Das Messeprogramm für die öffentliche Verwaltung
Von Eduard Heilmayr
Gemeinden, Kreise und Städte stehen unter enormem Leistungsdruck: Verwaltungsabläufe sollen effizienter ablaufen und Kosten sparen, zugleich erwarten die Bürger schnellere Antworten und mehr Offenheit von Behörden. Dass der aussichtsreichste Lösungsweg über die Digitalisierung führt, ist sicher. Welche IT-Lösungen es konkret gibt, die den vielfältigen Anforderungen von Kommunen, Behörden und öffentlichen Verwaltungen gerecht werden, zeigt die CeBIT 2016 in Hannover mit einer Fülle von Neuheiten, Expertenvorträgen und Praxisbeispielen: Die komplette Halle 7 widmet sich als Public Sector Parc dem Thema E-Government.
Schwerpunkte im Public Sector Parc
Der Gemeinschaftsstand des IT-Planungsrates (Halle 7, B42) zeigt mit ausgewählten Projekten erfolgreiche Digitalisierung in unterschiedlichen Verwaltungsbereichen. Beispiele sind Projekte wie Mobiles Government (Baden-Württemberg), die Nutzung von Geodaten bei der Suche nach Gewerbestandorten (Bayern), elektronische Ausschreibungen in der Praxis (Brandenburg), mobile Sachbearbeitung bei der Polizei (Hamburg) oder die Digitalisierung von Personalakten (Schleswig-Holstein). Auf besonderes Interesse dürfte die weitere Digitalisierung des Asylverfahrens stoßen. Hierzu präsentiert der Bund ein Koordinierungsprojekt für ein einheitliches Verfahren – von der Registrierung des Einreisenden bis hin zur etwaigen Integration in den Arbeitsmarkt.
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) hat ein Konzept für ein künftiges Verwaltungsportal entwickelt. Ein interaktiver Demonstrator zeigt am Stand des Bundesinnenministeriums (Halle 7, A58), wie man mit aktuellen Technologien ein nutzerfreundliches digitales Dachportal für die vielfältigen Angebote von Bund, Ländern und Kommunen entwickeln kann. Den Schwerpunkt im Bereich „Innovativer Staat“ bilden Lösungen der Georeferenz, der E-Gesetzgebung und der IT-Konsolidierung.
Der IT-Dienstleister Materna präsentiert in Hannover (Halle 7, C17) eine Behördenlösung von Ceyoniq für die elektronische Akte. Darüber hinaus bietet das Unternehmen zwei Showcases: Der erste zeigt einen E-Government-Prozess mit Anbindung der eID-Funktion des neuen Personalausweises, E-Payment plus elektronischer Signatur. Der zweite befasst sich mit strukturiertem Wissensmanagement, Collaboration und Veraktung auf Basis von Microsoft SharePoint. Anhand einer fiktiven Behörde wird dargestellt, wie sich die zentrale Informationsverteilung mit dezentraler Teamarbeit auf einer Plattform verbinden und die Zusammenarbeit über Projekträume und Wikis nachhaltig verbessern lässt.
Fachanwendungen, Bausteine und Lösungen
Für Kommunen, die ihre Aufgaben mithilfe einer stringenten E-Government-Strategie aus der Cloud bewältigen wollen, stellen INFOMA und das Schwesterunternehmen IKVS Lösungen für E-Payment, E-Rechnung, E-Anordnung und E-Faktura in einer digitalisierten Verwaltung vor (Halle 7, B18). Eine Internet-Applikation mit Datenbankanbindung ermöglicht ziel- und steuerungsrelevante Kennzahlenvergleiche. Mit dem Fuhrpark-Modul steht darüber hinaus ein Werkzeug zur Unterstützung von Einsatz, Wartung und Kostenanalyse für kommunale Fahrzeuge bereit.
Im Fokus von Governikus (Halle 7, D36) stehen Lösungen rund um die gleichnamige Anwendung des IT-Planungsrates. Dazu zählen beispielsweise Ergänzungsbausteine zur Umsetzung von E-Government- und E-Justice-Gesetzen sowie der eIDAS-Verordnung. Das Portfolio deckt den gesamten Lebenszyklus elektronischer Daten ab und liefert wichtige Bausteine für E-Akten-Szenarien auf dem Weg zur digitalen Verwaltung 2020 und im elektronischen Rechtsverkehr. Ein weiterer Themenschwerpunkt liegt auf der im Auftrag des Bundesinnenministeriums entwickelten AusweisApp2. Damit können Anwender künftig ihren Online-Ausweis auf mobilen Endgeräten nutzen. Wie das funktioniert, zeigt Governikus auch am Stand des BMI (Halle 7, A58).
Auf die Cloud setzt die Firma CC e-gov mit der kommenden Generation ihres Ratsinformationssystems (Halle 7, E61/2). ALLRIS 4 steht dank einer neuen Technologieplattform auch als Software as a Service zur Verfügung. Das Angebot reicht von der Bereitstellung mobiler Endgeräte einschließlich zentraler Verwaltungsfunktionen bis hin zum vollständigen Betrieb des ALLRIS-Servers. Eine Installation beim Anwender ist dann nicht mehr notwendig.
Bereits auf der Zielgeraden ist das E-Government Gesetz von Nordrhein-Westfalen. Das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe stellt auf der CeBIT ein Bürgerserviceportal vor (Halle 7, D58/2), das die Kommunen perfekt auf die Forderungen nach digitalen Verwaltungsdienstleistungen vorbereiten soll. Die zentrale Plattform lässt sich vollständig in einen bestehenden Web-Auftritt einbinden und ermöglicht den Bürgern die elektronische Abwicklung von Verwaltungsvorgängen. Mit seiner BSI-Zertifizierung erfüllt das Konzept die höchsten IT-Sicherheits– und Datenschutzstandards.
Vorträge, Foren und Veranstaltungen
Neben weiteren Ausstellungsprojekten in Halle 7, meist zu den Themen aus dem IT-Planungsrat – darunter De-Mail, Social-Media-Tools und Open Data/Open Government –, bieten die Vortrags- und Diskussionsforen gute Möglichkeiten, Neuigkeiten zu diskutieren und zu bewerten. Da wären beispielsweise die Arena IT-Planungsrat von Bund und Ländern, das Forum Public Sector Parc und das Forum Marktplatz Kommune.
Dazu gibt es noch drei spezielle Thementage: „Vertrauen und Sicherheit als Basis für moderne E-Government-Services“ (15. März), „Digitale Verwaltungsprozesse“ (16. März) sowie „Smart Cities“ und „Geoinformation/Geodäsie/Landmanagement/Kartographie“ (17. März). Für die Fachbesucher aus der kommunalen Verwaltung gewähren drei Kommunaltage (Niedersachsen am 15. März, Schleswig-Holstein am 16. März und Nordrhein-Westfalen am 17. März.) Einblick in die aktuellen Themenstellungen des kommunalen Sektors und bieten Möglichkeiten zum persönlichen Austausch mit Mandatsträgern und Experten.
Einen wichtigen Aspekt greift das CeBIT-Programm der MACH AG auf (Halle 7, A14), die am Thementag „Digitale Verwaltungsprozesse“ eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zur Frage „Agilität in der Verwaltung – Realistische Vision oder E-topie?“ geladen hat. Es diskutieren Peter Batt vom Bundesministerium des Innern, Cornelius Everding vom Ministerium des Innern und für Kommunales in Brandenburg, Thorsten Bullerdiek als Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes und Rolf Sahre, Vorstand der MACH AG.
Forschung, Wissenschaft und Politik
Eine wichtige Adresse ist außerdem der Databund-Gemeinschaftsstand (Halle 7, B62), wo 19 Mitglieder ihre kommunalen Fachanwendungen vorstellen. Als Termin ist hier der 14. März, 11 Uhr vorzumerken: Dann stellen Prof. Dr. Dirk Heckmann und Dr. Wilfried Bernhardt ihre Studie zum juristischen und politischen Status quo der „digitalen Gewaltenteilung“, in der sie auch eine entsprechende Innovationsstrategie formulieren. Die Autoren stehen anschließend für Nachfragen am Databund-Stand zur Verfügung.
Unter dem Titel „Fokus Kommune“ wird am Databund-Stand täglich ein neuer Themenschwerpunkt der kommunalen IT diskutiert.
- Das Programm startet am CeBIT-Eröffnungsmontag mit der E-Akte, die das Unternehmen codia Software thematisiert.
- Was kommunale IT leisten kann und wie Behörden schnell und unkompliziert reagieren, behandelt dann Kommunix am Dienstag unter dem Titel „Politik trifft informierten Sachbearbeiter“.
- Am Mittwoch stellt der Verlag für Standesamtwesen mit AutiSta 2016 elektronische Prozesse im Standesamt in den Mittelpunkt.
- Der Donnerstagsschwerpunkt ist das Meldewesen. Hier steht unter anderem ein Praxis- und Erfahrungsbericht des Berliner Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten auf Basis der Plattform VOIS zur Diskussion. Die Firma HSH begleitet diesen Tag.
- Am Freitag widmet sich schließlich das Unternehmen naviga dem neuen Gewerbe- und Erlaubniswesen auf der Grundlage der VOIS-Plattform.
Sicherheit und Datenschutz
Über das Thema Informationssicherheit in der öffentlichen Verwaltung kann man sich beim Bayrischen IT-Sicherheitscluster e.V. am Gemeinschaftsstand Bayern Innovativ (Halle 6, D17) umfassend informieren. Mit ISIS12 und ISA+ (Informations-Sicherheits-Analyse) stellt der Sicherheitscluster zwei Instrumente bereit, die vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Kommunen helfen können, ihre IT Security nachhaltig zu verbessern. Ein eigenes Förderprogramm hilft Kommunen in Bayern bei der Einführung und Umsetzung.
Wer den IT-Sicherheitsstatus seiner Behörde oder Kommune einschätzen und mit anderen vergleichen will, sollte in der Heise Security Plaza (Halle 6, B16) vorbeischauen. Neben zahlreichen Vorträgen und Exponaten findet das Fachpublikum am Stand von techconsult dort einen Online-Selbstcheck, der aussagefähige Ergebnisse im Vergleich zu anderen Kommunen liefert. Die Vergleichswerte stammen aus einer repräsentativen Studie, die kostenlos erhältlich ist; der Selbstcheck ist anonym möglich.
Das Thema öffentliches Beschaffungswesen beleuchten zwei Vorträge, die im Rahmen des Forums Communication & IoT Solutions stattfinden (Halle 13, E48): Am Donnerstag, dem 17. März spricht um 15.30 Uhr Simon Wortmann von KOINNO zum Thema „Impulse für mehr Innovation im öffentlichen Beschaffungswesen“. Gleich im Anschluss thematisiert Dr. David Hoeflmayr von der Thomas Krenn AG das Thema „Innovative öffentliche Beschaffung aus Mittelstandsperspektive“, also aus Sicht eines mittelständischen deutschen Server-Herstellers.
IT und gesellschaftliche Verantwortung
Zum Schluss sei noch auf eine Bitkom-Veranstaltung im Forum des Public Sector Parcs in Halle 7 hingewiesen. Dort wird der Bundesverband am 14. März mit zwei Expertenvorträgen das Thema Flüchtlinge aufgreifen: Um 14:45 Uhr geht es um „AVU Asyl – Flüchtlingsmanagement aus Ländersicht“ und um 15 Uhr heißt es „Migration und Flüchtlinge – Behörden und Helfer komfortabel, sicher und günstig per Sealed Cloud verbinden“. Die CeBIT setzt im Public Sector Parc 2016 also nicht nur technische Impulse, sondern auch politische.
Eduard Heilmayr war acht Jahre lang Chefredakteur bei „Markt & Technik“, anschließend dort im Verlagsmanagement tätig. 1992 gründete er die AWi Aktuelles Wissen Verlagsgesellschaft mbH in München, die IT-Fachmagazine wie „LANline“, „Windows NT“, „Unix Open“, „Inside OS/2“ und „Electronic Embedded Systeme“ publizierte. Nach dem Verkauf des Verlags gründete er 2004 Delphin Consult. Neben meist mehrjährigen Projektarbeiten für renommierte Medienunternehmen wie Heise oder techconsult publiziert Heilmayr für rund 4000 Leser regelmäßig den redaktionellen Newsletter „Kommunale ITK“, der im MittelstandsWiki eine eigene Rubrik hat.