschaut hat dort seit der Digitalisierung niemand mehr.